Der Krankentröster (German Edition)
Versorgen des Erkrankten. So sind sie manchmal belasteter als der Patient selber. Denn der Patient wird versorgt, es wird sich um ihn gekümmert, während für den Angehörigen niemand da ist.
Susanne Hillmann (Patientenfürsprecherin im Klinikum rechts der Isar) sprach dann über die Situation der Angehörigen: Sie wird vom Personal geholt, wenn sie glauben, dass der Patient oder der Angehörige Hilfe braucht. Und wenn man jemanden vor Ort haben muss, der da ist, Zeit hat und zuhören kann. Sie ist dafür da, bei Konflikten die Situation wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Denn sie ist das freie, unabhängige Gegenüber. Die Angehörigen und Zugehörigen sind gleich wichtig.
Zitate von ihr:
»Leben ist, was uns zustößt, während wir uns etwas ganz anderes vorgenommen haben« (Henry Miller).
»Leben ist kein ruhiger Fluss, stets gefährdet, kein Paradies, wo Lamm und Wolf nebeneinander liegen.«
»Bei vielen liegt eine Fassungslosigkeit am Anfang vor. Da fegt etwas durchs Leben, was sie nicht bestellt haben.«
»Tumorerkrankung heißt nicht Ende des Lebens, es heißt Leben, nur anders. Auch wenn unser Verstand das begreift, dauert es doch, bis unser Herz es wahrhaben will.«
Frau Hillman erklärte weiter: »Angehörige und Zugehörige befinden sich oft in einem Zustand der Hilflosigkeit. Sie wollen Informationen vom Personal. Fühlen sich vernachlässigt und oft nicht genügend einbezogen. Dies führt zu Spannungen. Sie fühlen sich oft abgeschoben und einsam. Manche sind aber auch still und fügen sich ein. Dies sind unsere Traumangehörigen, die aber oft nach dem Klinikaufenthalt dann die Beschwerdebriefe schreiben.
Angehörige wollen sich nicht als Fremdkörper fühlen, sie wollen einbezogen und nicht vergessen werden. Sie werden dann oft besonders auffällig und ziehen uns sogar in Beziehungskonflikte mit hinein. Das können wir aber nicht auch noch zusätzlich leisten, diese aufzuarbeiten.«
Nun durften Fragen gestellt werden:
Eine Frau sagte, dass sie sehr enttäuscht über ihren Mann und ihre Kinder sei, die gar nicht auf ihre Krebserkrankung eingingen. Und sie fragte, was Frau Hillmann für einen Rat hätte.
Da stand eine andere Frau auf und riet ihr, offen mit ihrem Mann und ihren Kindern zu reden und sich mitzuteilen. Ich meldete mich und berichtete, dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass es Menschen gibt, die einfach immer die richtigen Worte finden und einen aufbauen und positive Kraft geben, und andere, die mit der Situation überfordert sind. Diese meiden den Kontakt aus einer Hilflosigkeit und Angst heraus, weil sie nicht wissen, wie sie mit einem umgehen sollen. Eine Bekannte sagte zum Beispiel zu meiner Mutter: »Ich hatte richtig Angst, Michael oder Sie zu treffen, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte.«
Es ist auch schwer für viele, denn wir brauchen ja kein Mitleid – das hilft uns nicht weiter!
Es gibt wohl eine Vorschrift, dass jedes Krankenhaus eine Patientenfürsprecherin bzw. -sprecher einstellen muss. Diese Vorschrift wird wohl aber oft nicht erfüllt. Selbsthilfegruppen können die Arbeit der Patientenfürsprecherin übernehmen.
Ich meldete mich nach dem kurzen theoretischen Beitrag von Dr. Martina Mayer (wissenschaftliche Mitarbeiterin) über den Umgang mit den Angehörigen im Krankenhaus mit dem Vorschlag zu Wort, einen Flyer für Angehörige zu entwerfen, den sie am ersten Tag erhalten. Mit Informationen wie günstige Übernachtungsmöglichkeiten (wie z. B. im Ronald-McDonald-Haus oder der José-Carreras-Stiftung), Adressen von Stiftungen und Hilfsorganisationen, Sprechstunden der Ärzte für Angehörige, Infos zum Sozialbüro mit Öffnungszeiten und die Möglichkeit, einen Schwerbehindertenausweis im Haus zu beantragen usw. Da wir diese Informationen selber Stück für Stück über andere Patienten erhalten haben. Sie fand die Anregung gut.
Dr. Pia Heussner (Psycho-Onkologin, Klinikum Großhadern) berichtete dann über die Belastungen von Kindern krebskranker Erwachsener.
Kinder fühlen sich oft an der Krebserkrankung ihrer Eltern schuldig. Es ist wichtig, ihnen diese Sorge zu nehmen und sie nicht glauben zu lassen, weil ich nicht brav genug war oder ihr nicht genug geholfen habe ist meine Mama jetzt krank.
Man sollte mit den Kindern offen über die Erkrankung sprechen und nicht glauben, dass das Kind dadurch traumatisiert werden könnte. Es gibt noch keinen bekannten Fall, wo ein Kind durch die Krebserkrankung seiner Eltern traumatisiert
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