Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
Vom Netzwerk:
das Fleisch bildete. Zuerst schien es nur ein Geschöpf aus Staub zu sein, doch rasch härtete sich die Haut und schimmerte smaragdgrün an Hals und Rücken, durchsetzt mit den gelben Tupfern welker Blätter.
    Er erschafft einen Krieger, dachte Jureem. Das Grün von Gras und das Weiß von Kieselsteinen leuchteten im Gesicht und am Hals des Kriegers auf.
    Die Gestalt kam mühsam auf die Knie und reckte den Hals, als das Licht der Sterne seine Augen traf. Diese waren flach und tot wie Kiesel aus dem Bett eines Flusses, bis der Glanz der Sterne sich in ihnen spiegelte und sie erstrahlen ließ.
    Klugheit funkelte in diesen Augen – und Frieden, ein Gefühl von Frieden, das in Jureem die Sehnsucht erweckte, an einem anderen Ort, etwas anderes zu sein.
    Er wußte, was dieses… Wesen bedeutete. Viele Zauberer trachteten danach, die Kräfte der Erde zu beherrschen. Die fähigsten unter ihnen waren die Arrdun, die großen Tüftler und Schöpfer magischen Handwerkszeugs im Volk der Arr.
    Verglichen mit ihnen galten menschliche Erdwächter oft als schwach, denn nur wenige mischten sich in die Angelegenheiten der Menschen ein, und jene, die es taten, brauchten Jahrhunderte, um heranzureifen. Es hieß jedoch, ein vollausgebildeter Erdwächter sei eines der furchterregendsten Geschöpfe, denen man begegnen konnte.
    Und seine Vollendung tat er kund, indem er seinen Wylde auf den Plan rief – ein Geschöpf, geboren aus dem Blut und den Gebeinen der Erde, ein lebender Talisman, der für seinen Herrn kämpft. Eldehar hatte ein Riesenpferd geschaffen, um gegen die Toth in die Schlacht zu ziehen. Eldehar hatte gesagt, sein Wylde könne zwar ›zerstört, niemals jedoch besiegt‹
    werden.
    Jureem verstand solche versteckten Anspielungen auf Erdwächter und ihre Wyldes nicht. Das Wissen über sie war über die Jahrtausende verblaßt.
    Und jetzt, als der Wylde Gestalt annahm, erhob sich überall ein fürchterlicher Wind, peitschte pfeifend durch die Wipfel über der Lichtung und strich durch Jureems Haar. Die Böe war schnell und heftig aufgekommen, geradezu ein Sturm.
    Dann begann dem Krieger Haar zu wachsen – langes, grünes Haar wie Seegras, das ihm über den Rücken und die Schultern fiel und seine… Brüste bedeckte.
    Er staunte, als sich die Gestalt vollends ausformte, denn er sah weibliche Rundungen.
    Eine Frau. Eine Frau entstand, eine große und wunderschöne Frau, mit elegantem Körperschwung, langem Haar und makellosen Gliedern.
    Jureem stockte verblüfft der Atem. Der Wylde stieß einen Ruf aus, der die Erde erzittern ließ, als der Wind zupackte und die Frau in die Luft hob – so daß sie zu einem grünen Streifen wurde, der über den Bäumen Richtung Süden in die Höhe stieg. Dann war sie verschwunden.
    Auf der Lichtung wurde es still. Der Wind legte sich.
    Jureem war sprachlos. Er wußte nicht, ob dies Binnesmans Absicht gewesen war. Hatte sich sein Wylde mit irgendeinem Auftrag davongemacht? Hatte der Wind die Frau davongetragen?
    War es überhaupt eine grüne Frau gewesen?
    Sein Herz klopfte. Er stand atemlos da, tief beeindruckt, verwirrt.
    Rasch blickte er nach rechts und links, um zu sehen, wie die Soldaten reagierten. Es war alles schnell gegangen.
    Prinz Ordens Pferd wieherte zu Tode erschrocken, bäumte sich auf und schlug nervös mit den Hufen in die Luft. Für das Tier, erkannte Jureem, mußte es so gewesen sein, als hätte die Frau einfach zu seinen Füßen Gestalt angenommen.
    »Sei friedlich«, forderte Binnesman das Pferd auf. Es beruhigte sich auf seine Ermahnung hin, und der Zauberer schaute starr nach oben, wo sein Geschöpf am Himmel entschwunden war.
    Er wirkte… niedergeschlagen.
    Irgend etwas stimmte nicht. Binnesman hatte nicht erwartet, daß sein Wylde auf diese Weise davonfliegen würde.
    Jetzt war der Zauberer ausgelaugt. Geschwächt. Alt und gebeugt in seinem karminroten Gewand. Falls er geplant hatte, daß der Wylde für ihn kämpfen sollte, dann war sein Plan entsetzlich fehlgeschlagen. Binnesman ließ den Kopf sinken und schüttelte ihn verzweifelt.
    »Pah«, zischte Raj Ahten. »Was habt Ihr getan, Ihr alter Narr von einem Zauberer? Wo ist der Wylde? Ihr habt mir eine Waffe versprochen.«
    Binnesman schüttelte den Kopf.
    »Seid Ihr tatsächlich so unfähig?« wollte der Wolflord wissen.
    Binnesman sah Raj Ahten an, bedachte ihn mit einem vorsichtigen Blick. »Es ist kein leichtes, einen Wylde aus der Erde heraus entstehen zu lassen. Er hat seinen eigenen Willen und kennt die Feinde

Weitere Kostenlose Bücher