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Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind

Titel: Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gewusst und mir nichts davon verraten?«
    David lächelte schief. »Ich wusste, dass Hito auf seiner Europareise auch hier beim Herzog und seiner Gemahlin Zwischenstation eingelegt hatte. Er fand ihre natürliche Art sehr erfrischend, wie er mir in einem Brief anvertraute. Da habe ich mir so einiges zusammengereimt, aber einen derart pompösen Empfang hätte ich mir niemals vorgestellt.«
    »Nach der merkwürdigen Trauung heute Mittag kommt mir das alles wie ein wunderschöner Traum vor.«
    »Dann genieße ihn, mein Schatz.«
    »Am liebsten würde ich jetzt schon ein Bad in dieser himmlischen runden Wanne nehmen.«
    »Ich fürchte, eine Katzenwäsche muss vorerst genügen. Sonst kommen wir noch zu spät zu unserem eigenen Fest.«
    »Meinst du, wir sind passend gekleidet, wenn ich mein Verlobungskleid anziehe und du deinen Cut trägst?«
    »Perfekt! Es ist sowieso schon ausgemacht, dass du das schönste Mädchen des Abends bist.«
    Rebekka blickte verstohlen an David vorbei auf das cremefarbene Bett. »Wie lange werden wir wohl hier bleiben dürfen?«
    David legte die Stirn in Falten. »Weshalb fragst du?«
    »Ach, nur so. Es wäre doch schade, wenn wir dieses hübsche Liebesnest da drüben nicht ausgiebig benutzen könnten. Was meinst du?«
    Die Begriffe Dinner, Festschmaus oder Hochzeitsmahl waren, gelinde gesagt, eine schamlose Untertreibung. Als David mit der untergehakten Herzogin und Rebekka an der Seite des Clan-Chefs in den großen Festsaal von Blair Castle einzogen, verschlug es ihnen schlichtweg die Sprache.
    Sie erblickten eine lange, festlich gedeckte Tafel, an der bereits viele der Hochzeitsgäste Platz genommen hatten. Andere standen noch in kleinen Grüppchen herum, unterhielten sich, scherzten und lachten. Als ein livrierter Page mit seinem Stab auf den Boden hämmerte und hernach John George Stewart-Murray, 8th Duke of Atholl, seine Gemahlin Katherine Marjory und zuletzt das Brautpaar ankündigte, wandten sich den beiden jungen Eheleuten ungefähr zweihundertfünfzig bis dreihundert Gesichter zu.
    »Wo haben Sie die denn alle aufgetrieben?«, raunte David dem Herzog verunsichert zu.
    Der lachte, wie er es fast ständig tat, und antwortete:
    »Unser Clan ist ziemlich weitläufig. Außerdem gibt es da noch ein paar Nachbarn, die auch gerne feiern und… Ach, fragen Sie lieber Katherine. Die hat die Gästeliste zusammengestellt. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, Ihren Glückstag in Gesellschaft so vieler fremder Menschen zu verbringen.«
    »Wenn alle so freundlich sind wie Sie, John, dann habe ich da keine Sorge. Nochmals, vielen Dank für diese wirklich gelungene Überraschung.«
    »Wir Highlander sind vielleicht ein etwas verschrobener, aber ich denke doch sehr anständiger Menschenschlag.« Der Herzog zwinkerte dem Paar zu. »Ich kann natürlich nicht die Garantie für jeden Einzelnen übernehmen. Im Übrigen ist es noch etwas früh, sich zu bedanken. Der Abend hat ja gerade erst begonnen. Kommen Sie. Ich führe Sie zu Ihren Plätzen.«
    Das Bankett war einfach großartig. Die Herzogin staunte, wie viel die junge Braut essen konnte. Das Paar saß am Kopfende der wie ein langes U geformten Tafel. Der Duke speiste an Rebekkas, die Duchess an Davids Seite. Fasziniert beobachtete David die ungezwungene Atmosphäre in dem großen Raum. Er erinnerte sich noch recht gut an einige Empfänge aus seiner Kindheit. Unter den Diplomaten in Tokyo oder Wien – zum großen Teil ja auch aus Aristokraten unterschiedlichster Provenienz bestehend – hatte nie eine so ausgelassene Stimmung geherrscht.
    Der Ballsaal von Blair Castle war erst ungefähr ein halbes Jahrhundert alt. Man erreichte ihn durch einen schmalen Gang an der Ostfront des Schlosses. Die im rechten Winkel zum Hauptbau liegende Halle besaß innen einen offenen Giebel, sodass man ungehindert bis zum Dachgebälk emporblicken konnte. Oberhalb der hölzernen Wandverkleidung hingen unzählige Hirschgeweihe. Außerdem konnte David altertümliche Waffen verschiedener Machart sowie etliche Fahnen und Banner entdecken. Aus goldenen Rahmen blickten wie durch Fenster der Vergangenheit ernste Gesichter auf die Hochzeitsgesellschaft herab.
    Die Gäste ließen sich davon nicht die Laune verderben. Schon nach kürzester Zeit hatten Rebekkas einnehmendes Wesen sowie Davids bescheidenes und zugleich selbstbewusstes Auftreten das Eis gebrochen (wenn es denn je welches gegeben hatte).
    Der Herzog und die Herzogin behandelten die Brautleute fast wie ihre eigenen Kinder

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