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Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind

Titel: Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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einer – wie er glaubte – weibischen Tat zu bewahren. »Und wenn du sie nicht rechtzeitig nachfärbst, dann wird deine schöne neue Identität wie eine Seifenblase zerplatzen.«
    »Keine Angst, ungefärbt ist mein Haar so hell, dass ich immer behaupten kann, ich wäre frühzeitig ergraut und würde mir nur aus Eitelkeit die Haare dunkel färben.«
    John Stewart-Murray verließ brummend den Raum. Eigentlich störte es ihn mehr, seine Meinung nicht durchgesetzt zu haben. Als er am späten Abend wieder in den Privatgemächern aufkreuzte, fand er die Idee der radikalen Identitätsveränderung sogar »außerordentlich raffiniert« und berichtete, dass er schon veranlasst habe die entsprechenden Eintragungen in den einschlägigen Dokumenten vornehmen zu lassen.
    Im Verlaufe des Tages hatte er noch einiges mehr geregelt. Der Mordfall musste den Behörden gemeldet werden, ohne daraus gleich eine Staatsaffäre zu machen. Für David und Rebekka käme nichts ungelegener als tagelange Verhöre durch die Polizei. Deshalb sorgte der Herzog für eine Untersuchung in diskretem Rahmen.
    »Die Polizei wird euch in Ruhe lassen«, berichtete er am Abend seinem inzwischen braunhaarigen Adoptivsohn in spe. »Alles, was sie wissen müssen, werden sie von mir erfahren. Bald wird es nicht einmal mehr eine Akte von dem Vorfall der letzten Nacht geben. Die Blutspuren sind jetzt schon weg…«
    »Was?«, entfuhr es David.
    »Hatte ich das noch nicht erwähnt?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Wo habe ich nur wieder meinen Kopf! Mir war wirklich so, als hätte ich es schon erzählt. Aber bei all den Dingen, um die ich mich heute kümmern…«
    »John«, fiel David dem Herzog ins Wort. »Was ist mit dem Blut passiert?«
    Der Duke zuckte die Achseln. »Eine ganz merkwürdige Sache. Also, ich habe heute Mittag dem Polizeiinspektor die Flecken beim Treppenturm gezeigt, dort, wo du mit dem Schurken gekämpft hast. Als dann kurz darauf ein Fotograf kam, um die Spuren abzulichten, waren sie nicht mehr da.«
    »Was heißt das, sie waren nicht mehr da? Hat sie ein übereifriges Dienstmädchen weggeputzt…«
    »Nun beruhige dich doch, David«, unterbrach der Herzog seinen aufgeregten Gast. »Der Inspektor hat mich natürlich das Gleiche gefragt und es war gar nicht so einfach, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Aber um auf deine Frage eine klare Antwort zu geben: Nein, niemand hat die Flecken entfernt, sie sind ganz von allein verschwunden.«
    »Genauso wie die Hand!«, hauchte Rebekka. Drei Augenpaare wandten sich ihr zu.
    David musste an Negromanus’ wahre Natur denken. Lord Belials Gehilfe war ja im Grunde nur ein Schatten und bei Licht betrachtet blieb von solchen selten sehr viel übrig.
    Es muss wohl an der traditionellen Schwäche der Briten für transzendentes Gesindel jeglicher Art liegen, dass der Duke of Atholl diese mysteriösen Vorfälle mit großer Gelassenheit hinnahm. »Allmählich wird mir klar, was du gestern Nacht gemeint hast, als du sagtest, dir sei gerade unser Schlossgespenst über den Weg gelaufen.«
    »Seien Sie mir nicht böse, John, aber ich bin froh, wenn Rebekka und ich endlich von diesem Ort hier wegkommen.«
    Der Herzog lächelte gequält. »Das trifft mich zwar hart, aber ich kann euch verstehen. Wartet ab, was ich heute noch so alles erreicht habe. Das wird eure Laune möglicherweise wieder etwas aufpolieren.«
    John Stewart-Murray sollte Recht behalten. Ausführlich erklärte er dem Paar – und seiner argwöhnisch lauschenden Gemahlin – das weitere Vorgehen. Schon im Morgengrauen des nächsten Tages sollten David und Rebekka aufbrechen. Teils mit dem Automobil, später auch mit dem Zug würden sie bis zur schottischen Westküste reisen und von dort ein Schiff zur Isle of Man nehmen. Als Mitglieder des Murray-Clans würden sie auf Schloss Mona, der alten Inselresidenz des Herzogs, logieren. Sobald sie mit den nötigen Papieren versorgt seien, könnten sie dann nach Amerika abreisen, wann immer es ihnen beliebe.
    David wurde nicht müde sich bei dem Herzog und seiner Gattin zu bedanken. Im Stillen nahm er sich vor bei nächster Gelegenheit auch einen Brief an seinen Freund Hito zu schreiben. Ohne ihn hätte wohl selbst seine Gabe der Wahrheitsfindung die herzoglichen Herzen nicht derart schnell erobern können. Als habe John Stewart-Murray seine Gedanken erraten, bot er sich an, David auch zukünftig zur Seite zu stehen, wenn Not am Mann sei. Er wolle gerne für ihn als Vermittler dienen, wenn es gelte, alte Kontakte zu

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