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Der Kreis der Sechs

Der Kreis der Sechs

Titel: Der Kreis der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate White
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Kerl. Sie war erleichtert, als sie die Spitze des Kirchturms durch die Bäume hindurch sah, die anzeigte, dass die Stadt Lyle gleich vor ihr lag. Ich bin wahrscheinlich einfach nur albern, dachte Phoebe, weil ich mich hier von meinen Großstadtängsten beeinflussen lasse.
    Als sie sich dem Park näherte, hörte sie vor sich plötzlich Geräusche – das Murmeln von Stimmen und auch das Brummen von laufenden Motoren. Neugierig geworden, beschleunigte sie ihr Tempo. Vom Radweg aus in den Park kommend, war sie verblüfft, einen Feuerwehrwagen, einen Krankenwagen und zwei Polizeiwagen zu sehen, die willkürlich entlang der Straße geparkt waren. Gelbes Polizeiabsperrband war benutzt worden, um einen großen Abschnitt des Parks, der dem Fluss am nächsten lag, abzusperren, und etwa dreißig Leute hatten sich daneben versammelt.
    Sie raste voran, ihr Rad klapperte. Sie konnte jetzt sehen, dass auf dem Fluss mehrere Boote auf und ab wippten, schwarze Zodiac-Schlauchboote, besetzt mit Polizisten und Männern in Tauchanzügen. Doch die Haupthandlung fand am Flussufer statt. Ein Boot hatte dort bereits angelegt, und Rettungssanitäter waren dabei, etwas herauszuheben. Oh Gott, dachte Phoebe. Sie hatten Lily Mack gefunden.

4
    Bitte lass es nicht sie sein, bat Phoebe lautlos. Ihr Rad beinahe vor sich her stoßend, folgte sie dem gelben Band, bis sie eine freie Stelle fand, von der aus sie besser sehen konnte. Wie auf drei hoben die Rettungssanitäter etwas aus dem Boot und auf eine schwarze Plane, die auf dem Boden lag. Es war eine Leiche, und die Menge schnappte einstimmig nach Luft. Phoebe konnte nur die untere Hälfte sehen, die in durchweichte Jeans gekleidet war.
    Einer der Sanitäter trat von der Leiche zurück, und plötzlich konnte Phoebe die obere Hälfte sehen. Ihr Herz taumelte. Das Gesicht wirkte aufgedunsen und war teilweise von Strähnen verfilzten blonden Haares bedeckt, aber Phoebe wusste, dass es Lily sein musste. Ein Fotograf fing an, sich um die Leiche herum zu bewegen und Fotos zu schießen.
    Phoebe musste Glenda anrufen, aber sie konnte ihre Augen kaum von der Szene abwenden. Sie schaute eine weitere Minute lang zu – bis die Cops und das medizinische Personal eine menschliche Barriere um die Leiche bildeten und so die Sicht blockierten. Sie lehnte ihr Rad gegen ihre Hüfte und klaubte schnell ihr Telefon aus der Jackentasche.
    »Ich habe es gerade gehört«, sage Glenda, nachdem Phoebe mit der Neuigkeit herausgeplatzt war. »Ich bin jetzt auf dem Weg dorthin. Ist die Leiche noch im Fluss?«
    »Nein, sie haben sie in diesen kleinen Park an der Brücke gebracht.«
    »Denkst du, es ist wirklich sie?«
    »Sie muss es sein. Ich kann das Gesicht nicht richtig sehen, aber sie hat langes blondes Haar.«
    »Ich werde in fünf Minuten da sein.«
    Phoebe wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der grauenvollen Szene im Park zu. Eine Frau mit einer schwarzen Tasche – höchstwahrscheinlich die Gerichtsmedizinerin – näherte sich der Leiche und hockte sich neben sie. Die Menge wuchs, und die Leute machten lange Hälse, um besser sehen zu können. Phoebe fühlte sich von einer überwältigenden Traurigkeit erfasst. Das kluge, hübsche Mädchen, das Schriftstellerin werden wollte und im Regen gewartet hatte, um mit ihr zu reden, war tot, ihr lebloser, aufgedunsener Körper lag vor einer Menge von Fremden ausgestellt. Jetzt würde es keinen neuen Anfang mehr geben.
    Während die Gerichtsmedizinerin sich mit der Leiche beschäftigte, rollten zwei Rettungssanitäter eine Rollliege in Richtung des Körpers und blieben wartend stehen. Phoebe fragte sich, wo Lilys Eltern waren. Es wäre furchtbar für sie, auf diese Szene zu stoßen.
    Phoebe blickte zurück zu den Leuten, die sich um sie versammelt hatten. Viele von ihnen schienen in den Wohnungen über den Läden und Bars auf der anderen Straßenseite oder in einem der alten Häuser zu wohnen, die sich vom Fluss erhoben. Da waren auch ein paar Leute in Joggingklamotten, die wie sie vom Pfad am Fluss gekommen sein mussten. Ganz am Rand der Menge standen vier Jungs in Jeans und herunterhängenden Sweatshirts, von denen Phoebe dachte, dass es Collegestudenten aus Lyle sein mussten. Zwei von ihnen sprachen lebhaft in ihre Mobiltelefone. Es würde nur Minuten dauern, dachte Phoebe, bis sich die Nachricht wie ein Lauffeuer auf dem ganzen Campus verbreitet hatte.
    Innerhalb der polizeilichen Absperrung liefen die Beamten meistenteils umher und unterhielten sich miteinander oder

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