Der Kreis der Sechs
Phoebe nahm die Couch, da sie dachte, dass Hutch für sich selbst den großen Lederlehnstuhl bevorzugen würde. Sie konnte praktisch die Form seines Körpers darin erkennen. Auf dem Couchtisch vor ihr stand ein Tablett mit einer Kaffeekanne aus Glas, Bechern, Zucker und Milch. Phoebe goss sich einen Becher ein.
»Sie machen einen klasse Kaffee«, sagte Phoebe, nachdem sie einen kräftigen Schluck genommen hatte.
»Unglücklicherweise ist das so ungefähr mein einziges Verkaufsargument als Junggeselle«, sagte Hutch. »Das, und die Tatsache, dass ich noch alle meine Haare habe.«
»Nun, diese Dinge stehen auf der Liste vieler Frauen ganz oben.«
»Gut zu wissen«, sagte Hutch und lächelte herzlich. Die Haut um seine Augen legte sich in Knitterfältchen. »Ich will nicht zu viel von Ihrer Zeit in Anspruch nehmen, da ich weiß, dass Sie sich auf den Weg machen wollen.«
»Das ist in Ordnung. Ich hatte kürzlich eine grauenvolle Erfahrung mit den Sechsen, also ist es mir wichtig, zu hören, was Sie zu sagen haben.« Sie erzählte ihm von den Ratten.
»Gottverdammt«, sagte Hutch und schüttelte angewidert den Kopf. »Verzeihen Sie meine Ausdrucksweise, aber das macht mich einfach wütend. Bei uns ist niemals etwas so Schlimmes wie das passiert, aber nachdem Sie mir von der Gruppe erzählt hatten, dachte ich zurück, und mir fiel etwas ein. Da war ein Vorfall, der bedeutsam sein könnte.«
Phoebe beugte sich erwartungsvoll vor.
»Erzählen Sie es mir.«
»Weil Sie sagten, dass die Sechsen eine Gruppe von Mädchen sind, versuchte ich erst, an Sachen zu denken, an denen Studentinnen beteiligt waren«, erklärte Hutch. »Normalerweise machen sie hier nicht viel Ärger – oh, manchmal betrinken sie sich und kotzen sich voll, und einmal dachte ich, ich würde einen Schlauch brauchen, um einen Zickenkampf zwischen ein paar von ihnen zu beenden.«
»Wegen eines Kerls?«, fragte Phoebe.
Hutch lächelte. »Ja. Und ich bin mir sicher, dass er es wahrscheinlich nicht wert war. Aber ich konnte mich an nichts erinnern, bei dem direkt eine Gruppe von Studentinnen beteiligt gewesen war. Mädchen stehen einfach nicht so auf Streiche wie Jungs.«
Er nahm einen großen Schluck von seinem eigenen Kaffee und stellte den Becher auf den dicken Holztisch.
»Doch dann«, sagte er, »kam mir etwas in den Sinn, als ich gestern Abend nach dem Abendbrot mit den Hunden draußen war. Anfang Herbst letzten Jahres, bevor mir meine Entlassungspapiere ausgehändigt wurden, wurde innerhalb weniger Tage bei einem Haufen Jungs ein großes schwarzes Kreuz auf ihren Zimmertüren im Wohnheim gefunden. Sie waren alle schnell dabei, es zu melden, denn wenn die Schule denkt, dass sie ihr Zimmer selbst beschädigt haben, müssen sie die Reparaturkosten aus eigener Tasche bezahlen. Ich habe einen meiner Stellvertreter rausgeschickt, um das zu untersuchen. Die Jungs behaupteten, dass sie keine Ahnung hätten, wer dafür verantwortlich war.
»Nun, wie Sie vermutlich herausgefunden haben«, fuhr er fort, »verpetzen Kids einander nicht gern. Aber ich habe schließlich selber mit einigen der Jungs gesprochen, und ich bekam das Gefühl, dass sie wirklic h keine Ahnung hatten, wer verantwortlich war. Gestern Abend habe ich meine Notizen aus der Zeit ausgegraben. Sehen Sie, ich habe im Laufe der Jahre meine eigenen Aufzeichnungen gemacht, zusätzlich zu dem, was wir im Hauptquartier in den Akten hatten. Und raten Sie mal.«
»Was?«, fragte Phoebe. Sie spürte, dass Hutch die Sache ein wenig ausdehnte, da er es genoss, in ihrer Gesellschaft zu sein und ihre Aufmerksamkeit zu haben.
»Insgesamt waren sechs Türen angemalt worden.«
Eine weitere »Unterschrift« der Gruppe, dachte Phoebe. Doch was bedeutete sie? »Gab es irgendeine Verbindung zwischen den Jungen?«, fragte sie. »Waren Sie zum Beispiel in demselben Sportteam?«
»Nein, es gab keine offensichtliche Verbindung. Interessant jedoch war, dass die Türen sich in drei verschiedenen Wohnheimen befanden, was anzudeuten schien, dass es nicht bloß ein Zufall war – dass die Jungen irgendwie zu einer Zielgruppe gemacht wurden.«
»Das ist gruselig«, sagte Phoebe. »Eine Zielgruppe für was, denken Sie?«
»Weiß nicht«, sagte Hutch, aber Phoebe spürte, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Er nahm einen weiteren großen Schluck von seinem Becher.
»Benutzen die Leute noch das Wort Streber? «, fragte er.
Phoebe lachte ein wenig. »Ich denke schon. Warum?«
»Wie gesagt, ich habe selbst mit
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