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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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widmen, die sie ihm gern hätten zukommen lassen, waren nun alle hier.
    Ein paar dieser muskulösen jungen Männer waren auch dabei, obwohl die meisten dieser Vollstrecker des Glaubens als Wachen gedient hatten und nicht mehr hier sein konnten. Die Mehrzahl der Anwesenden waren jedoch unauffällige Frauen und Männer jeden Typs. Es war das letzte Aufgebot der Kirche.
    Billy beachteten sie kaum. Es interessierte sie nicht mehr, ob er ein barbarischer Prophet war, eine Art urbaner Heiliger Antonius. Sie interessierten sich nur noch für ihre Trauer. Dane jedoch behandelten sie, als wäre er der Teuthex. Zwar war seine Rolle schon die eines approbierten Außenseiters gewesen, ehe er zum Renegaten geworden war, doch in ihren Augen kam er nun einer Autoritätsperson näher als jeder andere. Keiner von ihnen klagte ihn an, keiner nannte ihn einen Abtrünnigen. Er wiederum errötete beinahe in Anbetracht ihrer Frömmigkeit.
    »Dir ist klar, dass Grisamentum jetzt hinter uns her sein wird«, sagte Billy.
    »Ja.«
    »Wegen des Kraken.«
    »Ja.«
    »Er wird ihn finden.«
    »Ja.«
    Sie setzten sich. Die Zeit der Abschiedsworte war gekommen.
    »Dane, du fühlst es doch, es muss heute Nacht geschehen. Oder morgen Nacht. Oder in der Nacht danach. Alles, was wir zu tun haben, ist, den Kraken bis dahin vor jeder Gefahr zu bewahren, dann werden wir die Prophezeiung niedergeschlagen haben.«
    »Mir ist das egal. Und du glaubst so oder so nicht daran.«
    »Das meinst du nicht wirklich.«
    »Was?«, fragte Dane.
    »Beides«, sagte Billy. »Nichts.«
    »Nein, du irrst dich. Ich meine beides genau so.« Dane rief mit einem schnurgebundenen Telefon, das nicht zerstört worden war, eine Nummer an und reichte Billy den Hörer. »Das ist ein Anrufbeantworter«, sagte er. »Mein Anrufbeantworter.«
    »Sie haben siebzehn neue Nachrichten«, hörte Billy. »Erste neue Nachricht.« Ein Klicken, dann die Stimme des Teuthex. »Also schön, ich will jetzt genau wissen, was du dir verdammt noch mal einbildest, das du tust. Ich habe deine Nachricht gelesen. Du hattest immer einen gewissen Spielraum, aber mit der Entführung eines Propheten gehst du zu weit.«
    Billy schaute Dane an. Dane nahm den Hörer und drückte ein paar Tasten, um ein paar Tage vorzuspulen. Bis zu einem Moment, der noch nicht lange zurücklag.
    »Yeah«, sagte Dane. »Was du derzeit tust«, hörte Billy erneut die Stimme des Teuthex, »ist Blasphemie. Ich habe dir einen direkten Befehl erteilt. Ich habe dir gesagt, du sollst ihn herbringen. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine Glaubenskrise. Wir können diesem Gräuel ein Ende machen.«
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Billy und hielt den Hörer hoch.
    »Ich bin Agent.«
    »Du wurdest exkommuniziert ...«
    »Ach, bitte, nun komm schon.«
    Wer hätte wohl je einem Repräsentanten cephalopoder Fundamentalisten einen vernünftigen Umgang mit der Krakenproblematik zugetraut? Einem Abtrünnigen hingegen ... wer wäre vertrauenswürdiger?
    Billy schüttelte den Kopf. »Jesus Christus«, sagte er. »Es war alles nur ein falsches Spiel. Du hast die ganze Zeit die Befehle des Teuthex befolgt.«
    »Das war kein Spiel, es war eine Mission.« Diese ostentative Desertion. »Einem Verbannten helfen die Leute bereitwilliger.«
    »Wer wusste davon?«
    »Nur der Teuthex.«
    »Also haben alle anderen Gemeindemitglieder geglaubt, du wärest wirklich ...« Billy brach ab. Wenn dich deine ganze Gemeinde für einen Ausgestoßenen hält, bist du dann nicht auch einer?
    »Jetzt ist es ihnen gleich«, sagte Dane.
    »Aber du hast mich mitgenommen. Solltest du ... das solltest du doch nicht, oder?«
    »Ich musste jeden Vorteil nutzen, der sich mir geboten hat. Du wusstest Dinge. Das tust du immer noch. Es mag dir nicht klar sein, Billy. Du hast es ja nie geglaubt, Billy, aber du bist ein Prophet. Sorry, Kumpel.«
    »Also hat der Teuthex, als er bei dem Treffen allen erzählt hat, er würde sich nicht auf die Suche nach ihm machen ...« Seine Grundhaltung, dieser Rückzug in benthale Ferne, es war alles nur eine Lüge gewesen, eine, von der sich die Gemeinde in ihrer Loyalität gegenüber ihrem Papst hatte überzeugen lassen. Nur der Teuthex und sein angeblich verbannter Agent hatten die vielarmige Wahrheit gekannt und den Leib Gottes heimlich gesucht.
    »Aber ...«, sagte Billy nachdenklich, »... du hast dich Befehlen widersetzt.«
    »Ja. Ich habe dich mitgenommen und wollte dich nicht zurückbringen. Und als wir ihn gefunden haben, habe

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