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Der Kreis der Sechs

Der Kreis der Sechs

Titel: Der Kreis der Sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate White
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Morgen um sieben herum auf, und nach einem schnellen Frühstück lud sie ihr Fahrrad in den Kofferraum ihres Wagens. Sie fuhr durch die Stadt zu einem kleinen Park am Fluss, der sich zu beiden Seiten der alten Stahlbrücke am Anfang der Bridge Street erstreckte. Ein Radweg begann am nördlichen Ende des Parks und führte kilometerweit am Fluss entlang, und obwohl es in der Nähe der Stadt landschaftlich nicht so reizvoll war, hatte Phoebe weiter im Norden einige schöne, abgelegene Bereiche und mehrere beeindruckende Ausblicke über den schlammigen, braunen Winamac entdeckt. Ihre Fahrradtouren an den Wochenenden waren zu einem der wenigen Vergnügen geworden, die sie in Lyle gefunden hatte.
    Phoebe brachte ihren Wagen auf dem Parkplatz in der Nähe des Parks zum Stehen und zog ihr Rad aus dem Kofferraum. Laut dem Wetterbericht, den sie vorher konsultiert hatte, würde es den größten Teil des Tages bewölkt sein, aber im Augenblick tummelten sich nur ein paar vereinzelte Wolken am blauen Himmel.
    Während sie ihr Rad zu dem Pfad schob, blickte Phoebe sich in dem leeren Park mit seinen verwitterten Bänken und dem Kriegsdenkmal aus Granit um. Auf der anderen Straßenseite stand eine Reihe von schäbigen Gebäuden – ein alter Frisiersalon, eine Eisenwarenhandlung und die zwei schäbigen Bars im Kneipenstil, die Glenda so hasste. Eine war das Cat Tails, wo Lily Mack in der Nacht, in der sie verschwand, zum letzten Mal gesehen worden war.
    Phoebe bestieg ihr Rad und begann, in die Pedale zu treten. Sogar so früh an einem Sonntag begegneten ihr gewöhnlich andere Menschen – meist grauhaarige Spaziergänger und andere Radfahrer – aber heute schien sie den Pfad für sich alleine zu haben. Bald hatte sie eineinhalb Kilometer zurückgelegt und das Unwohlsein, das sie verspürt hatte, fing an, sich aufzulösen. Die Luft war frisch und kühl, duftete nach Wald und sie einzuatmen, war beinahe berauschend. Und die Bäume hier hatten leuchtende Farben – keine feurigen Rottöne, wie man sie an den Zuckerahornbäumen in ihrem Heimatstaat Massachusetts sah, sondern helle Gelb- und Orangetöne und Sienabraun. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten spürte sie ein Aufwallen von so etwas wie Freude.
    Nachdem sie etwa vierzig Minuten gefahren war, hielt sie an, um Wasser zu trinken. Sie befand sich jetzt auf einem der einsamsten Abschnitte des Radweges – dicht stehende Bäume lagen zwischen dem Weg und der zweispurigen Landstraße, die parallel dazu verlief –, und es war keine Seele in Sichtweite. Tatsächlich hatte sie auf ihrer Fahrt noch keine einzige Person getroffen. Plötzlich empfand sie die Abgeschiedenheit als beunruhigend. Ich werde nur noch ein bisschen weiterfahren, dachte sie, und dann umdrehen.
    Sobald sie wieder auf ihr Rad gestiegen war, tauchte zwischen einem Einschnitt in den Bäumen ein älteres Paar in Trainingsanzügen auf, das einen Husky Gassi führte. Beim Anblick der beiden entspannte Phoebe sich. Kurze Zeit später hörte sie Radfahrer hinter ihr herankommen, und bald flitzten drei Männer vorbei, die ganz in Lycra gekleidet waren. Okay, kein Grund zur Sorge, sagte sich Phoebe. Ein paar Minuten später näherte sich ihr ein Mann auf einem Rad, der aus der entgegengesetzten Richtung kam. Er war vermutlich um die vierzig und leger gekleidet, mit kurzen Sporthosen und einem T-Shirt. Während er an ihr vorbeifuhr, sah sie, wie er sie verstohlen musterte. Verschone mich, dachte sie.
    Plötzlich wurde die Luft kühler, und Phoebe blickte auf. Die versprochene Wolkendecke hatte endlich angefangen, sich über den Himmel auszubreiten, und dämpfte sofort die Farben der Blätter um sie herum. Es erschien ihr ein guter Zeitpunkt zu sein, umzudrehen. Statt anzuhalten, verlangsamte Phoebe lieber ihre Fahrt und vollführte eine Kehrtwendung auf dem Weg.
    Sie war nur eine kurze Strecke gefahren, als sie einen weiteren Radfahrer entdeckte, der von vorne auf sie zukam. Zu ihrer Überraschung war es derselbe Typ, an dem sie vor fünf Minuten vorbeigefahren war. Nachdem sie vorbeigeschossen war, drehte sie sich um; zur selben Zeit drehte er seinen Kopf zurück in ihre Richtung.
    Vielleicht fuhr der Kerl einfach nur dieselbe Route wieder zurück, wie sie es selbst jetzt tat. Vielleicht versuchte er, sie anzumachen. Wie auch immer, es gefiel ihr nicht. Sie fing an, schneller in die Pedale zu treten, ängstlich bemüht, zurück in die Stadt zu kommen. Sie warf wieder einen prüfenden Blick nach hinten. Da war keine Spur von dem

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