Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind
in Aberfeldy bestimmt auch jemanden geben, der…«
»Selbstverständlich«, brüllte der Schmied lachend. »In diesem Ort gibt es mehr Trauzeugen als anderswo – jedenfalls was die Anzahl der Urkundeneintragungen betrifft. Meine acht Haupttrauzeugen sind viel beschäftigte Leute. Das kostet allerdings eine Kleinigkeit extra.«
David sah glücklich lächelnd zu seiner Braut hinüber. »Wäre Ihnen dieses Mädchen nicht auch einen kleinen Zuschlag wert?«, wandte er sich wieder an den Schmied.
»Sie sind unvorsichtig, Sir«, feixte der mit einem Augenzwinkern. »Für dieses schöne Kind wäre sogar eine Vervielfachung des Preises nicht zu viel verlangt. Aber seien Sie unbesorgt. Ich bin ein seriöser Mann. Bei mir ist noch nie jemand über den Tisch gezogen worden. Allerdings…« Mr Arbuthnot zögerte.
David sah den plötzlich sehr ernsten Schmied fragend an.
»In Ihrem Interesse wäre es mir lieber, wenn wir die Trauung auf morgen früh verschieben könnten. Um halb acht hätte ich noch einen Termin frei.«
»Aber… Was soll denn das nun schon wieder heißen? Sind Ihre Trauzeugen etwa für heute schon alle ausgebucht?«
Mr Arbuthnot legte den Kopf schief und lächelte säuerlich. »Nein, das wäre kein Problem. Es ist nur…«, druckste er herum.
»Ja?«
»In Kürze erwarten wir einen Trauerzug im Ort. Was ist, wenn Sie sich gerade das Jawort geben, während hinter Ihnen ein Sarg vorüberzieht?«
David zuckte die Achseln. »Ja, was wäre dann?«
»Es könnte ein böses Omen sein.«
»Ich habe schon gehört, dass ihr Highlander Spukgeschichten liebt«, erwiderte David schmunzelnd. Erst dann bemerkte er den bestürzten Ausdruck in Rebekkas blassem Gesicht, Sicherheitshalber erkundigte er sich bei ihr: »Du bist doch auch nicht abergläubisch, oder?«
Sie schüttelte den Kopf. »Aber ehrlich gesagt habe ich mir doch einen etwas heitereren Rahmen für meine Hochzeit vorgestellt.«
David sah wieder den Schmied an. »Können wir die Trauung nicht um ein oder zwei Stunden verschieben, nur, bis der Leichenzug vorüber ist?«
»Tut mir Leid, Sir, aber da habe ich noch zwei weitere Paare. Und heute Abend geht’s bei mir auch nicht. Morgen früh um halb acht wäre wirklich der frühestmögliche Ersatztermin, den ich Ihnen anbieten kann.«
»Sie müssen ja das Wohnzimmer voller goldener Hufeisen hängen haben«, brummte David missmutig.
»Dann heiraten wir eben doch jetzt sofort«, sagte Rebekka tapfer.
Adam Arbuthnot machte zwar überhaupt keinen glücklichen Eindruck, aber er akzeptierte die Entscheidung seiner Klienten. Er wies dem Paar zwei Kammern an, in denen sie sich umziehen konnten. Er selbst wollte derweil die Trauzeugen besorgen. Eine halbe Stunde später verweilten die Brautleute mit ihren Trauzeugen vor dem Amboss der Schmiede, der die Funktion eines Traualtars erfüllte. Mr Arbuthnot hatte sich »für eine Sekunde« entschuldigt.
Links hinter Rebekka wartete ein Mann mit rot geädertem Gesicht, der so ernst dreinblickte, als sei er nebenbei auch noch der Totengräber der Gemeinde und im Augenblick nicht ganz schlüssig, zu welchem Anlass er eigentlich herzitiert worden war. Hin und wieder schwankte der Trauzeuge leicht, als könne er dadurch besser seine Whiskyfahne im Raum verteilen.
Leicht versetzt hinter David stand eine üppige Frau mit rosigen Pausbacken und einer niedlichen Knollennase. Sie hatte erst in der Schmiede ihre Schürze und Haube abgelegt und versuchte nun ihre schmutzigen Finger in den Ärmeln ihrer braunen Strickjacke zu verbergen.
Das verschämte Schweigen vermischte sich im Raum mit der Alkoholwolke aus des Trauzeugen Mund. David verspürte das dringende Bedürfnis diese irgendwie peinliche Situation für Rebekka etwas erfreulicher zu gestalten. Deshalb wandte er sich zu seiner Trauzeugin um, lächelte sie freundlich an und sagte leutselig, aber etwas unbeholfen: »Schön, dass Sie so kurzfristig kommen konnten. Was machen Sie so?«
Die Frau gab sich erschrocken. Offenbar gehörte Sprechen nicht zu ihren Pflichten. Doch dann, ganz überraschend, strahlte sie wie ein Honigkuchenpferd und erwiderte: »Hühner schlachten.«
David blinzelte verwirrt. Rebekka stöhnte. Die Situation schien nun endgültig abzurutschen. Aber da kehrte zum Glück Mr Arbuthnot zurück.
»Unsere Selma arbeitet als Haushälterin bei Reverend Martin«, sagte er heiter. »Unser Gemeindegeistlicher sieht in meiner Schmiede so etwas wie ein Konkurrenzunternehmen und ist nicht gerade begeistert,
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