Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
es doch nur um mich. Also komm, hol dir, was du haben willst.«
Nur mit Mühe gelang es David, sich an dem Kleiderschrank aufrecht zu halten, der neben der Tür stand und auf dem seine Schwerter lagen. Er konnte sogar das Heft des katana sehen, aber Negromanus’ unsichtbarer Griff ließ nicht nach.
Wieder ertönte das grässlich hohe Lachen des Schemens, »Ich verstehe gar nicht, was du willst, Camden, Ich habe den beiden alten Jungfern in Washington doch kein Haar gekrümmt. Aber hier liegt die Sache etwas anders. In Tokyo hatte ich dich gewarnt, du würdest meine wahre Macht zu spüren bekommen. Doch anstatt dich in ein Loch zu verkriechen, hast du weiterhin gegen den Bund Belials intrigiert. Nun wirst du dafür bezahlen. Du, dein Weib und alle anderen hier.«
Eine neuerliche Woge des Schmerzes durchflutete Davids Körper. Sein Schrei ging im widerlichen Lachen des Schemens unten David sank in die Knie. Er konnte der furchtbaren Gewalt dieses Wesens nicht länger standhalten. Verzweifelt blickte er auf seine sich windende Frau. Rebekka hielt sich den Leib… Eine entsetzliche Erkenntnis drang in Davids Bewusstsein: Ihr ungeborenes Kind – sie würde es verlieren, wenn diese Qual nicht augenblicklich ein Ende fand!
Stärker aber als der Schmerz war der Zorn, der David nun erfasste. Warum musste Negromanus auch noch dieses unschuldige Kind töten? Er schrie, ein Laut purer Verzweiflung. Es war sein Kind! Er kippte steif zur Seite. Der Schmerz im Rücken war unbeschreiblich. Dennoch wollte er den Kampf noch nicht aufgeben. Warum hatte ihn Negromanus nicht schon im Haus von Takeo und Yachi-yoko vernichtet? Er war damals sogar geflohen.
Wenigstens eine meiner Gaben muss für Negromanus eine Gefahr bedeuten. Davids Atem ging schnell und flach. Einen Moment lang versuchte er das Kunststück mit der Küchentür an seinem Gegner zu wiederholen, aber es fehlte ihm einfach die Kraft dazu. Vor seinen Augen tanzten Sterne. Welche Gabe fürchtest du? Verzweifelt klammerte er sich an diese Frage. Seine letzte Chance. War es etwa doch nur die schiere Gewalt seines Schwertes? Dann ist alles verloren. Er wird mir nicht die Gelegenheit geben , aufzustehen und es aus der Scheide zu ziehen.
Eine dunkle Wolke schob sich vor Davids Augen. Sein Kopf drohte zu zerplatzen. Mit letzter Anstrengung riss er seinen Geist noch einmal aus den Klauen der Besinnungslosigkeit. Das sich im Spiegel reflektierende Mondlicht ließ den Schemen mit seinen erhobenen Armen über ihn wie einen Todesengel aufragen. David bemerkte, wie ein dicker Blutstropfen von Negromanus’ Gesicht auf den Teppich fiel…
Plötzlich kam ihm die Erleuchtung.
In den Adern dieses Wesens floss hellblaues Blut. Nein, die Farbe hieß Cyan, verbesserte er sich. Rebekka hatte dieses Phänomen nach Yoshis Tod einmal zu erklären versucht: Mit Sicherheit besitze Belial wie jeder normale Mensch rotes Blut, aber wenn sich der Schatten und sein Herr jemals wieder vereinten, entstünde aus dieser Mischung Schwarz.
Wieder senkte sich eine dunkle Wolke auf Davids Geist. Er wollte Negromanus etwas zurufen, aber aus seiner Kehle kam nur mehr ein Röcheln. Krampfhaft starrte er den Schemen an. Er war der Lösung ganz nah! Wie jeder andere Schatten auch konnte Negromanus ohne seinen Besitzer nicht existieren. Wenn man beide Töne mit dem Pinsel mischt, dann kommt Schwarz heraus. Was wollte ihm Rebekka damit sagen? Wie nur hatte damals Davids eigene Antwort gelautet? Schwarz könne auch für das Nichts stehen. Richtig! Kein Blut also, weil Belial kein menschliches Wesen sei… Im Augenblick steckte er jedoch in einem menschenähnlichen Körper, Und ein sol cher kann ohne Blut nicht existieren!
Das war die Lösung! Zumindest hoffte David es. Selbst wenn es ihn deutlich weniger Kraft kostete, Farben anstatt den Lauf der Zeit zu verändern, würde er nach diesem Versuch zu schwach für einen weiteren sein, Negromanus hob beide Arme vor David in die Luft. »Jetzt bringen wir es zu Ende«, geiferte er und brach erneut in ein grässliches Lachen aus, David spürte sofort einen explodierenden Schmerz im Rücken, aber er konnte nicht schreien. Wie in dem Traum auf der Taifun schien er zur Bewegungslosigkeit verdammt. Bitte, flehte er in Gedanken, lass mich nur noch diese Tat vollbringen! Mit übermenschlicher Anstrengung gelang es ihm, noch einmal seine Kräfte zu bündeln. Die Stimme versagte ihm zwar den Dienst, aber seine Lippen formten die Worte: »Ich gebe der Farbe deines Blutes Rot
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