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Der Kraehenturm

Der Kraehenturm

Titel: Der Kraehenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Pflieger
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Mäuseschwanzes, Kneipe und Gasthof in einem. Menschen, die am Rande der Legalität und der Gesellschaft lebten, hielten sich hier bevorzugt auf. Rothgar, der Besitzer, bezahlte der Stadtwache eine ordentliche Summe, damit sie den Vorgängen im Mäuseschwanz keine Beachtung schenkten.
    Silas führte Adele zum Stall, drückte einem Burschen eine Münze in die Hand und befahl ihm, das Maultier abzusatteln und sorgfältig zu striegeln. Bevor der Junge abdrehen konnte, packte er ihn an der Schulter und zwang ihn, ihm in die Augen zu schauen. Der Knabe erblasste unter dem kalten Blick. »Wenn du ihr ein Haar krümmst, hänge ich dich in der Sattelkammer auf und versohle dir den Hintern, sodass du dir die Haut in Streifen abziehen kannst.«
    Dem Jungen schossen die Tränen in die Augen. Er nickte und tätschelte Adeles Hals, sobald Silas ihn losließ.
    Mit der Gewissheit, dass sich das Maultier in guten Händen befand, ging Silas in den Gastraum. Dort fand er einen langen Tresen mit abgewetzten Barhockern vor, hinter dem eine Tür in die Küche führte. Zahlreiche Tische standen auf einem Boden aus verklumptem Sägemehl, das vor Jahren das letzte Mal ausgewechselt worden war. Die Sonne war noch nicht ganz untergegangen, sodass nur wenige Männer hier saßen. Die Hälfte von ihnen besaß so rote Nasen, dass sie vermutlich nichts anderes taten, als zu saufen. Rothgar selbst stand hinter dem Tresen und beäugte Silas abwägend. Der Hexenjäger drückte dem bärtigen, blonden Hünen einen Gulden in die Hand.
    »Ich brauche ein Zimmer.«
    Rothgar nahm die Münze und testete ihre Echtheit, indem er draufbiss. Er schien mit dem Ergebnis zufrieden, denn er holte unter dem Tresen einen Schlüssel hervor.
    »Dritte Tür auf der linken Seite, wenn du die Treppe herauf kommst. Ich stelle keine Fragen, aber sieh zu, dass du keine Sauerei in meinem Haus hinterlässt.«
    Silas ging in das obere Stockwerk. Hinter einer dicken Tür, an der zahlreiche Fäuste, Klingen und Schlagwaffen ihre Spuren hinterlassen hatten, befand sich ein karger Raum, in dem Spinnenweben von der Decke hingen. Ein Strohsack, dessen Füllung faulig roch, lag auf einem einfachen Holzgestell und diente als Schlafstatt. Der Hexenjäger blickte unter das Bett. Mäusekot und Staubflocken bedeckten den Boden und sammelten sich in der Ecke. Ein wackliger Stuhl und ein kleiner Waschtisch rundeten das Bild ab. Immerhin würde er hier vorerst unbemerkt bleiben, bis er den zweiten Teil seines Planes in Angriff nehmen konnte. Um heimlich Nachforschungen anstellen zu können, war es aber überlebenswichtig, nicht erkannt zu werden. Niemand vermochte ihm dabei besser zu helfen als Oswald, ein gewiefter Auftragsmörder und alter Freund. Silas hatte direkt beim Betreten der Stadt einen Botenjungen geschickt, um ein Treffen im Mäuseschwanz zu vereinbaren.
    Er stellte sein Gepäck in eine Ecke und streckte sich auf dem Bett aus, um zu dösen, bis seine innere Uhr ihm bedeutete, dass es Zeit war, aufzustehen und nach unten zu gehen. Während er sich anzog, blickte er durch das verschmierte Fenster nach draußen. Ein alter Nachtwächter, bewaffnet mit Laterne und Hellebarde, in Begleitung eines angejahrten, grauen Hundes, entzündete entlang der Straße die Lampen. Nur um den Mäuseschwanz herum blieb es auffällig dunkel.
    Der Gastraum war gut gefüllt, und der Hexenjäger bewunderte einmal mehr Rothgars Geschmack bei der Auswahl seiner Schankmädchen. Alle wiesen ausgesprochen weibliche Kurven auf, die sie in knappen Miedern offen zur Schau stellten.
    Silas wählte einen kleinen Tisch, der in einer Ecke stand, sodass er die Tür und den gesamten Raum überblicken konnte. Nur die Treppe blieb verborgen, was dem Hexenjäger zwar nicht gefiel, aber mit den zahlreichen Klingen an seinem Körper fühlte er sich sicher.
    Auf dem Weg zu seinem Tisch fasste er eine dralle Blonde, mit Brüsten, die er zu gerne entblößt hätte, um die Taille und bestellte einen Krug Bier und etwas zu essen.
    »Sofort, Süßer.« Das Blondchen lachte, während sie mit schwingenden Hüften zum Tresen eilte.
    Im Mäuseschwanz aß man entweder das, was der Koch an dem Tag verbrochen hatte, oder man ließ es bleiben. Niemand legte sich mit dem zwei Zentner schweren Herrn in der Küche mehr als einmal an. Da Silas fettiges Fleisch und zerkochtes Gemüse zu schätzen wusste, hatte er ohnehin selten etwas an dem auszusetzen, was man ihm vorsetzte.
    Kurze Zeit später setzte ihm die Blonde einen schäumenden Krug

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