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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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wo sie sind. Ich habe keine Ahnung. Ich habe Ihnen gesagt, dass sie keinen Kontakt zu mir aufgenommen haben, obwohl sie meine Nummer kennen ...«
    »Billy hat versucht, Sie zu beschützen. Seien Sie ihm nicht böse. Aber Sie können ihn erreichen. Wie ich schon sagte, Ihnen wird er vertrauen.« Er sah ihr in die Augen, sah sich in der Garage um.
    »Wie? Haben Sie eine Nummer?«
    »Kaum. Ich meinte, Sie können ihn über die Stadt erreichen. Die Londonmantiker werden die Nachricht erhalten.«
    »Ich habe einmal selbst eine Nachricht durch die Stadt erhalten.« Er musterte sie forschend. »Von Billy.«
    »Tatsächlich«, sagte er leise. »Haben Sie? Geräusche? Licht? Backsteinbraille?«
    »Licht.« Bei diesem Wort lächelte er plötzlich, eigentlich ein recht schönes Lächeln.
    »Licht? Tatsächlich? Ja. Wunderbar. Dann also Licht.« Er stieg aus dem Wagen, und Marge folgte ihm. »Es gibt also schon eine schwache Verbindung zwischen Ihnen. Das macht es einfacher.« Er sah sich zu den Mülleimern um, zu den Schatten, dann zeigte er - »Schauen Sie« - auf eine flackernde Glühbirne an der Betondecke, eine von vielen, aber eine, die kurz davorstand, kaputtzugehen. »Die Art, wie sie an- und ausgeht, erinnert Sie das an was?«
    »Oh.« Marge flüsterte beinahe. »So hat das alles angefangen.«
    Wieder lächelte er angespannt. »Sie müssen nicht wissen, wo Billy ist. Wo er jetzt ist, weiß ich auch nicht. Aber die Londonmantiker hören immer hin. Die Stadt wird ihnen die Botschaft übermitteln. Ja, ich kenne den Morsecode. Ich habe in den letzten paar Jahren alles Mögliche gelernt. Viele nützliche Dinge. Vertrauen Sie mir?« Er stand direkt in ihrem Blickfeld und breitete die Arme ein wenig aus, um ihr zu zeigen, dass er nichts in Händen hielt. »Ich kann einen Pakt mit ihm schließen. Wir können uns gegenseitig helfen. Und er will Sie sehen. Sie können ihn bitten, zu Ihnen zu kommen.«
    Billy, schrieb sie. Marge hier. Wir müssen uns treffen.
    »Er wird denken, das wäre eine Falle«, sagte sie.
    Paul schüttelte den Kopf. »Vielleicht. Vielleicht schleicht er erst einmal eine Runde um den heißen Brei, um sich zu vergewissern, dass Sie es sind.« Ein verhalten humorvoller Heiliger. »Vielleicht kommt er auch einfach. Er ist besorgt um Sie.« Tatsächlich?, dachte Marge. »Erzählen Sie ihm irgendein Geheimnis, wenn Sie wollen. Etwas, das ihn überzeugt, dass die Nachricht von Ihnen stammt.«
    Sie schrieb Leons zweiten Vornamen nieder. Dann die Adresse der Garage, in der sie sich befanden. Paul übersetzte alles in die kurzen und langen Zeichen eines Morsecodes und notierte unter den Buchstaben Punkte und Striche, denn, so erklärte er ihr, sie war diejenige, die Billy die Nachricht schicken musste. Es war ihre Nachricht, erklärte er, ihre Nachricht an ihren Freund.
    Sollte Paul sie kontaktiert haben, um sie umzubringen, war das, die umständlichste Methode, die sie sich vorstellen konnte. Sie stand auf der Motorhaube ihres Wagens, und ihr Begleiter krähte done have to be rich la la to be my girl. Sie schraubte die Birne heraus, um den Kontakt zu unterbrechen.
    Paul diktierte: »Strich-Punkt-Punkt-Punkt« und so weiter. Reinschrauben, rausschrauben, und die Birne wechselte auf eine nicht eben fachmännische Weise zwischen Licht und Dunkel, um, so hoffte Marge, eine kodierte Nachricht an die Stadt zu übermitteln, auf dass London sie weiterleitete. Sie vertraute der Metropole ihre Informationen an wie einem riesigen Telegrafen aus Beton und Ziegelsteinen.
    Man weiß nie, dachte sie. Immerhin hat es schon mal funktioniert.
    Dane war nicht bereit, den Londonmantikern Zutritt zu den verwüsteten Räumen der Krakenkirche zu gewähren, in die er zurückkehrte. Sie konnten sich ihrer Beziehung zu ihm nicht mehr sicher sein, und er sich nicht der seinen zu ihnen - waren sie wirklich noch Verbündete? Wati, traumatisiert und kaum noch bei Bewusstsein, konnte die noch erhalten gebliebenen Barrieren nicht überwinden. Nur Billy ging mit Dane. Aber als sie hinabstiegen, waren da schon andere. Die letzten verstreuten Krakenisten, die in tiefer Trauer heimgekehrt waren.
    Etwa genauso viele wie bei dem Gottesdienst, dessen Zeuge Billy geworden war, aber das war nur ein gewöhnlicher Sabbat gewesen, eine Predigt; dies jedoch war die letzte Versammlung auf Erden. Jene, die früher zu beschäftigt gewesen waren, zu abgelenkt durch die Säkularität und die Mühen des Alltagslebens, um ihrem Glauben die stete Aufmerksamkeit zu

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