Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund
Bösen beherrscht«, konstatiert Johannes in seinem ersten Brief, Kapitel 5, Vers 19 (Einheitsübersetzung). Nun ist Religiosität nicht jedermanns Sache. Thomas Carlyle glaubte, wenige Einzelne würden das Geschick der Massen beeinflussen. Manche tun es bis in die Gegenwart auf geradezu bestialische Weise. Joseph S. Nye jr. Direktor des Harvard Center for International Affairs, stellte kürzlich fest: »Der Nationalismus nimmt in den meisten Teilen der Welt zu, nicht ab. Statt eines globalen Dorfes gibt es über den Erdball verstreute Dörfer, die sich deutlich bewusst sind, dass es andere gibt. Das vergrößert wiederum die Möglichkeit eines Konflikts.« Weil sich aber nur wenige die Mühe machen, die anderen zu verstehen, lassen sie stattdessen ihren Befürchtungen freien Lauf. »Es gibt keinen Hass ohne Furcht… Wir hassen, was wir fürchten, und so wird, wo Hass ist, Furcht auf der Lauer liegen«, bemerkte der Literaturkritiker Cyril Connoly. Besteht der Kreis der Dämmerung also aus den Mitgliedern Nationalismus, Neid, übersteigertes Profitdenken, Machtgier und weiteren Übeltätern, angeführt von dem sich epidemisch ausbreitenden Fürsten Hass?
Die Spielwiese für Interpretationen ist also größer, als mancher gemeinhin glaubt. Welcher Blickwinkel mich auch zu meinen Metaphern verleitet hat – ich möchte hier, wie schon erwähnt, dem Urteil der Literaturkenner nicht vorgreifen –, man sollte anderen Sichtweisen wenigstens eine Chance einräumen. Es nicht zu tun, wäre engstirnig. Und es hieße, immer so weiterzumachen wie bisher. Keine sehr verlockende Aussicht.
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