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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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mal ansehen?«
    »Natürlich, warum nicht?«
    Während Lorenzo alles für die Aufnahme des Agenturbetriebs im vorletzten Stockwerk der Gelben Festung vorbereitete und nebenbei die von Professor Choi Soo-wan und Indu Cullingham übersetzten Dokumente studierte, widmete sich David der Suche nach neuen Brüdern. In bekannter Manier beobachtete er die Menschen, verwickelte sie in Gespräche, prüfte ihre Wahrheitsliebe, sonderte viele aus und erwählte wenige für sein neues Unternehmen.
    Was David früher immer so schwer gefallen war, schien mit einem Mal wie von selbst zu gehen. Er wusste natürlich, wem er das zu verdanken hatte. Lorenzo beflügelte ihn. Insofern erwies sich der mysteriöse Text auf dem Kreuz-Ass – sofort reisen und später Eichmann fangen – als genau der richtige Rat. Lorenzo schien all das zu haben, was David fehlte, und war ihm dennoch so nah, dass ihre Bande mit jedem Tag fester wurden. Als David einmal eine dementsprechende Bemerkung machte, lächelte der Italiener nur und antwortete wie so oft mit einem Bibelwort: »Eisen wird durch Eisen geschärft. So schärft ein Mann das Angesicht seines Freundes.«
    Der eigentlich als Stippvisite geplante Aufenthalt in New York dehnte sich zu einem mehr als einjährigen Gastspiel aus. Davids Agentur Truth kam endlich auf Touren. Aber auch Belials Ränkeschmiede war nicht untätig. Pünktlich zum neuen Jahr 1959 jagte Fidel Castro den kubanischen Diktator Fulgencio Batista von der Insel. Allen proamerikanischen Beteuerungen der neuen Machthaber zum Trotz reagierte man in den USA verschnupft. Der geschasste Diktator hatte sich zu lange am Busen der großen Nachbarnation genährt.
    Nur wenig später erschütterte die Sowjetunion mit einer neuen technischen Pioniertat das seit dem Koreakrieg angeknackste amerikanische Selbstvertrauen. Was den Vereinigten Staaten selbst nach vier Fehlschlägen nicht gelungen war, schafften die Russen im Handumdrehen: Sie katapultierten ihre Raumsonde »Lunik« aus der Erdanziehungskraft geradewegs zum Mond. Im weiteren Verlauf des Jahres setzten Abel und Baker entschlossen zur Aufholjagd an. Eine echte Pioniertat war auch das nicht, denn die beiden amerikanischen Astronauten folgten nur der anderthalb Jahre alten Fährte ihrer sowjetischen Kollegin Laika. Die Verfolger waren übrigens Affen und die Kosmonautin eine Hündin.
    Manchmal kam auch David sich in seiner Hatz auf Eichmann wie der ewige Zweite vor. Warum zögerten seine israelischen Verbündeten nur so lange? Als er sich schon mit dem Gedanken an einen Alleingang trug, traf endlich die erlösende Nachricht von Zvi Aharoni ein: »Die Operation Eichmann hat begonnen.«
    Erst in der letzten Woche des Jahres 1959 war Fritz Bauer durch Vermittlung seines Kollegen Chaim Cohen eine Audienz bei Isser Harel gewährt worden. Wie es der Zufall so wollte, durfte auch Zvi Aharoni an der Besprechung teilnehmen. David hatte ganz bewusst seinen deutschen Freund Bauer und niemand anderen mit diesem Auftrag betraut. Der jüdische Jurist war eine beeindruckende Persönlichkeit. Selbst der diamantharte Mossad-Chef konnte sich Bauers Ausstrahlung nicht ganz entziehen. Schließlich gab Harel nicht nur grünes Licht für die Operation, sondern schickte ausgerechnet auch noch Zvi Aharoni nach Argentinien.
    Zvi war Verhörspezialist, aber kein »Außendienstler«. Solche Widersprüchlichkeiten sind dazu angetan, Historikern Grübelfalten auf die Stirn zu treiben, während der Eingeweihte nur huldvoll lächelt. Die Rolle des Wissenden besetzte in diesem Fall David.
    Am 1. März 1960 traf Zvi Aharoni auf dem Flughafen Ezeiza ein. David befand sich schon seit gut einem Monat in Buenos Aires. Ihre letzte Begegnung in Nürnberg lag bereits vierzehn Jahre zurück. Der neununddreißigjährige Israeli hatte noch dasselbe Lächeln. Er entsprach in keiner Hinsicht dem gängigen Klischee des Geheimagenten. Weder konnte er durch hohen Wuchs noch durch herkulischen Körperbau beeindrucken. Haare und Augenbrauen waren dunkel und dicht, die Nase kräftig, aber nicht dick, seine Kleidung geschäftsmäßig, jedoch nicht im Geringsten extravagant. Man konnte Zvi von seinem Aussehen her vielleicht für einen Maschinenschlosser, Busfahrer oder auch Bergbauingenieur halten. Ihn als einen der besten Männer des Mossad vorzustellen wäre wohl als platter Scherz verstanden worden.
    Nach der herzlichen, aber kurzen Begrüßung kam Zvi schnell zur Sache. »Was hast du in der Zwischenzeit herausbekommen?«
    David

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