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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Bohlen am Boden lagen kostbare Teppiche. Einige Truhen und Vasen standen an den holzgetäfelten Wänden, deren Schmuck aus Landschaftsaquarellen sowie zwei Wandteppichen bestand. Durch zwei große Fenster und eine verglaste Terrassentür konnte man auf den Fluss Yalu hinabsehen; am chinesischen Ufer brannte ein einsames Licht. Im hinteren Bereich des Raumes stand ein länglicher flacher Tisch. Dahinter, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und von einem seidig glänzenden Morgenrock nur spärlich bedeckt, saß inmitten zahlreicher Kissen ein bemerkenswert fetter Mann.
    Ein Schleier aus Schatten umgab das Gesicht des Hausherrn. David hätte nicht sagen können, ob es der Prinzenmeuchler und Denunziant von den alten Fotos war, aber dann spürte er, wie Phillihi von hinten abermals nach seiner Hand griff und sie wie verabredet drückte. Also doch! Endlich hatte er ihn gefunden: Er stand An Chung-gun gegenüber.
    »Im Namen der Dämmerung seid mir gegrüßt«, sagte der Gastgeber mit einer angedeuteten Verneigung. Den Besuchern reckte sich ein fleischiger Arm entgegen, dabei öffnete sich Ans Morgenrock und entblößte eine wabbelnde Hängebrust. »Entschuldigt das schlechte Licht, aber wir haben wieder einmal keinen Strom. Kommt doch bitte näher, damit ich mein Enkelkind sehen kann. Ist das Dong-Hong, der da draußen zetert?«
    »Er kümmert sich um das Gartentor«, erklärte Kaeddong schnell. »Wir haben bemerkt, dass es beschädigt ist. Wahrscheinlich flucht er so laut, weil er es im Dunkeln reparieren muss. Oder er hat sich irgendwo den Kopf gestoßen.«
    »Mir ist nur wenig Zeit gegeben«, schaltete sich David auf Koreanisch ein.
    An Chung-gun zögerte einen Moment. Vielleicht irritierte ihn der Akzent des anderen. »Wer hat Euch zu mir geschickt?«
    David erkannte in der Frage eine seltene Chance. Die Einladung näher zu treten ignorierend, antwortete er, jetzt auf Japanisch: »Na wer schon? Nachdem wir Ben Nedal verloren haben, dürfte es Ihnen nicht schwer fallen, das zu erraten.« Und bitte rate laut!
    »Ihr kommt aus dem Land der aufgehenden Sonne!«, erwiderte An in flüssigem Japanisch und durchaus erfreut. »Ich fühle mich geehrt, dass der Bund sich um mich und meine Familie kümmert, wenngleich – bitte versteht das nicht als Kritik – seit Gründung der Volksrepublik die Informationen bei mir nur noch spärlich eingehen.«
    Ich brauche Namen, keine höflichen Floskeln! »Sie wissen, wie gefährlich die Lage ist, seit dieser Engländer einige der Unsrigen getötet hat.«
    »Da habt Ihr wohl Recht. Nennt mir bitte Euren Namen, damit ich Euch die gebührende Ehre erweisen kann.«
    »Es wundert mich, dass Sie danach fragen. Sie müssten ihn eigentlich kennen«, wich David aus. Er spürte, wie An Chung-guns Misstrauen erwachte. Ich darf mir nicht das Heft aus der Hand reißen lassen. »So viele Ringträger gibt es ja nicht mehr.«
    »Ihr sprecht Japanisch – also müsst Ihr Toyama sein.«
    »Was soll das?«, blaffte David den Koreaner so heftig an, dass dieser zusammenzuckte. »Ihr wisst ebenso gut wie ich, was unserem Bruder widerfahren ist.«
    »Dann vielleicht Rasputin«, schlug An Chung-gun kleinlaut vor.
    David funkelte den Ito-Mörder gefährlich an. Der Kerl ist nicht dumm. Er stellt mich auf die Probe. Verächtlich schnaubte er: »Vielleicht verrate ich Ihnen damit ja etwas Neues, aber Scarelli ist bereits vor elf Jahren spurlos verschwunden. Und wenn Sie jetzt noch behaupten, ich wäre der schwarze Kamboto, dann werde ich mit Ihnen genau das anstellen, was früher Negromanus’ Spezialität gewesen ist.«
    Der Atem des fetten Mannes wurde flach und schnell. Er schien zu überlegen. Obwohl David zusammen mit Kaeddong und Phillihi – noch immer – im Halbdunkel auf der anderen Seite des Raumes stand, glaubte er ein ängstliches Flimmern in den Augen An Chung-guns zu sehen.
    »Wer also bin ich?«, drängte David.
    »Was weiß ich!«, platzte es da aus dem Meuchler heraus. »Ihr wisst genau, wie verschwiegen die Gemeinschaft ist. Ich kenne nur wenige Mitglieder. Im ersten Moment habe ich Euch in dieser – verzeiht – ein wenig merkwürdigen Kostümierung für Golizyn gehalten, aber das war ein Irrtum. Dieser Kamboto – wenn es ihn denn wirklich gibt – ist mir völlig unbekannt. Sollte seine Haut tatsächlich schwarz sein, wie Ihr behauptet, dann könnt Ihr höchstens Belials Logenbruder aus Amerika sein.«
    David war wie vom Donner gerührt. Bis zu diesem Augenblick hatte er in An Chung-gun

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