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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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weißhaarigen Feind ein. Obwohl David die einzelnen Streiche vorhersah, musste er doch vor dem Stahl zurückweichen. Zwangsläufig näherte er sich dabei immer mehr der offenen Balkontür. Sein Stuhlbein leistete ihm bei der Verteidigung keine nennenswerten Dienste, denn gegen den Säbel war es machtlos und sein Gegner hielt sich auf sicherem Abstand.
    Mit einem Mal prasselten dicke Tropfen auf David nieder. Im selben Augenblick packte ihn der Sturm und er taumelte rückwärts gegen die Steinbrüstung des Balkons. Regen und Gischt umpeitschten ihn. Im Nu war er durchnässt. Um sein Gleichgewicht ringend, blickte er einen Augenblick in die Tiefe. Wie rasend warf das Meer Wellen, Tang und Schlamm gegen die Grundmauern der Festung.
    »Du hast uns oft genug zum Narren gehalten«, dröhnte Ben Nedal. Sein Gesicht war hassverzerrt. »Jetzt werde ich dich an den Ort schicken, von dem es keine Rückkehr gibt.«
    David schnappte nach Luft. In Gedanken ging er seine Chancen durch. Sollte er seine grausamste Verteidigungswaffe gegen Ben Nedal einsetzen, ihn der Erdrotation entreißen? Eine Windbö zerrte an seinem durchnässten Leib. Fast hätte sie ihn über das Geländer gedrückt. Nein, das Töten muss ein Ende haben.
    Ben Nedal war im Augenblick offensichtlich anderer Meinung. Er holte mit seiner furchtbaren Waffe weit aus, zweifellos in der Absicht, den Feind in zwei Hälften auf die Reise ohne Wiederkehr zu schicken, als seine Arme plötzlich wie gelähmt in der Luft hängen blieben. Kaum einen Wimpernschlag später traf ihn ein Stuhlbein am Kopf. Dass sein Gegner dann auch noch vorsprang und ihm den Säbel entriss, konnte der Belialjünger nicht verstehen.
    In gerade einmal einer Sekunde hatte sich das Blatt völlig gewendet. Nun hielt David das Schwert in der Hand und Ben Nedal wich verstört an die Brüstung zurück. Sein gehetzter Blick suchte nach einer Waffe, aber da gab es nichts als das fallen gelassene Stuhlbein.
    »An Ihrer Stelle würde ich nicht einmal daran denken. Es ist aus«, sagte David mit einer Stimme, hart wie Diamant. Er würde dafür sorgen, dass Ben Nedal wegen der Ermordung Gandhis zur Verantwortung gezogen wurde und sein Imperium zu Staub zerfiel. Aber erst, nachdem er den Siegelring an sich gebracht hatte.
    Belials Logenbruder funkelte das Jahrhundertkind hasserfüllt an. Der Regen lief in Strömen über sein Gesicht. »Noch hast du nicht gewonnen«, geiferte er.
    Plötzlich spürte David eine Gefahr von hinten. Rasch fuhr er herum und sah den hünenhaften Leibwächter vor sich aufragen. In seiner Hand blitzte ein schweres Gurkhamesser. Zugleich kündigte sich ein Angriff von der anderen Seite her an. Jetzt steckst du in der Klemme! Noch einmal wirbelte David herum und ließ die flache Seite des Säbels gegen Ben Nedals Unterarm krachen. Der Schmerzensschrei wurde vom Sturm fortgerissen, das Stuhlbein entschwand in die tosende Gischt.
    David wusste um die tödliche Wirkung des Kukri. der berüchtigten Nahkampfwaffe der Gurkha. Seine Verteidigung bestand in einer Pirouette, aber diesmal schien der Gegner schneller zu sein. Ein Blitz spiegelte sich in der breiten Klinge des Rundmessers. Dann gab es einen dumpfen Schlag, der Leibwächter verdrehte die Augen, sackte wie ein nasser Reissack zusammen – und begrub einen Krückstock mit Elfenbeinknauf unter sich.
    David blickte ungläubig auf den kleinen zornigen Inder, der hinter dem Gefällten zum Vorschein gekommen war. »Balu?«
    Die Augen des Angesprochenen weiteten sich. »Pass auf, Sahib, der Kerl hat immer noch nicht genug!«
    Wieder fuhr David herum. Ben Nedal hatte aus den Tiefen seines weiten Gewandes ein Stilett zu Tage gefördert, das er nun in seiner Linken über dem Kopf hielt. Als er sich jedoch David mit dem Säbel gegenübersah, wurde seine Hand kraftlos. Die Klinge fiel klirrend zu Boden.
    »Nicht!«, rief David entsetzt, weil er erkannte, was gleich geschehen würde.
    Aber Belials Jünger wollte nicht hören. Behände sprang er auf die Brüstung und drehte sich grinsend zu seinem Feind um.
    »Sie müssen nicht sterben!«, rief David, um das Schreckliche vielleicht noch zu verhindern.
    Aber Ben Nedal grinste nur noch scheußlicher. »Ich sagte dir doch: Du hast noch nicht gewonnen.« Er legte die Hände vor der Brust zusammen und verneigte sich spöttisch, dann trat er einen Schritt zurück.
    Sofort setzte ihm David nach. Später sollte er sich oft fragen, ob er in diesem Augenblick richtig reagiert hatte. Er ließ Belials

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