Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
Vertrauten! »Sie dachten, ich würde den Ring – vielleicht aus Furcht – nicht bei mir tragen, sondern ihn irgendwo versteckt halten. Hätten Sie mich umgebracht, wäre er für den Geheimzirkel verloren gewesen.«
»So ungefähr mag es wohl gewesen sein. Dankenswerterweise haben Sie dieses Problem ja nun für uns aus der Welt geschafft. Dabei fällt mir ein – Sie wissen nicht zufällig, wohin vor sechs Jahren einer unserer Brüder samt seinem Siegelring verschwunden ist?«
David mimte den Ahnungslosen. »Sollte ich?«
Toyamas dunkle Augen schienen ihn durchbohren zu wollen. Dann lächelte er mit einem Mal. »Wie auch immer, Lord Belial wird in jedem Fall hocherfreut sein, sein Eigentum wieder an sich nehmen zu können.«
Und damit jene übernatürliche Macht zurückerlangen, die ihn unbesiegbar macht. Ich muss das verhindern! »Wann wer den Sie dem Schattenlord die gute Nachricht überbringen?«
Auf Toyamas breitem Gesicht zeichnete sich erneut ein Grinsen ab. »Ich bewundere Ihre Kaltblütigkeit, Camden. Erinnern Sie sich noch an das Angebot, das ich Ihnen vor langer Zeit unterbreitet habe? Ich wiederhole es: Treten Sie auf die Seite des Kreises der Dämmerung. Es ist da ein Posten vakant, den wir Ihnen gerne anbieten würden. Der Lohn wäre ein tausendjähriges Leben in unermesslichem Reichtum.«
»Vielen Dank, Toyama, aber von tausendjährigen Träumereien habe ich die Nase voll.«
»Schade, dann wird Lord Belial für Sie wohl zum Todesengel werden, wenn er später zu uns stößt. Trotz allem, was Sie mir und dem Kreis der Dämmerung angetan haben, bedauere ich diese Ihre Entscheidung.«
David erinnerte sich des hinkenden Gangs Toyamas. Vermutlich hatte er sich während des Feuers im Felsenpalast an den Beinen schwere Verbrennungen zugezogen. Nachdenklich blickte David auf die Ölfunzel, ein kleines blau glasiertes Keramikgefäß, das einer Schnabeltasse nicht unähnlich sah. Seltsamerweise hatte Toyama seine Schwäche für offene Flammen nicht verloren.
Aber auch sein gefährlicher Scharfsinn war ihm offenbar geblieben. Er deutete Davids Blick richtig, als er nun warnend sagte: »Wenn Sie versuchen sollten, mich wieder durch Ihre Zauberkunststückchen zu beeindrucken, wird Ba Xun Sie auf der Stelle töten.«
»Das würde Lord Belial Ihnen bestimmt verübeln«, antwortete David. Er musste Zeit gewinnen.
»Ich bin sicher, er hätte Verständnis dafür.«
»Wann wird der Schattenlord eintreffen?«
Toyama blickte zum Fenster, durch das der Mond ins Zimmer schien. »Gedulden Sie sich noch zwei, höchstens drei Stunden.«
»Kann man ihn telefonisch erreichen, oder wie nehmen Sie mit ihm Kontakt auf?« David blickte verstohlen zu der Glaskugel hin. Oder werden Sie ihn »im Lichte der Tränen rufen« , wie es Jason ausgedrückt hatte?
Toyama lächelte mitleidig. »Ihr Humor gefällt mir, Camden. Sie werden zwar nicht mehr lange genug leben, um dieses Geheimnis jemand anderem verraten zu können, aber ich werde es Ihnen trotzdem nicht sagen. Doch eines dürfen Sie mir glauben: Wenn ich Belial rufe, dann kommt er auch.«
David musterte Toyama mit unbewegter Miene. Der Kerl ist einfach zu selbstgefällig. Das macht ihn verletzbar. Ich bin mir sicher, er benutzt die Kugel, um seinen Herrn und Meister herbeizurufen – aber wie? Irgendwie muss ich das he rausfinden. Mit einem Mal blitzte eine Idee in seinem Kopf auf. Er legte das Gesicht in grimmige Falten und sagte: »Ich lasse mich auf keinen Fall noch einmal in dieses dreckige Erdloch werfen. Immerhin bin ich ein Earl. Wenn ich ohnehin sterben muss, dann gleich hier.«
Ehe sich’s Ba Xun versah, war David aufgesprungen, hatte sich zu dem Chinesen umgedreht und die Hände wie ein Boxer erhoben. »Komm nur her, duuu…!«
Der Leibwächter betrachtete dies als Einladung und setzte sich mit seinem wakizashi unverzüglich in Bewegung. Doch Toyamas Stimme hielt ihn zurück.
»Halt, Ba! Lass ihn. Ich möchte, dass der Großmeister ihn in einem Stück zu sehen bekommt. Bring unseren englischen Gentleman in die alte Waffenkammer. Dort ist er sicher. Anschließend kannst du dich nach unten zurückziehen, bis ich dich wieder rufe. Aber vergiss nicht, hinter unserem Gast abzuschließen.«
Ba Xun verneigte sich vor seinem Herrn, dann blitzte er David aus seinen dunklen Mandelaugen an. »Komm.«
Der Gefangene wandte sich noch einmal Toyama zu, deutete eine Verbeugung an und sagte: »Vielen Dank, Toyama-san. Ich weiß Ihr Entgegenkommen sehr zu
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