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Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind

Titel: Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Willkommen! Und nun lasst uns hineingehen. Bei diesem Gedudel hier draußen versteht man ja sein eigenes Wort nicht.«
    Gemeinsam wurde das Brautpaar vom Herzog und der Herzogin ins Schloss geführt. Im Hintergrund balgten sich dienstbeflissene Hände um das Gepäck der Gäste.
    »Unser gemeinsamer japanischer Freund hätte keine größere Überraschung für meine Gemahlin und mich aushecken können«, vertraute David dem Herzog an.
    Der achte Duke of Atholl lachte. »Ich mag den japanischen Prinzregenten sehr und ich glaube – in aller Bescheidenheit –, das beruht auf Gegenseitigkeit. Als er mir schrieb, er habe einen alten englischen Jugendfreund, dem er für seine Hochzeitsnacht ein besonderes Geschenk machen wolle, war ich sogleich Feuer und Flamme. Er berichtete, Sie seien so eine Art verzauberter Prinz, ohne jedoch weitere Einzelheiten zu nennen. Ist das wahr?«
    David räusperte sich. War das unbedingt nötig, Hito? »Sagen wir, die Asiaten lieben es, sich blumig und geheimnisvoll auszudrücken.«
    Wieder lachte der Herzog. »Ich verstehe schon. Hirohito hat auch geschrieben, ich soll nicht weiter in Sie dringen, um Ihr kleines Mysterium zu ergründen. Aber einen Versuch war’s trotzdem wert. Ich hoffe, Sie sehen mir das nach, David.«
    »Schon gut, John.« Irgendwie ging der Name David noch schwer über die Lippen. Der Murray-Clan, dem der Herzog angehörte, ließ sich bis ins zwölfte Jahrhundert zurückverfolgen. Dieser Mann war der Chef einer der angesehensten Familien im Land. Und er, David, sollte ihn einfach John nennen.
    »Wir dachten uns, ein kleiner Festschmaus wäre dem Anlass angemessen, David. Ich habe dazu ein paar Gäste eingeladen. Was halten Sie davon?«
    David wechselte einen kurzen Blick mit Rebekka. Die zog nur grienend den Kopf zwischen die Schultern und nickte. Sich wieder an den Herzog wendend, antwortete er: »Gerne, Mylord… Verzeihung, ich meine John.«
    »Schon gut, David. Ich denke, im Verlauf des Abends werden wir diese kleinen Holprigkeiten schon noch loswerden, was?« Der Herzog lachte wieder. »Nun werde ich Ihnen aber erst einmal Ihre Räumlichkeiten zeigen, damit Sie sich etwas frisch machen können. Das Dinner beginnt dann in etwa anderthalb Stunden.«
    Nun folgte eine kleine Schlossbegehung, notgedrungen, denn die Hochzeitsgemächer befanden sich im obersten Stockwerk. Blair Castle war von innen mindestens ebenso unübersichtlich wie von außen. Mit viel gutem Willen konnte man dem Hauptgebäude zwar einen rechteckigen Grundriss zugestehen, aber es fehlte – abgesehen vom Erdgeschoss – ein durchgehender Flur. Ohne diese Längsachse gab es für den Orientierungssinn der Besucher wenig Anhaltspunkte zur exakten Positionsbestimmung.
    Über die quadratische Haupttreppe im Cumming Tower, dem ältesten Teil des Schlosses, führte der Herzog die Gäste vorbei an Jagdtrophäen, Musketen, Ölgemälden, einer Ritterrüstung – eben dem üblichen Hausrat alteingesessener Adelsfamilien. In Camden Hall hatte es früher ganz ähnlich ausgesehen, weswegen sich David mehr für das vernehmliche Knarren der hölzernen Stufen interessierte als für den Zierrat des Treppenturms.
    Einzig ein absonderlicher Stuhl, der, abgesehen vom braunledernen Sitzpolster, ganz und gar aus Hirschgeweihen bestand, ließ ihn erstaunt innehalten. Das Ding musste enorm unbequem sein – vermutlich eine Art Strafmöbel zur Disziplinierung des herzoglichen Nachwuchses, dachte David.
    Der Herzog erwies sich als ein aufmerksamer Führer. So ganz nebenbei gab er einen Überblick der etwa achthundertjährigen Clan-Geschichte. Als er Davids nachdenklichen Blick beim Betrachten des Familienwappens auf einem Gemälde bemerkte, ergriff er die Gelegenheit sogleich beim Schopf und fing an darüber zu dozieren. Auf dem Abzeichen standen sechs Worte:
     

     
    »Das Motto des Clans geht noch auf die Eroberungen des ist Stewart Earl of Atholl im fünfzehnten Jahrhundert zurück.«
    »So liest es sich auch«, entgegnete David trocken.
    Der Herzog lachte. »Sie gefallen mir, David! ›Das Glück erzwingen und Gefangene machen‹ – so würde man den Wahlspruch unserer Familie wohl heute wiedergeben.«
    »Ganz schön martialisch.«
    »Das kommt Ihnen nur so vor. Heutzutage sind die Zeiten auch nicht friedlicher als damals.«
    »Wenn ich an den Großen Krieg denke, dann haben Sie allerdings Recht.«
    »Wollen Sie damit sagen, Sie haben gedient? Sie sehen noch so jung aus, David.«
    Für den Rest des Weges war damit das

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