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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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können.«
    »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll, Ruben.«
    Der Jude lehnte sich in gespielter Empörung zurück. »Was soll das? Ich muss dir danken.« Er zögerte kurz. »Etwas könntest du doch für mich tun.«
    »Es ist schon bewilligt.«
    »Mach mich zu deinem Vermögensverwalter. Ich weiß ja nicht, wie du das früher angestellt hast, aber ich denke, jetzt kannst du einen Mann wie mich gut gebrauchen.«
    »Früher hatte ich Geld wie Heu«, sagte David, ohne dabei prahlerisch zu klingen. »Allerdings – ein Maler, der mit Geld umgehen kann?«
    Ruben lachte. »Viele begnadete Künstler waren und sind außerordentlich erfolgreiche Geschäftsleute.«
    »Schon gut. Ich wollte deine Talente nicht infrage stellen. Danke für das Angebot. Ich nehme es gerne an.«
    Ruben freute sich wie ein Kind. Selbst in New York war er für viele nur der Jude, ein Künstler, dessen Werke man gerne kaufte, aber auch nicht mehr. Bei David war das anders. Durch ihn erfuhr der Emigrant aus Berlin Anerkennung und Anteilnahme.
    »Wie ist es dir in Korea ergangen?«, fragte er nach einer Weile.
    David breitete in einer ratlosen Geste die Hände aus. »Was soll ich dir darauf antworten? Ich habe neue Freunde gewonnen, einmal mehr das hässliche Antlitz des Krieges gesehen, düstere Erinnerungen sind wieder aufgelebt und die Hälfte meiner Lebenskraft ist verbraucht.«
    »Anstatt dich in Selbstmitleid zu aalen, solltest du endlich auf den Punkt kommen. Du weißt genau, was ich wissen will.«
    »Ach so, das! Ich habe den Mörder Ito Hirobumis gefunden; das Ganze war ein höchst zwiespältiges Erlebnis.« David berichtete ausführlich über die Geschehnisse im Hause An Chung-guns und schloss mit dem nüchternen Resümee: »Wenigstens hat der Koreaner die Existenz eines zweiten Geheimbündlers in Amerika eingestanden und meiner Liste von Belials Logenbrüdern noch einen weiteren Namen hinzugefügt: Golizyn.«
    »Ist das der ›Salzmann‹ aus Ben Nedals koreanischem Dokument?«
    David nickte. »Belials Mann im russischen Zweig‹. Jetzt muss ich ihn nur noch im größten Flächenstaat der Welt finden.«
    »Du hast zwei Hinweise«, versuchte Ruben seinem Freund Mut zu machen. »Na gut, sie sind etwas dünn, aber deine Abenteuer in Korea waren nicht umsonst.«
    »Und trotzdem habe ich das Gefühl, etwas Wichtiges übersehen zu haben.« David stieß einen tiefen Seufzer aus und schlug sich mit der Faust auf die Brust. »Hier drinnen versteckt es sich. Mein Herz ruft, aber ich kann seine Sprache nicht verstehen. Was glaubst du, wie ich mir das Hirn über diese Nacht in An Chung-guns Haus zermartert habe! Hat er etwas gesagt, das mir unwichtig erschien? War es eine seiner Gesten, ein Bild an der Wand, eine Bemerkung seines Dieners? Ich komme einfach nicht darauf.«
    »›Sende dein Brot aus auf die Oberfläche der Wasser, denn im Verlauf vieler Tage wirst du es wieder finden.‹«
    »Das scheint der Lieblingsspruch meiner Berater zu sein. Balu hat ihn von Gandhi aufgeschnappt und auch schon versucht mich damit zu verzaubern.«
    Ruben lächelte mitfühlend. »Eigentlich stehen die Worte im Buch Kohelet und stammen vom weisen König Salomon. Wie auch immer, ich habe einfach das Gefühl, du verkrampfst dich zu sehr, David, weil du unbedingt jetzt den Hauptgewinn ziehen willst, aber deine mühsame Jagd nach diesem Koreaner nur einen Trostpreis eingebracht zu haben scheint. Solange du die Zeit als deinen Feind betrachtest, kannst du nur verlieren. Du musst sie zu deinem Verbündeten machen, dann wird sie dir zu Diensten sein.«
    David sah verwundert auf. »Ist das noch so ein salomonisches Sprichwort?«
    Der Maler lächelte ein wenig verlegen. »Es wurde gerade erst geprägt – von Ruben Rubinstein. Einige Probleme lösen sich von allein, David, andere sind, wenn man etwas abwartet, wesentlich leichter zu bewältigen. Wie manche Panzerschränke nur mit zwei Schlüsseln zu öffnen sind, musst du möglicherweise erst einem anderen Menschen begegnen, der dir An Chung-guns letzte Lebensstunde erschließt. Außerdem darfst du den Fortschritt in der Technik nicht übersehen. Dank Telefon und Fernschreiber kannst du dich mit deinen Verbündeten quer über den Globus hinweg abstimmen. Das Fernsehen liefert Bilder aus der ganzen Welt, demnächst sogar in Farbe. Und diese Elektronenhirne, die sie neuerdings bei IBM bauen, können unvorstellbare Datenmengen in kürzester Zeit verarbeiten. Eines Tages wirst du dich womöglich an eine

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