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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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finden, in den Antoinette, das Hausmädchen, jeden Morgen die frisch gekaufte Milch füllte. Ein Rest davon war noch da, ein halber Liter vielleicht. David setzte den Krug kurzerhand an die Lippen und nahm mehrere tiefe Züge – da hörte er plötzlich ein Geräusch.
    Er setzte sofort das Gefäß ab und lauschte. Wieder vernahm er das Klicken. Nein – endlich begriff er, dass seine Sekundenprophetie ihn vorgewarnt hatte –, dies erst war das echte Geräusch, aber, schlaftrunken wie David war, hatte sein Verstand noch nicht recht funktioniert. Unvermittelt stieg aus den Tiefen des Bewusstseins ein Gefühl der Unruhe auf, das sich rasch in Panik verwandelte. Davids Augen weiteten sich. »Oh mein Gott!« Er kannte diese besondere Art der Furcht nur zu genau, wusste, was sie bedeutete.
    »Neiiinnnn!« Davids verzweifelter Schrei übertönte noch das Krachen des am Boden zerberstenden Milchkruges. Er stürzte zur Küchentür. Aber die war verschlossen! Daher also das Klicken! Er hämmerte gegen die Tür, was die allerdings wenig beeindruckte. Hinter dieser Mauer aus massivem Eichenholz musste sich Negromanus befinden. Es konnte nur einen Grund geben, weshalb dieser seinen Rivalen eingeschlossen hatte.
    David versuchte trotzdem die Tür einzuschlagen. Aus dem Schlafzimmer hörte er einen schrillen Schrei. Dann noch einen. »Rebekka!«, brüllte er. Negromanus wusste, wie er ihn vernichten konnte. Erneut warf sich David gegen die massive Tür. Ein stechender Schmerz fuhr ihm in die linke Schulter. Tränen schossen ihm in die Augen. Durch das Holz drangen neue Schreie. »Rebekka!« Oh Gott, hilf mir! Ich muss zu ihr. Er blickte sich verzweifelt um, sah das Fenster. Selbst wenn er hinaussprang und den Sturz unbeschadet überstand, würde es viel zu lange dauern, bis er das Haus umrundet und wieder in den ersten Stock zurückgelangt wäre. Er musste einen anderen Weg finden.
    Die Lösung erschien wie eine Vision in seinem Geist, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Schwer atmend taumelte David zwei Schritte in den Raum zurück. Er ignorierte den stechenden Schmerz in der Schulter, konzentrierte sich ganz auf die Tür. Erneut drangen Schreie durch sie hindurch. David hörte seinen Namen. Voller Panik versuchte er sich zu erinnern: Wo war Osten, wo Westen? Er kam nicht darauf. Sicherheitshalber trat er einen Schritt zur Seite und konzentrierte sich.
    Plötzlich wurde die Tür von einer gigantischen Kraft gepackt und aus den Angeln gerissen. Schneller, als das Auge ihr folgen konnte, raste sie an David vorbei, und obwohl sie seinem sechsten Sinn längst entglitten war, schoss sie noch durch das Küchenfenster hindurch, zog einen Schweif im Mond glitzernder Glas- und Holzsplitter hinter sich her und landete schließlich in der Seine.
    David taumelte in die Diele. Der Einsatz seiner Gabe hatte ihm viel Kraft geraubt. Was er jetzt im Flur sah, war entsetzlich. Marie und Antoinette krümmten sich auf dem Boden. Die Tür zum Schlafzimmer stand weit offen. David sprang über das Dienstmädchen und dicht vor der Tür über seine Schwiegermutter hinweg in den Raum.
    Der Anblick dort ließ ihn entsetzt zurückprallen. Rebekka lag, schreiend und sich windend, im Bett. Und davor, mitten in einem Kreis von Scherben, ragte ein dunkler Schemen auf, die Arme weit erhoben. Ein schmaler Streif Mondlicht fiel genau auf das wie feucht glänzende Gesicht des Eindringlings.
    »Negromanus!«, keuchte David. Mit dem Überwinden der Türschwelle hatte ihn eine unsichtbare Faust gepackt und schien ihm die Luft abzuschnüren. Wenigstens lenkte sein Erscheinen die Aufmerksamkeit des Schemens von Rebekka ab. Negromanus wandte sich nun David zu und der erkannte, was da im Gesicht des Gegners glitzerte. Es war Blut. Vermutlich hellblaues wie damals auf Blair Castle. Rebekka musste ihm die Blumenvase von ihrem Nachtschränkchen gegen den Kopf geschleudert haben.
    Der Schemen lachte. Die Verletzung schien ihn nicht sonderlich zu beeindrucken. »So schnell hättest du mich wohl nicht erwartet, nachdem du mir in Amerika entwischt bist. Habe ich Recht, David Camden? Ich bin gekommen, um das einzulösen, was ich dir im Haus der Yonais versprochen habe.«
    David spürte einen ziehenden Schmerz im Rücken, noch stärker als das Stechen in der Schulter. Ein Stahlseil schien seinen Kopf mit unnachgiebiger Gewalt nach hinten zu ziehen. Obwohl die Schmerzen kaum zu ertragen waren, stieß er hervor: »Lass ab von ihr, Negromanus! Warum sollen Unschuldige leiden? Dir geht

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