Der Krater
die Bordtoilette und schloss die Tür, so dass nur ein winziger Spalt offen blieb, durch den sie die Stufen des Niedergangs erkennen konnte. Sie spannte sich an, bereit zum Sprung.
Sie hörte Worths Stiefel auf dem Deck poltern. »Hallo, ihr zwei Süßen!«
Abbey umklammerte das Messer und lugte durch den Spalt.
Langsame Schritte bewegten sich über das Deck zur Steuerkabine. Er rüttelte an der Kajütentür. »Jetzt wirst du lernen, was
tiefer
heißt, du Niggerschlampe! Du und deine hässliche Freundin. Ich nehme mir euren Schatz, und dann erteile ich euch eine Lektion, die ihr nie vergessen werdet!«
Schatz?
Der Idiot hatte ihre Geschichte geglaubt. Sie konnte seinen keuchenden, rasselnden Atem hören, das leichte Zittern in seiner Stimme. Das machte ihr noch mehr Angst als die Schüsse.
»Wir … haben keinen Schatz«, wimmerte Jackie, auf dem Boden zusammengekrümmt und halb erstickt vor Angst.
Ein heiseres Lachen. »Hältst du mich für dumm, du kleine Fotze? Lüg mich nicht an, verdammt. Ich bin hier, um mir den Schatz zu holen – und euch beiden eine Lektion in
Respekt
zu verpassen.«
»Ich schwöre, wir haben –«
Sie wurde durch das Krachen der nicht eben soliden Tür unterbrochen, die unter einem Fußtritt fast in der Mitte durchbrach. Jackie kreischte. »Nein! Nicht!«
Abbey spannte sich an.
Ein weiterer Tritt, und die Tür fiel auseinander und blieb in zwei Hälften im Rahmen hängen. Worth erschien am Kopf des Niedergangs, beugte sich hinab und spähte mit einer großen Waffe in der Hand herunter.
»Wendy … ich bin wieder zu Hause!«
Er trat die beiden Türhälften beiseite, stellte einen großen Stiefel auf die oberste Stufe, machte einen Schritt herunter, noch einen und noch einen, bis er am Fuß der steilen kleinen Treppe stand. Jackie lag schluchzend am Boden. Er hielt die Waffe seitwärts und zielte auf sie.
»Wo ist der Schatz?«
»Bitte, ich schwöre dir … Es gibt keinen Schatz …« Jackie schluchzte, schützte den Kopf mit den Armen und krümmte sich zusammen. »Kein Schatz … bitte … nur ein Krater …«
»Blödsinn!«, schrie er und fuchtelte mit der Waffe herum. »Verarsch mich nicht!«
Noch einen Schritt.
Er trat noch einen Schritt vor.
Abbey stürzte aus der Toilette und ließ mit aller Kraft das Messer abwärts auf seinen Rücken zusausen. Aber er hörte sie, riss den freien Arm hoch und schleuderte sie beiseite. Das Messer flog ihr aus der Hand, und er schoss blindlings auf sie. Die Kugel schlug ein weiteres Loch in den Rumpf, weit unterhalb der Wasserlinie.
Ein Strahl Seewasser spritzte herein.
Abbey warf sich auf ihn, doch er versetzte ihr einen Schlag in die Magengrube. Sie fiel auf die Knie und rang japsend nach Luft, konnte nicht atmen und wurde von eiskaltem Meerwasser überspült.
»Wo ist der Schatz, du Miststück?« Er packte sie am Haar, riss ihren Kopf herum und schob ihr den Revolverlauf ins Ohr.
Sie schaffte es, keuchend Atem zu holen. Er zerrte ihren Kopf zur anderen Seite und steckte ihr den Lauf in den Mund. »He, Jackie! Sag mir, wo der Schatz ist, sonst drücke ich ab!«
»Der Schatz war eine Lüge«, japste Jackie. »Bitte glaub mir, wir haben uns das nur ausgedacht …«
Er spannte mit dem Daumen den Hahn. »Hör auf zu lügen, Miststück, oder sie stirbt! Also, wo zum Teufel ist er? Hol ihn, los, sofort!«
Abbey versuchte, etwas zu sagen, brachte aber kein Wort heraus. Das Wasser in der Kajüte stieg schnell.
»Letzte Chance!«
»Okay, schon gut, ich sag’s dir!«, kreischte Jackie. »Hör auf, dann sage ich es dir!«
»Wo?«
, brüllte Worth schrill, denn seine Stimme brach.
»Im Cockpit unter der Heckluke. Von unten ans Deck geklebt, über der Ruderanlage.«
»Los, schnell, hol ihn! Das Boot sinkt!«
Jackie rappelte sich hoch. Sie war triefnass. Das Wasser stand schon fünfzehn Zentimeter hoch.
»Du! Abbey! Geh mit ihr mit.« Er riss ihr den Revolverlauf aus dem Mund, wobei er ihr einen Zahn abbrach, zerrte sie mit sich, schubste sie die Treppe hoch und bugsierte sie durch die Steuerkabine zum Heck.
»Aufmachen!«, brüllte Worth Jackie an und hielt Abbey die Pistole an den Kopf.
Jackie versuchte, die Luke zu öffnen, zerrte am Hebel und rüttelte daran.
»Beeil dich, oder ich erschieße sie!«
Sie zog kräftig am Hebel, und noch einmal. »Es geht nicht! Er klemmt, ich schaffe es nicht allein!«
Worth stieß Abbey aufs Deck hinaus. »Hilf ihr!« Sein Gesicht war verzerrt, flammend rot, die Sehnen in seinem Hals standen
Weitere Kostenlose Bücher