Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind
er sich um und betrachtete das weiße Bettzeug. Was sollte er jetzt tun? »Es sich gemütlich machen«, hatte Rebekka gesagt. Er atmete tief durch.
Über den Flur hinweg drang gedämpftes Rauschen aus dem Badezimmer. Hin und wieder auch ein fröhliches Summen. Die Dudelsackpfeifer hatten dieselbe Melodie angestimmt, aber aus Rebekkas Mund hörte sie sich ungleich besser an. Auf Zehenspitzen schlich sich David in den Gang hinaus und drückte das Ohr an die Badezimmertür. Zum Glück waren sie allein im obersten Stockwerk. Eine Entdeckung war also nicht zu befürchten. David runzelte die Stirn. Wenn der Schein ihn nicht trog, dann war seine muntere Nachtigall gerade dabei, ein Bad zu nehmen.
»Was machst du da drin?«, fragte er die Tür.
»Ich lasse mir nur kurz etwas Wasser ein«, antwortete Rebekka. »Es dauert nicht lang, Liebling. Der Tag war so anstrengend und ich rieche wie ein Waschweib.«
»Hm«, brummte David.
»Bist du mir jetzt böse?«, fragte sie.
»Nein, nein. Lass dir nur Zeit.«
»Du hättest mal die Badewanne bei den Greenboroughs sehen sollen«, quietschte Rebekka vergnügt. »Das hier ist das reinste Meer dagegen!«
Gedankenverloren nestelte David an seinen Hemdknöpfen herum. Er bemerkte kaum, was seine Hände taten. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf das Gurgeln, Blubbern und Planschen hinter der Tür gerichtet. Während die Zeit wie zäher Sirup dahinfloss, verlor er immer mehr seiner Kleidungsstücke. Allein die Vorstellung dessen, was hinter dieser verflixten Tür vor sich ging, versetzte ihn schon in Erregung.
Auf der anderen Seite summte Rebekka derweil wieder das Hochlandlied. Das Badesalz der Murrays gefiel ihr ausgesprochen gut. Sie steckte bereits bis zum Hals in dichtem weißem, herrlich knisterndem Schaum. Der Duft ätherischer Öle strömte in ihre Lungen und verbreitete im ganzen Körper ein wunderbar frisches Gefühl. Sie schloss die Augen und stellte sich vor in einer heißen Quelle im Wald zu sitzen. Als sie wieder zwischen den Wimpern hindurchsah, wurde ihr klar, dass sie nicht allein war. Interessiert blickte sie auf Davids hüllenlosen Körper.
»In Japan finden die Leute nichts dabei, wenn Frauen und Männer gemeinsam baden.«
Rebekka kicherte. »Sehen da alle Männer so aus wie du?«
David blickte zuerst an sich herab und dann wieder zu dem Gesicht, das aus dem Schaum ragte und überall hinblickte, nur nicht in seine Augen. »Die meisten Japaner sind etwas kleiner als ich.«
»Das stört mich nicht im Geringsten. Ich finde deine Größe sehr schön.« Rebekkas Kopf rutschte etwas tiefer in den Schaum. »Überall.«
David betrachtete unsicher das Auf und Ab der Schaumwolken in der großen runden Badewanne. Er war sich seiner Nacktheit noch nie so bewusst gewesen wie gerade jetzt. Aber irgendwie gefiel ihm dieses Gefühl auch wieder. »Soll ich dir noch mehr über die japanischen Badehäuser erzählen?«, fragte er zögernd. Es wäre für ihn unerträglich, wenn sie jetzt Nein sagte.
»Das wäre wundervoll!«, antwortete Rebekka mit spitzbübischem Lächeln. »Wir können das Ganze ja nachstellen.«
»Dann müsste ich aber zu dir ins Wasser kommen. Darf ich?«
»Ich habe schon gedacht, du fragst nie danach.«
»Eigentlich müsste ich mich zunächst waschen. Es wäre ein Affront, wenn man schmutzig zu den anderen ins Wasser steigt. In guten Badehäusern gibt es Angestellte, die einem den Rücken schrubben. Meistens sind es Frauen.«
»Du meinst, Frauen scheuern nackten Männern den Rücken?«, fragte Rebekka ungläubig.
David hockte sich neben die Wanne und schöpfte mit der hohlen Hand etwas Wasser heraus. »Ja, warum denn nicht?«
Sie kicherte erneut und machte Anstalten, zu ihm herauszusteigen. »Soll ich dir dabei helfen?«
Als David ihre Brüste aus dem Schaum auftauchen sah, wurde ihm heiß und kalt zugleich. »Nein, nein!«, wehrte er schnell ab. »Bleib nur sitzen. Man kann es natürlich auch allein machen.« Zur Unterstreichung seiner Worte schöpfte er weitere Portionen des Badewassers aus der Wanne und massierte es mit großer Sorgfalt in seine Haut ein.
»Und wann steigt man endlich rein?«, fragte Rebekka nach einer Weile. Ihre Stimme klang erkennbar ungeduldig.
»Wenn man sauber ist. Also ungefähr jetzt«, antwortete David und kletterte vorsichtig ins Wasser.
»Huuuh, das ist aber heiß!«
»Stimmt, aber auch schön!«
»In Japan muss das Wasser so heiß sein, dass man sich wie ein Hummer auf dem Opfergang fühlt.«
Als sich David auf
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