Der Kreis der Sechs
bezog. Und sie beschloss zu entkommen, indem sie sich ertränkte.« Sie erzählte Glenda davon, wie sie den Flyer mit der Zahl 6, die über Lilys Gesicht gekritzelt worden war, gefunden hatte.
Glenda seufzte laut. »Es wäre kaum das erste Mal, dass ein Student sich wegen Schikanen selbst umgebracht hat.« Ihre Stimme wurde hart. »Wenn die Sechsen wirklich Studenten quälen, müssen wir dem ein Ende bereiten. Wir müssen jedes erdenkliche Hilfsmittel einsetzen, das dem College zur Verfügung steht.«
»Was ist das für eine Sache mit dem Campuspolizisten?«, sagte Phoebe. »Du schienst ihm gegenüber ein wenig auf der Hut zu sein.«
»Craig Ball. Er ist ziemlich neu in der Spitzenposition, und bisher waren seine Leistungen gut – er ist in der Lage gewesen, effektiv auf das Drogenproblem auf dem Campus einzuwirken. Aber er steht ein bisschen zu gerne im Rampenlicht. Außerdem hortet er anscheinend gerne Informationen. Ich bin nicht hundertprozentig sicher, ob ich ihm vertrauen kann.«
»Ich hätte echte Probleme damit, jemandem zu vertrauen, der so orange aussieht«, sagte Phoebe. »Der Kerl sieht aus, als würde er anfangen zu rosten. «
Glenda spöttelte: »Ich denke, er geht regelmäßig in das örtliche Solarium. Und er scheint alle seine Urlaube in Miami Beach zu verbringen.«
»Wurde er während deiner Amtszeit eingestellt?«
»Ja, aber es war keine bewusste Entscheidung von mir. Als ich hierherkam, trug ein älterer Mann hier die Verantwortung – Hutch Hutchinson. Ein bisschen mürrisch, aber ein echtes Prachtstück. Craig, seine Nummer zwei, war vor einigen Jahren eingestellt worden. Wir haben hier obligatorische Pensionierung, aber wir hatten einen Weg gefunden, sie bei Hutch zu umgehen, weil er so gut in seinem Job war. Dann begann das, die Runde zu machen, und die Leute fingen an zu fragen, warum ich Favoriten hatte. Und bevor ich mich versah, schied Hutch spät im letzten Herbst aus, und wir hatten keinen zulässigen Grund, die Führungsposition nicht an Craig zu vergeben. Später wurde mir klar, dass Craig derjenige gewesen war, der die Sache mit Hutch in Bewegung gesetzt und dazu beigetragen hatte, ihn hinauszudrängen.«
»Das ist schade.« Phoebe konnte sich nicht vorstellen, mit welcher Art von Kopfzerbrechen bereitenden Angelegenheiten sich Glenda auseinandersetzen musste. »Also, was steht für heute als Nächstes bei dir an?«
»Eine Strategie für die Presse zu entwickeln. Und darüber nachzudenken, wie man die Studenten informieren sollte. Fühlt sich seltsam an, eine solche Nachricht als E-Mail zu versenden, doch so wird das im Allgemeinen heutzutage gehandhabt.« Sie hatten das Osttor erreicht, und Glenda deutete auf den Bürgersteig. »Lass mich einfach hier raus, okay? Ich will über den Campus gehen und den Puls fühlen.«
»Ruf mich an, wenn du irgendwas hörst«, sagte Phoebe, während Glenda aus dem Auto ausstieg. »Ich werde dasselbe tun.«
Sobald sie zu Hause war, rief Phoebe Stockton mit ihrem Mobiltelefon an. Sie fragte sich, ob er wieder versuchen würde, ihr Treffen abzublasen, indem er die neusten Nachrichten als Ausrede benutzte.
»Meine Güte, Sie hatten aber einen geschäftigen Morgen«, sagte er, sobald sie sich gemeldet hatte. »Glenda hat mich gerade aufgeklärt.«
»Ja, ziemlich grauenhaft«, gab Phoebe zu.
»Sie können mir mehr darüber erzählen, wenn wir uns heute treffen.«
Also blies er ihr Treffen doch nicht ab.
»Passt zwölf Uhr mittags immer noch?«, fragte sie.
»Ja, ich sehe Sie dann.«
Sie zog ihre Sportbekleidung aus und duschte. Während heißes Wasser über sie strömte, fand das Bild von Lilys Leiche seinen Weg in Phoebes Gehirn – die durchweichten Jeans, das lange, nasse Haar, das an dem aufgedunsenen Gesicht klebte. Und dann konnte sie Lily unter Wasser sehen, untergetaucht, in Panik. Mach das nicht, sagte sie sich selbst und kämpfte mit den Tränen. Konzentrier dich.
Dreißig Minuten später ging sie Richtung Campus. Berta’s befand sich östlich des Colleges, aber Phoebe wollte sich erst einen Eindruck von der Stimmung auf dem Campus verschaffen, genau wie Glenda es getan hatte. Als sie durch das westliche Tor ging, sah sie, dass die Lily-Flugblätter noch dort hingen – obwohl einige sich stellenweise gelöst hatten und nun verlassen im Wind flatterten.
Wie viele Leute wissen es inzwischen, fragte sich Phoebe. Auf dem Campus schien es belebter zuzugehen, als sie erwartet hatte. Gruppen von Studenten, in Jeans, Sweatshirts
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