Der Kreis der Sechs
durchsuchen – zumindest fürs Erste. Außerdem scheint er noch immer ziemlich daran interessiert zu sein, mit mir zu schlafen – obwohl er in letzter Zeit ein wenig distanzierter wirkt.«
»Vielleicht hat die schlechte Laune etwas mit mir zu tun«, sagte Phoebe.
»Mit dir? «, fragte Glenda verblüfft.
»Ja. Um ganz ehrlich zu sein, scheint er nicht sehr glücklich zu sein, mich hier zu haben.«
»Wie meinst du das?«
»Ich bekomme das Gefühl, dass er denkt, es wäre eine schlechte Idee von dir gewesen, mich hierher einzuladen. Dass es dir beruflich Kummer verursachen könnte. Wann hat all die schlechte Laune überhaupt angefangen?«
»Äh, vor etwa zwei Monaten, würde ich sagen. Um die Zeit, als das Semester anfing.«
»Um die Zeit, als ich ankam.«
»Aber ich kann einfach nicht…«
Es klopfte an der Tür, was sie beide dazu brachte, ihre Köpfe ruckartig in diese Richtung zu drehen. Glendas Assistentin steckte ihren Kopf herein.
»Die Leute für Ihr nächstes Meeting fangen an einzutreffen, Dr. Johns«, kündigte sie an.
»Sagen Sie ihnen, ich werde gleich da sein«, sagte Glenda. Sobald die Tür wieder geschlossen war, drehte sie sich wieder zu Phoebe um. »Fortsetzung folgt.«
Glenda rutschte vom Schreibtisch, umrundete ihn und holte eine Aktenmappe aus Papier, die in einer fernen Ecke ruhte. Sie reichte sie Phoebe.
»Hier ist eine Kopie von allem, was sich in Alexis Greys Akte befindet«, sagte sie. »Ich sollte das nicht mit dir teilen, also lass es niemanden sehen.«
»Verstehe.«
»Und, Fee? Danke nochmal für gestern Abend. Dafür, dass du verstehst, warum wir das unter Verschluss halten müssen.«
»Bist du besorgt wegen Ball? Du hast mir neulich gesagt, dass du ihm nicht völlig vertraust.«
»Ich muss immer noch ein Auge auf ihn halten, aber gestern Abend hatte ich eigentlich das Gefühl, dass wir an einem Strang ziehen.«
Als Phoebe Augenblicke später über den Campus ging, wurde ihr klar, dass sie immer noch kein Wort über Duncan zu Glenda gesagt hatte. Sie würde es das nächste Mal tun müssen.
Sobald ihr Elf-Uhr-Kurs vorbei war, hastete Phoebe nach Hause, um auf den Schlosser zu warten. Der stellte sich als um die zwanzig heraus, groß, mit dünnem, schwarzem Haar und einem Ärmel aus Tätowierungen auf seinem rechten Arm. Während er die Hintertür anbohrte, machte Phoebe einen Gang durch das Haus und überprüfte, ob niemand an diesem Morgen hereingeschlichen war, aber alles schien in Ordnung zu sein.
Nachdem der Schlosser gegangen war, machte sich Phoebe ein spätes Mittagessen und zündete eine Kerze mit Sandelholzduft an. Das Schloss der Hintertür in Ordnung bringen zu lassen, hatte dafür gesorgt, dass all das schlimme Zeug von letzter Nacht wieder auf sie einstürmte, wodurch Phoebe sich erneut hibbelig fühlte, und sie wollte etwas, das ihr half, sich zu entspannen. Erst vor einer oder zwei Wochen hatte sie angefangen, sich in Herbs winzigem Haus endlich heimisch zu fühlen, aber jetzt war ihr, als würden die Wände sie bedrängen.
Mit dem Sandwich in der Hand machte sie es sich in ihrem Büro bequem und öffnete die Aktenmappe, die Glenda ihr übergeben hatte. Es waren insgesamt um die zehn Seiten – Alexis Bewerbung in Lyle, ihre Studiennachweise und Notizen, die Tom Stockton über ihre Nacht in der Notaufnahme gemacht hatte. Sie breitete den Inhalt auf ihrem Schreibtisch aus. Was Phoebe brauchte, war ein Vorwand, der ihr erlauben würde, Alexis Familie Informationen über ihren jetzigen Aufenthaltsort zu entlocken, und der Inhalt würde sie hoffentlich zu einem inspirieren.
Als sie begann, die Seiten durchzulesen, spürte Phoebe das komische Kribbeln, das so oft auftrat, wenn sie in die Recherche eintauchte. Sie war gut darin, Leute zu befragen, das wusste sie – gut darin, zu bohren und zuzuhören und die Wahrheit aus dem Geschwätz und den Lügen herauszufiltern –, aber genauso sehr, vielleicht sogar noch mehr, liebte sie die Recherche. Sie nannte das »Sherlocken«. Sie durchforstete alte Briefe und Papiere oder endlose Seiten mit Informationen im Web nach dem winzigen Goldstück, das ihr eine geheime Tür öffnen würde.
Alexis hatte vom Collegeausschuss nur durchschnittliche Noten bekommen, aber sie hatte sich in der Highschool ihre Sporen verdient, hatte nicht nur mit lauter Einsen und Zweien abgeschlossen, sondern sich auch in einer Reihe von außerschulischen Aktivitäten den Hintern abgearbeitet: Basketball, Tennis, Schülervertretung,
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