Der Krake
nicht«, sagte Saira, die inzwischen am Steuer saß. »Wir müssen einfach schnell genug ankommen und die Sache erledigen. Die können uns nicht überwältigen, dafür sind sie nicht zahlreich genug. Wir geraten erst in Schwierigkeiten, wenn der Rest von Grisamentum auftaucht.«
Endlich erreichten sie die Straße, an die Billy sich erinnerte. Hier war es immer noch so ruhig, als gäbe es gar keinen Krieg. Die Leute beobachteten sie aus ihren Häusern und zogen sich gleich wieder zurück. Saira bremste vor dem letzten, dunklen Gebäude.
»Sind wir da?«, fragte Fitch. Der Auflieger stank und war überfüllt. Die letzten Londonmantiker harrten bei dem toten Kraken aus. »Was machen wir hier? Was hat die See damit zu tun?«
Die Papiere erhoben sich, kreisten wie ein böswilliger kleiner Schwarm. Fickt euch, beschied ihnen Billy tonlos, als sie über die Dächer emporstiegen und davonflogen. »Jetzt holen sie den Rest von ihm. Los, los.« Er erstarrte, als er blaue Lichter näher kommen sah. Ein Polizeiwagen fuhr auf sie zu und kam mit quietschenden Reifen zum Stehen. Collingswood stieg aus, und Billy klappte den Mund auf, um Saira zu sagen, sie solle weiterfahren, da hörte er Marges Stimme.
»Billy!« Sie schrie beinahe. Sie stieg aus und starrte ihn an. »Billy.« Er rannte auf sie zu, und sie hielten einander lange Zeit nur in den Armen.
»Schau an«, kommentierte Collingswood. »Wunderhübsch, nicht wahr?«
»Es tut mir so leid«, sagte Billy zu Marge. »Leon ...«
»Ich weiß«, antwortete sie. »Ich weiß. Ich habe deine Botschaft erhalten. Und ich habe deine andere Botschaft erhalten. Schau, ich habe ihn mitgebracht.« Im Wagen, gleich neben Paul, saß Simon Shaw.
Als Fitch Paul erblickte, erschrak er und machte den Mund auf, wusste aber offenbar nicht, was er sagen sollte. Die anderen Londonmantiker schauten unbehaglich von einem zum anderen. Fitch setzte erneut zu sprechen an, doch Paul wedelte nur mit dem Finger: Nein. »Wir haben nichts zu besprechen«, sagte er. »Nicht, während er unterwegs zu uns ist.« Er zeigte nach oben, und dort, kreiselnd wie ein vereinzeltes Laubblatt, lauerte ein einzelner Fetzen Grisamentum. »Er kommt, also bringen wir es hinter uns.«
Nun würde es beinahe so etwas wie einen Showdown zwischen Grisamentum und dem Tattoo geben, dachte Billy. Endlich. Aber tatsächlich würde die entscheidende Kraftprobe eher zwischen Grisamentum und Paul stattfinden. Wie Fitchs Pläne auch ausgesehen hatten oder inzwischen aussahen, Paul hatte, wie Billy erkannte, keine Angst mehr vor ihm.
»Billy«, sagte Collingswood. »Kumpel. Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht?« Sie zwinkerte ihm zu. »Wenn Sie den Job nicht wollten, hätten Sie einfach nein sagen sollen, zum Teufel noch mal!«
»Officer Collingswood.« Billy ertappte sich dabei, sie eine Sekunde lang anzugrinsen. Sie schürzte die Lippen.
»Und, Schlaukopf, wie geht es jetzt weiter?«
»Kommen Sie mit«, sagte Billy. »Setzen wir uns in Bewegung. Bereit, Simon?« Simon sah verängstigt aus, nickte aber. Sie öffneten die Laderaumklappe, damit Simon den Kraken in seinem Tank sehen und seine Position im Kopf verarbeiten konnte. »Guter Mann«, sagte Billy. »Alle wissen, was passieren wird?«
Billy hatte sein Anliegen schriftlich vorbereitet. Es war eine lange, ausführliche Botschaft, die in einer versiegelten Glasflasche ruhte. »Sollen wir?«, fragte er Saira und Simon. »Wir brauchen ihr Einverständnis.«
»Und eine Peilung«, warf Simon ein. »Ich sagte ja, ich kann das ohne eine ziemlich präzise Peilung nicht schaffen.«
Billy klopfte auf die Flasche. »Das habe ich alles erwähnt. Es steht alles da drin. Keine Panik.«
Die Botschaft in der Flasche war eine flehentliche Bitte.
Du hast gesagt, der Krake gehöre dir nicht mehr. Bitte, du musst uns helfen. Selbst wenn er nicht mehr dir gehört, bitten wir dich um der Stadt willen, in der du dich schon so lange aufhältst, nutze deine Neutralität und deine Macht, so wie du es getan hast, als du uns im Kampf gegen die Nazis beigestanden hast. Wir brauchen einen sicheren Ort. Wir haben alle gehört, dass das Tattoo dir gegenüber damals klein beigegeben hat. Diese Macht benötigen wir noch einmal.
Alles steht auf dem Spiel, hatte Billy geschrieben. Wir müssen nur diese eine Nacht überstehen. Und ihn beschützen. Wir sind verzweifelt. Er schob die Botschaft durch den Briefschlitz.
Schweigend standen sie im Dunkeln. Ein Mann fuhr auf einem Fahrrad mit
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