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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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an. Das Mädchen ist in der Mitte. Cole auf einer Seite.« Beide lächelten.
    »Vielleicht wurde es in der Bonfire Night aufgenommen.«
    »Nein, darum geht es mir nicht. Sieh hin.« Das Layout war asymmetrisch, das Feuer, das von Cole aus gesehen auf der anderen Seite des Mädchens abgebildet war, war sehr nahe und tauchte sie in ein seltsames Licht. »Er ist auf einer Seite des Mädchens und das Feuer auf der anderen.« Billy wedelte mit dem Foto. »Das Foto zeigt nicht die beiden, es zeigt alle drei. Das ist ein Familienfoto.«
    Dane und Billy musterten das Bild aus zusammengekniffenen Augen. Dann nickte Dane langsam.
    »Die Leute glauben, die Dschinn würden ausflippen«, sagte Dane. »Vielleicht hat das etwas mit alldem zu tun. Das war eine Mischehe.«
    »Und jetzt hat jemand seine Tochter. Er dachte, wir wären es.«
    »Er gehorcht Befehlen. Selbst wenn seine Technik hinter dem Brand steckt, ist es nicht sein Plan. Er tut nur, was man ihm sagt.«
    »Sein Kind. Suchen wir den Entführer ...«, sagte Billy.
    »Ja, den, für den er uns hält.«
    Hieß das, es gab noch einen Verfolger? Nun, sie wurden so oder so gejagt. Deswegen hielten sie sich auch so sehr von dem herumreisenden Kraken fern. Wie weit die Londonmantiker auch außer Sichtweite blieben, wie sehr sie von der Stadt verborgen wurden, von der sie selbst nur ein Exponent waren, so standen Billy und Dane doch immer noch im Fokus der größten dergestalten Jagd seit Menschengedenken. Sie durften nicht riskieren, den eingeglasten Gott einer solchen Aufmerksamkeit auszusetzen. Dane betete zu ihm, still, aber erkennbar und ohne jede Scham. Er sehnte sich danach, ihm nahe zu sein, wollte ihn jedoch nicht in Gefahr bringen - jedenfalls nicht mehr, als er es in Anbetracht des drohenden Endes der Welt bereits war.
    Dass aber dieser fürchterlichste aller Horizonte so dicht vor ihnen dräute, hieß nicht, dass sie die alltäglichen Jäger und Kunsterer vergessen durften, die hinter ihnen her waren, um sich des Tattoos schmutziges Geld zu verdienen. Diese trostlose und beängstigende Tatsache rückte in dieser Nacht in den Vordergrund, während sie sich durch Coles Papiere arbeiteten und verschiedene Theorien zu der Frage durchspielten, wer wohl hinter dem Übel steckte, das Coles Tochter angetan wurde. Schließlich machten sie sich auf den Weg zu einem schäbigen Café, in dem sie auf das Internet zugreifen konnten. In einer Gasse in der Nähe ging ein Tumult los.
    »Was ist das?«
    »Das ist ...« Ein Brummen zwischen Mauersteinen. Ein Kopfgeldjäger in Schwarmgestalt, so hörte es sich an, eine Art unheilvolles Bienenvolk, das gegen Geld in Gestalt einer bösartigen, apiaren Gattung zum Angriff überging. Billy und Dane standen einander in ihren Vorbereitungen nicht nach. Sie überprüften ihre Waffen und drückten sich dicht an die Wand, bereiteten sich darauf vor, zu kämpfen oder zu fliehen, während das Dröhnen, das sich in dem Lärm der Autos und Lastwagen gleich um die Ecke verbarg, näher kam.
    »Gehen wir zur Hauptstraße«, sagte Billy. »Da dürften wir sicher sein.«
    »Oder unter die Straße?«, schlug Dane vor und deutete mit einem Nicken auf einen Kanaldeckel. Billy erwog ihre Möglichkeiten, zögerte aber, weil sich da noch ein anderes Geräusch näherte. Dane und Billy hörten ein gläsern-knöchernes Rasseln, das Holpern eines Glases auf dem Asphalt.
    »Jesus«, sagte Billy. »Er folgt mir immer noch. Er ist wieder da.« Eine knappe Warnung in seinem Kopf in Form einer artikulierten Woge des Schmerzes. »Er hat mich wiedergefunden.«
    Eine Bienenmasse kam in Sicht, breitete sich aus wie eine Chitinwolkenmauer und versperrte den Fluchtweg, doch jenseits dieser Insekten war undeutlich noch eine andere rollkippellaufende Figur zu sehen. Ein Strudel bildete sich inmitten der garstigen Blutgeldbienen, dann ein Zustrom von Luft, als ein Siegel brach. Das Summen schwächelte. Eine Rauchwolke aus Insekten wogte wie in einem verkehrt herum ablaufenden Film außer Sicht, wie Dampf, der in den Kessel zurückkehrte, wie irgendwas, und da war nichts mehr vor Billy und Dane außer dem Engel der Erinnerung.
    Er zeigte sich Billy, um sich seinen Beifall abzuholen, da er ihn gerettet hatte. Die Quelle des Gläserklirrens und der Zeitverkrampfung; und er, fälschlicherweise, sein Reagenzglasprophet. Konnte er spüren, welche Schuld Billy empfand, weil er nicht war, was der Engel in ihm sah? Weil er nur Billy war, verheißen von nichts für niemanden? Der Körper

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