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Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind

Titel: Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Warum also sollte es diesmal anders sein? Aus Euren Worten spricht die Weisheit unseres höchsten Meisters. Das sollte einem jeden in dieser Runde Ansporn genug sein Euch mit jeder Faser seines Körpers zu dienen.«
    »Ihr habt klug gesprochen, Bruder Toyama. Doch Uns scheint, es gibt da noch etwas anderes, das Euch bewegt.«
    »Ich kann es nicht leugnen, ehrenwerter Großmeister. Wie soll der Kreis der Dämmerung das schaffen? Mit Euch sind wir zwölf. Wir verfügen zwar über ein Heer von Zuträgern. Auch benutzt jeder von uns – ebenso wie Graf Zapata – sein Vermögen, um Kontakte bis in die höchsten Kreise der verschiedensten Länder zu pflegen. Und dennoch: Wie könnten wir der ganzen Menschheit einen Neuanfang geben?«
    »Vielen Dank, Teruzo, dass Ihr Uns mit Eurer Frage Gelegenheit gebt, nun eingehender über das zu verrichtende Werk zu sprechen.«
    Lord Belial holte nun weiter aus, um das »Läuterungswerk«, wie er es nannte, zu umreißen. Je länger Jeff von seinem Versteck aus zuhörte, desto aberwitziger kam ihm das Ganze vor. Der Kreis der Dämmerung, The Circle of the Davon oder wie immer noch der Geheimbund in den Sprachen der zwölf genannt wurde, habe eine Arbeit zu verrichten, die sich nicht in einigen Jahren bewältigen ließ. Es sollte ein Jahrhundertplan werden. Nach einer gewissen Vorbereitungszeit in den nächsten achtzehn Jahren wolle man zum Anbruch des zwanzigsten Jahrhunderts damit beginnen, genauer gesagt am 1. Januar 1900. Das Ziel sei klar: Nicht der Kreis der Dämmerung würde die verdorbene Menschenwelt vernichten, sondern diese würde es selbst tun.
    Jeff hielt den Atem an. Diese Geheimsitzung da unten kam ihm wie ein absurdes Bühnenstück eines geistesgestörten Federfuchsers vor. Ungläubig verfolgte er Lord Belials weitere Vorschläge.
    »Destabilisierung ist das Zauberwort!«, verkündete der. Da sei zunächst die Familie. »Tötet sie!«, verlangte Belial. Seit Äonen gelte sie als das tragende Element jeder Gesellschaft. Es müsse eine neue Ära eingeläutet werden, in der schon das Schließen eines Ehebundes zu mitleidigem Lächeln provoziere, besser noch zu feindseligen Reaktionen. Treue müsse als Dummheit verstanden werden. Kindererziehung als Zeitverschwendung. Wenn die Menschen Moral und Ethik und jede Art von Tabu nur als Ausdruck eines rückständigen und verklemmten Geistes auffassten, dann sei damit der Boden bereitet, der ihre baldige Selbstzerstörung nur zu einer Frage der Zeit mache.
    Dennoch müsse ein langer und steiniger Weg zurückgelegt werden, um den Jahrhundertplan zu verwirklichen, konstatierte der Schattenlord. Jetzt, weniger als zwei Dekaden vor dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts, mochte es – schon rein technisch gesehen – unmöglich erscheinen, dass sich die Menschheit selbst vernichtete. Außerdem fehle es ihr dafür momentan wohl noch an der nötigen Bosheit. Aber die »Krone der Schöpfung« werde nicht umsonst so genannt. »Die Menschen sind erfinderisch! Nutzen wir doch dieses gottgegebene Geschenk zu ihrer eigenen Läuterung«, lud Belial seine Zuhörer mit einem zynischen Unterton ein.
    Es müssten Waffen entwickelt werden, die eine globale »Reinigung« ermöglichten, und es seien die politischen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Auch hier könne Destabilisierung Wunder wirken. Blutige Revolutionen und Kriege müssten zur Tagesordnung gehören. Auch Attentate seien ein adäquates Mittel, um die stützenden Elemente der Gesellschaft zu entfernen und radikaleren Geistern den Weg zu ebnen. Natürlich müsse man den Menschen dabei helfen, ein neues Verhältnis zur Gewalt zu entwickeln. Nur so würden sie diese auch zum rechten Zeitpunkt einsetzen.
    Ob die Religionsführer, so verdorben sie auch sein mögen, da nicht hinderlich wären, wollte ein Mitglied der Runde wissen. Belial ließ diesen Einwand gelten. Nächstenliebe und Frömmigkeit seien fürwahr eine Erschwernis. »Erst wenn wir Gott töten, werden die Menschen bereit sein sich selbst umzubringen«, hörte Jeff in seinem Versteck schaudernd den dunklen Lord sagen. »Geben wir ihnen doch neue Götter: Geld, Ruhm, Macht und Vaterland – das raubt jedem den Verstand.«
    Belial erlaubte sich ein hämisches Lachen und Jeff überlief es eiskalt.
    »Ehrenwerter Großmeister«, meldete sich ein bronzehäutiger Logenbruder, der einen Turban trug. »All das erfordert ein Maß an Verrohung und Zynismus, das ich mir selbst in einhundert Jahren nicht vorstellen kann. Wie soll unser Zirkel

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