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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Mitarbeiter Hans Oster sagen.
    »Ich glaube, Sie kämpfen auf der richtigen Seite«, sagte Wilhelm Canaris, als David sich von ihm und Oster verabschiedete.
    »Es ist die Seite der Wahrheit.«
    Canaris nickte. »Ich nenne es Recht, aber wir reden wohl von ein und derselben Sache. Melden Sie sich bei mir, wenn ich etwas für unser gemeinsames Ziel unternehmen kann.«
    »Das werde ich tun. Danke noch einmal für Ihr Vertrauen, Herr Kapitän.« David wollte sich schon zum Gehen wenden, als Canaris ihn zurückhielt.
    »Warten Sie! Wir sollten eine Losung vereinbaren, damit ich Ihre Nachricht auch als echt erkennen kann.«
    David überlegte kurz. Dann sagte er: »Exterminans.«
     
     
    Später beruhigte David sein Gewissen mit dem Argument, die ganze Herumspioniererei habe letztlich nur der Verfolgung seines Zieles gedient. Dennoch fühlte er sich elend, als er sich am 30. April auf den Weg machte, um Väterchen die Ergebnisse der Recherche als Tauschobjekt anzubieten.
    Der Berliner Agentenführer hatte angekündigt, dies werde das letzte Treffen vor Davids und Rebekkas Abreise sein. In den vergangenen Tagen war die Beschattung durch die Gestapo unauffälliger geworden. Das beunruhigte David. Wenn man ihn nicht mehr einschüchtern wollte, was bezweckte man dann mit der Observierung? Hatte der Kreis der Dämmerung nun vielleicht doch…?
    David war jedenfalls fest entschlossen, sich so kurz vor Toresschluss nicht noch entlarven zu lassen. Sofern die Gestapo ohne Hilfe von Belials Zirkel operierte, konnte sie in David schlimmstenfalls einen aufdringlichen Journalisten sehen, der seine Nase vielleicht in ein paar Angelegenheiten zu viel steckte. Normalerweise wurden solche Leute mit dem Stempel »Persona non grata« – unerwünschte Person – versehen und aus Deutschland hinausgeworfen.
    Besser jedes unnötige Risiko vermeiden, sagte sich David und holte am letzten Apriltag seinen ältesten Mantel aus dem Schrank. Provozierend langsam – damit die Gestapo-Schnüffler auch hinterherkamen – spazierte er dann zur Bergstraße, nahm nicht die Untergrundbahn (man hätte ihn ja verlieren können), sondern ging zu Fuß. Unterwegs blieb er vor einigen Schaufenstern stehen und sah sich die Auslagen an. Als er an einem Kiosk eine Morgenzeitung kaufte, drang schwungvolle Marschmusik an sein Ohr. Er drehte sich um und lächelte (für geheime Fotografen). Eine kleine Schar von Hitlerjungen paradierte mit großem Brimborium an ihm vorbei, schon seit Jahren kein ungewöhnlicher Anblick mehr. Als die braune Jungmannschaft im Gleichschritt entschwunden war, vergewisserte sich David unauffällig der Gegenwart seiner Beschatter. Sie waren noch da. Er schlenderte weiter. Noch anderthalb U-Bahn-Stationen bis zum Aschinger.
    Beim Aschinger handelte es sich um das etwas andere Restaurant der Stadt, mit vielen Dependancen, die im Übrigen alle gleich aussahen. Den Besucher betörten sie mit dem spröden Charme eines Hallenbades: viele Fliesen, Blau wurde bevorzugt. David besuchte die Filiale gegenüber dem Neuköllner Rathaus. Beim Aschinger bekam man die beste Erbsen- und Linsensuppe in der Stadt, sonst allerdings nicht viel mehr.
    David nahm eine Schrippe zur Erbsensuppe. So nennen die Berliner ihre ovalen Brötchen, die mit hellem Weizenmehl gebacken und in der Mitte mit einer tiefen Kerbe versehen werden. Er suchte sich einen Tisch in der Nähe des Fensters, die beiden Männer im Fahrzeug auf der Straße sollten ihn gut sehen können.
    Mit dem Löffel zerlegte er das obligatorische Wiener Würstchen in kleine Teile, fischte das erste Stück aus der nach Erbsen duftenden Pampe heraus und lotste es zum Mund. Dann verzog er blitzschnell das Gesicht. Noch zu heiß!, sollte diese Grimasse den Gestapo-Protokolleuren signalisieren. Nach der Mahlzeit sah sich David gelangweilt im Restaurant um, nahm kurz die Zeitung in die Hand, ließ sie aber gleich wieder auf den Tisch sinken. Die ganze Zeit über wippte er nervös mit dem Bein, vermied aber tunlichst jeden Blick zu der dunklen Limousine hin.
    Dann stand er auf und ging zu den Toiletten. Wenn die Kerle in dem Wagen da draußen nur etwas von Körpersprache verstanden, dann hatten sie längst bemerkt, wie sehr ihn die Blase drückte. Zu drücken schien.
    Sobald David nämlich die Tür des Toilettenraumes hinter sich geschlossen hatte, lief er auf die gegenüberliegende Wand zu. Er kannte diese Lokalität, musste sich also nicht erst lange orientieren. Zum Glück stand gerade niemand am Urinal,

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