Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
schätzen.«
Der riesige Chinese zeigte mit seinem Kurzschwert erst zur Schiebetür hin und dann nach links. David verließ das Tatami-Zimmer in die angegebene Richtung. Der Weg führte fünf oder sechs Meter durch einen breiten Flur und anschließend nach rechts in einen schmaleren Seitengang, der an einer massiven Holztür endete.
»Mach sie auf und geh rein«, befahl Xun, als sie den Eingang zur ehemaligen Waffenkammer erreicht hatten.
David gehorchte. Während er nach dem Eisenring griff, sah er den großen Schlüssel, der darüber im Schloss steckte. Hoffentlich funktioniert es! Er zog die Tür auf und betrat einen etwa drei mal vier Meter großen Raum. An den Wänden befanden sich hölzerne Halterungen, in denen vermutlich einmal Musketen und andere Waffen gesteckt hatten. Jetzt waren sie leer. Es gab sogar ein Fenster, abgesichert mit dicken Eisenstäben.
Zwei Schritte hinter der Tür drehte sich David um und grinste Ba Xun an. »Hübsch habt ihr’s hier.«
Krachend fiel die Tür ins Schloss. Rasch konzentrierte sich David auf den Chinesen, dessen hoch aufragende Gestalt ihm noch vor Augen war. Jetzt durfte er keinen Fehler begehen. Mit zwei schnellen Schritten war er wieder bei der Tür und riss sie mit einem heftigen Ruck auf. Dahinter stand Ba Xun. Er sah aus wie eine Wachsfigur. Seine Augen wirkten trübe.
David huschte hinaus, schloss die Tür sofort wieder und vergewisserte sich, dass der Schlüssel in die Finger des Leibwächters zurückrutschte. Erst dann lief er zur nächstgelegenen Schiebetür im Gang. Schnell und leise öffnete er sie, glitt in ein dunkles Zimmer und schloss die Tür wieder bis auf einen schmalen Spalt, gerade groß genug, um den Kopf hindurchzustecken. Erst jetzt – seit dem Offnen der Waffenkammer waren höchstens zehn Sekunden vergangen – befreite er Ba Xun von seiner vorübergehenden Erblindung und entließ ihn wieder in die normale Zeit.
Der Hüne schüttelte verwirrt den Kopf. David hielt den Atem an. Wenn er jetzt noch einmal in die Kammer schaut, dann…
Das Klacken des Schlosses erlöste David von seinen Befürchtungen. Leise zog er sich in das Zimmer zurück.
Es hatte funktioniert. Kraft der Verzögerung war seine Flucht dem Chinesen überhaupt nicht aufgefallen. David sah durch den Spalt der Schiebetür, wie der Riese sich im Vorbeigehen mit der Rechten den Schädel massierte.
Sekunden später erlosch das Licht. Nur der Mond im Fenster beschien noch die Szene. Eine Weile lang lauschte er in den leeren Flur hinaus.
Toyama hatte Xun nach unten geschickt. Vielleicht sollte nicht einmal sein Leibwächter sehen, wie er mithilfe der Glaskugel Lord Belial herbeirief. Denn wenn dieses Wissen in den Besitz der falschen Leute geriet, war der Schattenlord in Gefahr. David musste so schnell wie möglich in Toyamas Tatami-Zimmer zurück.
Auf Strümpfen schlich er sich durch den Gang. Wenig später hatte er wieder den Raum erreicht. Die Schiebetür stand einen kleinen Spalt offen, für David gerade weit genug, um einen Blick in das Zimmer werfen zu können. Auch dort war jetzt der Mond die einzige Lichtquelle.
David sah einen dunklen Schatten und erschauerte. Ein furchtbarer Gedanke fuhr ihm durch den Kopf. Es ist Belial. Ich bin zu spät! Aber dann bemerkte er die steifen Bewegungen des Schemens und atmete auf. Es war Toyama, der sich da gerade am Tisch auf einem zobuton niederließ. Der Kopf des Schwarzen Drachen hatte David den Rücken zugewandt, so konnte dieser nicht erkennen, was der Japaner mit seinen Händen anstellte. Irgendetwas klimperte leise.
David warf sein Netz der Verzögerung über die am Tisch sitzende Gestalt. Hoffentlich war es noch nicht zu spät. Er musste unbedingt erfahren, wie man Lord Belial herbeilockte. Als Toyama erstarrte, schob David die Tür etwas auf und huschte in den dunklen Raum.
Was nun? In dem Tatami-Zimmer gab es keine Schränke, in die man schlüpfen, auch keine Stellwände, hinter denen man sich verstecken konnte. Da fiel sein Blick auf die drei großen Vasen. Rasch lief er zur Wand, hievte das mittlere Porzellangefäß hoch und trug es in eine, von Toyamas Platz aus nicht einsehbare Ecke. Dann kehrte er zu dem verwaisten Platz der Vase zurück und kauerte sich nieder, den Rücken an die Wand gelehnt, die Arme um die Schienbeine geschlungen. Wenn er sich nicht bewegte, mochte sein Schatten im dunklen Zimmer als Ming-Vase durchgehen, vorausgesetzt Toyama blickte nicht direkt in seine Richtung.
Als der Japaner wieder aus seiner
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