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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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unerschütterliches »Ich werde dich nie vergessen, Sahib!« zu.
    Eine erste Inaugenscheinnahme der erbeuteten Papiere hatte eher für Verwirrung als für Erleuchtung gesorgt. Die meisten Dokumente waren für David unlesbar. Balu hatte die Schrift Landa genannt. Sie wurde vornehmlich von den Kaufleuten der pakistanischen Provinzen Punjab und Sind benutzt. Andere Blätter waren in Devanagari verfasst, wie man in Sanskrit die »göttliche Schrift der Stadt« bezeichnete. Während die erstgenannten Dokumente hauptsächlich Ben Nedals Geschäfte zu betreffen schienen – vom Teppich- bis zum Menschenhandel war alles vertreten –, ging es in Letzteren möglicherweise um politische Verschwörungen, Anschläge und Intrigen gegen bedeutende Persönlichkeiten. Leider beherrschte Balu die »göttliche Schrift« nur höchst unvollkommen, weshalb er David zum Inhalt der betreffenden Papiere nur vage Andeutungen machen konnte. Es würde wahrscheinlich Wochen, wenn nicht gar Monate dauern, bis er in Paris vertrauenswürdige Übersetzer gefunden, das Material gesichtet und den Weizen von der Spreu getrennt hatte.
    Als David nun während der Schiffsreise noch einmal gründlich alle Papiere aus Ben Nedals Tresor durchging, machte er eine überraschende Entdeckung. Unter den zumeist in indischer, gelegentlich auch englischer Sprache abgefassten Schriftstücken stachen zwei aus der Masse heraus. Das eine war die Kopie eines maschinegeschriebenen Briefs mit der Unterschrift Franz von Papens. Auf der Rückseite befand sich ein handschriftlicher Vermerk, vermutlich nur eine Telefonnotiz.
     
    Samstag, 26.4.41: Göreme, Atatürk Hotel, 20 Uhr, Golgatha
     
    David schenkte dem Eintrag keine weitere Beachtung und drehte das Blatt wieder um. Der Text auf der Vorderseite erinnerte ihn an ein Gespräch, das er vor zwei Jahren mit »Väterchen« Ayckbourn, dem Leiter der Berliner Sektion des britischen Secret Intelligence Service, geführt hatte. Der Orts- und Zeitangabe zufolge hatte Papen den Brief als Botschafter des Deutschen Reiches in der Türkei verfasst. Es handelte sich um einen inoffiziellen Bericht über die Aktivitäten eines Agenten mit dem Decknamen Cicero, von dem er Fotografien wichtiger Geheimdokumente entgegengenommen und nach Berlin weitergeleitet hatte. Das Material sei in der Residenz des britischen Botschafters Sir Hughe Montgomery Knatchbull-Hugessen abgelichtet worden, schrieb Papen. David hätte zu gerne gewusst, warum Ben Nedal eine Kopie dieses Briefs besaß. Von den Spionagepapieren schien sich, soweit sich das schon sagen ließ, kein einziges unter Ben Nedals Dokumenten zu befinden. David legte das Schreiben zur Seite und wandte sich dem zweiten zu. Nachdenklich betrachtete er die Zeichen, die nur für einen Laien der japanischen Schrift glichen. Es musste sich um Koreanisch handeln. Er konnte kein einziges Wort entziffern.
    Das koreanische Dokument. Es war nur ein Gefühl, aber David glaubte, kein anderes der erbeuteten Schriftstücke würde ihn in seinem Kampf gegen den Kreis der Dämmerung weiter bringen als dieses.
    Die Kassandra fuhr durch das Arabische, dann das Rote Meer, die Tage an Bord vergingen wie im Flug und David begann neue Pläne zu schmieden. Als das Schiff in den mittlerweile von Großbritannien kontrollierten Suezkanal einlief, musste er an eine frühere Reise durch diese Gewässer denken. Damals hatte sein Vater einen Abstecher in das fünfundsiebzig Meilen entfernte Kairo bewilligt, aber diesmal gönnte sich David in Suez keinen Landurlaub. Das ägyptische Al-Iskandarlyah war ohnehin der Zielhafen der Kassandra.
    Auch die Reichtümer des alten Alexandria fanden keine Beachtung. Zwar erinnerte sich David lebhaft des Heidelberger Bibliothekars Anton Fresenius, der ihm von der alexandrinischen Bibliothek erzählt hatte. Jasons Geschichte war hier vor vielen Jahrhunderten zwischen tausenden und abertausenden von Büchern gefunden und damit vor dem verheerenden Brand bewahrt worden, der diesen vielleicht größten Schatz der Antike vernichtet hatte. Aber das eigentliche Geheimnis von Jasons Träne und der Methode zur Zerstörung des Fürstenringes blieb nach wie vor im Dunkeln. Auch die Plünderung von Ben Nedals Tresor hatte daran nichts geändert.
    Stimmte das? Als David während des kurzen Aufenthalts in der ägyptischen Stadt das Postbüro im Hafen suchte, war er sich da nicht mehr so sicher. Ohne Ben Nedal wäre er kaum nach Amritsar gefahren. Dann hätte ihm Balu womöglich auch niemals sein

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