Der Kreis der Sechs
Glenda hereingerauscht, bekleidet mit einem orangefarbenen Hosenanzug aus Wolle, der ihrer glatten brauen Haut schmeichelte. Phoebe schenkte ihr ein schnelles Lächeln. Sie hatten sich im Internat getroffen, zwei Schülerinnen mit Stipendien, beide Töchter von alleinerziehenden Müttern, die man zu Zimmergenossinnen gemacht hatte. Sie hatten vom ersten Tag an Freundschaft geschlossen. Obwohl Phoebe die allmähliche Entwicklung von Glendas wahnsinnigen Arbeitsfähigkeiten und ihrer Karriere beobachtet hatte, war sie immer noch stark beeindruckt von der Frau, zu der ihre Freundin geworden war.
»Tut mir leid, Fee«, sagte Glenda und ließ ihre Eins-achtzig-Statur in einen anderen Sessel fallen. »Sie hinauszubekommen war, als würde man Katzen anzutreiben. Willst du etwas essen?«
»Kaffee reicht mir, danke. Irgendwelche Neuigkeiten über Lily?«
»Unglücklicherweise nein – obwohl wir ein paar Infos über ihren Verbleib am Donnerstagabend zusammengestückelt haben. Wie viel weißt du über ihr Verschwinden?«
»Eigentlich nichts.«
Glenda ließ einen langen Seufzer hören. »Sie wurde zuletzt um acht herum am Donnerstagabend auf dem Campus gesehen«, sagte sie. »Sie erzählte ihrer Mitbewohnerin, dass sie zur Bibliothek wollte, und Leute erinnern sich, sie dort gesehen zu haben. Doch irgendwann verließ sie den Campus. Die Cops haben herausgefunden, dass sie in einer von diesen Bars, die ich verabscheue, am Ende der Bridge Street gelandet ist – Cat Tails. Der Barmann sagt, sie hatte zwei Biere und bezahlte die Rechnung so um zehn herum. Zwei Leute berichten, dass sie gesehen haben, wie sie die Bar verließ und in die Bridge Street eingebogen ist – aber sie hat es niemals zurück zum Wohnheim geschafft.«
»Warum hat die Mitbewohnerin so verdammt lange damit gewartet, es zu melden?«
»Lily hat eine Freundin namens Blair Usher, die eine Wohnung außerhalb des Campus auf der Ash Street hat. Als Lily zur Bibliothek aufbrach, erzählte sie ihrer Mitbewohnerin, dass sie dort vielleicht die Nacht über bleiben würde – das tat sie anscheinend manchmal. Die Mitbewohnerin war den größten Teil des Freitags nicht im Wohnheim, und als sie in das Zimmer zurückkehrte, gab es keine Anzeichen dafür, dass Lily jemals zurückgekommen war. Das war der Zeitpunkt, als die Mitbewohnerin anfing, sich Sorgen zu machen. Beim Abendessen in der Cafeteria machte sie sich auf die Suche nach Blair und fand heraus, dass Lily Donnerstagnacht gar nicht bei ihr gewesen war.«
»Ein Mädchen, das zuletzt gesehen wurde, wie es eine Bar verließ«, sagte Phoebe nüchtern. »Das ist eine Geschichte, die normalerweise nicht gut ausgeht.«
»Ich weiß. Und ihr Mobiltelefon ist seit dieser Nacht nicht mehr benutzt worden, also sieht es nicht so toll aus.« Glenda atmete aus. »Also, erzähl mir von deiner Unterhaltung mit ihr.«
Phoebe berichtete, was Lily gesagt hatte, wie sie die Dinge versaut hatte und dass sie neu anfangen – oder entkommen – wollte. Als Phoebe fertig war, lehnte sich Glenda in ihrem Sessel zurück und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Ihre Augen tanzten hin und her, während sie darüber grübelte, was sie gehört hatte.
»Du denkst, ich bin ein widerlicher Mensch, nicht wahr?«
»Was meinst du?«
»Weil ich nicht versucht habe, herauszufinden, was an ihr nagte.«
»Überhaupt nicht«, sagte Glenda. »Und du weißt, dass ich immer geradeheraus mit dir bin. Das Mädchen hat dich unvorbereitet fünf Minuten vor dem Unterricht erwischt, und du hast zu dem Zeitpunkt getan, was du konntest.«
»Ich weiß. Aber jetzt fühle ich mich schuldig. Und ich will einfach wissen, dass es ihr gut geht.«
»Diese Information ist hilfreich. Ich werde sie noch an diesem Morgen an die Cops weitergeben.«
Phoebe erinnerte sich an ein weiteres Detail. »Val Porter erzählte mir, dass Lilys Freund in diesem Frühjahr verschwunden ist. Denkst du, dass ihr Verschwinden mit seinem in Verbindung stehen könnte?«
»Sein Name ist Trevor Harris, und ja, ich habe mich dasselbe gefragt«, sagte Glenda. »Die Leute waren übrigens nicht so besorgt, als er letztes Jahr scheinbar verschwand. Er hatte anscheinend darüber gesprochen, einfach seine Sachen zu packen und nach Westen zu gehen. Er war kein besonders guter Student, und er ist mit seiner Familie nicht so super gut ausgekommen.«
»Vielleicht hat Lily von ihm gehört und ist losgefahren, um ihn irgendwo zu treffen.«
»Möglich. Obwohl sie ihrer Familie nahesteht, und
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