Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
durch den Siegelring noch fehlte, zweifelte David kaum noch an Ben Nedals Zugehörigkeit zum Kreis der Dämmerung. Der Logenbruder Belials mochte ein guter Schauspieler sein, doch dem Wahrheitsfinder war er nicht gewachsen.
    David deutete eine Verbeugung an. »Ich bin eigentlich nicht gekommen, um die Aussicht zu genießen. Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Veit Gladius.«
    »Wie aufschlussreich!«, erwiderte Ben Nedal belustigt. »Ich dachte, Sie wären Engländer.«
    »Der Name stammt aus Österreich, genauer gesagt, aus Wien. Aber England ist mir zur zweiten Heimat geworden. Und mit wem habe ich die Ehre?«
    Der Hausherr schlenderte um seinen Schreibtisch herum und ließ sich dahinter in einen ledergepolsterten Stuhl sinken. Endlich kamen seine Hände zum Vorschein und präsentierten – David glaubte seinen Augen nicht – an jedem Finger einen goldenen Ring! Mit einer schlanken Rechten deutete Ben Nedal vor sich auf die drei übrigen Sitzgelegenheiten und sagte: »Ich ziehe es vor, anonym zu bleiben – bitte nehmen Sie doch Platz, Mr Gladius –, was unserem kleinen Handel hoffentlich nicht schaden wird. Offen gestanden haben mich die Andeutungen meines Geschäftspartners sehr neugierig gemacht. Aber nun würde ich doch gerne den Anlass unseres heutigen Treffens sehen.«
    David setzte sich auf den mittleren der drei Stühle und kämpfte um seine Fassung. Er konnte ja nicht wie ein Taschendieb auf Beutefang unentwegt die Hände seines Gastgebers anstarren. Bisher hatte er das charakteristische Siegel des Geheimbundes noch nicht entdeckt. Vielleicht hatte Ben Nedal dieses aber auch einfach zur Handfläche hingedreht. Das würde die Aufgabe nicht eben leichter machen.
    Während David in die Innentasche seines Jacketts griff, atmete er tief ein. Jetzt nur nicht zittern! Äußerlich ruhig hielt er dem Blick seines Gegenübers stand. Es war ein gegenseitiges Abtasten, ein Belauern. Er fragte sich, wie weit Ben Nedal dieses Spiel noch treiben würde. Betont langsam zog er die Hand wieder hervor und legte die kleine Schatulle auf den Schreibtisch. »Prüfen Sie das Schmuckstück nur in aller Ruhe. Ich bin sicher, es wird Ihnen gefallen.«
    Ben Nedal nahm das lackierte Zedernholzkästchen und öffnete es vorsichtig, als könne ihn daraus etwas Giftiges anspringen. Als seine Augen die Röhrenperle erblickten, begannen sie zu leuchten.
    Diesmal war sich David nicht sicher. Lag da Überraschung auf Ben Nedals Gesicht? Wenn ja, dann musste er mit keinem ernsthaften Angebot seines Besuchers gerechnet haben. Und falls Belials Logenbruder schon seit längerem Bescheid wusste, dann war auch Balu in Gefahr…!
    Mühsam zwang sich David zur Ruhe. Das jahrtausendealte Artefakt hatte Ben Nedals Gier geweckt – sie stand ihm förmlich in die Augen geschrieben. Er wollte, nein, er musste dieses alte Schmuckstück besitzen. Aufgeregt wie er war, mochte er sogar daran zweifeln, ob ihm tatsächlich das Jahrhundertkind gegenübersaß.
    Ben Nedal zog eine Schublade an seinem Schreibtisch auf. David verfolgte jede seiner bedächtigen Bewegungen. Er machte sich auf das Schlimmste gefasst. Solange er nur wachsam blieb, würde ihm eine Pistole nichts anhaben können. Ein chromblitzendes Etwas lag in Ben Nedals Hand. David hielt den Atem an…
    Es war eine Lupe.
    David entspannte sich wieder. Das spöttische, wissende Lächeln auf der anderen Seite des Schreibtisches brachte ihn beinahe aus dem Konzept.
    Ben Nedal untersuchte eingehend die Perle. Sein rechtes Auge erschien hinter dem runden Glas auf bizarre Weise vergrößert. Sekunden dehnten sich zu Minuten. »Sie haben nicht zu viel versprochen«, stellte er schließlich erfreut fest. »Ein wunderschönes Stück und zweifellos die geforderte stolze Summe wert.«
    Diese Bemerkung machte David misstrauisch. Kein Orientale akzeptierte einfach den verlangten Preis. »Ich hoffe, Ghulam Legharis Provision ist nicht allzu unverschämt.«
    »Das muss Sie nicht kümmern, Mr Gladius. Wenn es also bei den zweihundertfünfzigtausend Dollar bleibt, können wir jetzt unser Geschäft besiegeln.«
    »Auf mein Wort kann man sich verlassen«, antwortete David vieldeutig.
    »Auf meines ebenso. Warten Sie bitte eine Minute, ich gehe nur kurz an meinen Tresor.«
    »Selbstverständlich.«
    Die Luft kam David wie elektrisch geladen vor. Lag es an dem sich nähernden Gewitter oder einem sich anbahnenden Kampf? Schließlich ging es hier nicht um eine Perle. Er war in den Strandpalast gekommen, um Ben Nedal

Weitere Kostenlose Bücher