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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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Sarazenen, Juden oder Christen«, fuhr Robin fort, »aber ich verdanke es Euch und Eurer Einmischung – und dem König, der seine Zahlungsversprechen nicht hält –, dass ich inzwischen Schulden bei der Hälfte aller Geldverleiher in Europa und im Vorderen Orient habe. Ich brauche Geld, und Ihr …« Robin zögerte, schluckte und sagte dann leise: »Ihr steht mir im Weg. Das ist alles.«
    Sir Richard starrte meinen Herrn an. »Das ist alles? Ihr habt zwanzig gute Männer getötet, anständige, aufrechte Ritter, um ein wenig Geldes willen? Und Ihr sagt: Das ist alles? Gott wird Euch für die Untaten bestrafen, die Ihr heute begangen habt«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich überlasse Euch Eurem Gewissen und Gottes Gericht.« Und dann sah ich, wie er zu beten begann und leise die vertrauten Worte murmelte:
Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum …
    »Ihr habt mein Gesicht gesehen, Sir Richard. Ich kann Euch nicht am Leben lassen. Geht zu Eurem Gott. Ich hoffe, er wird Euch mit offenen Armen empfangen. John …« Er nickte Little John zu, und ich sah mit Entsetzen, dass dieser einen langen, blanken Dolch in der Hand hielt.
    Die darauffolgenden Augenblicke sind bis in alle Ewigkeit in mein Gedächtnis eingebrannt. Die Waffe in Johns Hand glänzte, als sie einen letzten Sonnenstrahl einfing. Dann fuhr seine Hand schnell von links nach rechts und beendete jäh Sir Richards Gebet. Und ich war wie versteinert. In dieser grässlichen Dämmerung sah ich Sir Richard fallen. Das heiße Blut quoll in einem dichten Schwall hervor, rann unter den weißen Wappenrock und bildete eine Pfütze im Wüstensand. Plötzlich löste sich meine Starre. Ich schrie »Nein!« und stürzte mich auf John. Es war zu spät, doch ich musste einfach protestieren. Ich schrie John an, brüllte zusammenhangloses Zeug und wandte mich angewidert ab, als auch die anderen beiden Ritter vor meinen Augen starben. Dann drehte ich mich wieder um und beschimpfte Robin wie ein Wahnsinniger. Ich weinte und heulte, schüttelte die Fäuste und verfluchte ihn als abscheulichen, ehrlosen Mörder, als gottverdammten Hundesohn.
    Durch meine geifernde Tobsucht hörte ich Robin gelassen sagen: »Bring ihn zum Schweigen, John, sei so gut.« Etwas Hartes traf mich auf den Hinterkopf, und danach weiß ich nichts mehr.
     
    Wieder einmal erwachte ich im lichtdurchfluteten Schlafsaal im Quartier der Johanniter. Doch diesmal war keine Nur bei mir, keine zarte weiße Hand auf meiner fiebrigen Stirn, kein kühler Trunk, serviert von einem dunkelhaarigen Engel. Stattdessen erblickte ich William, unscheinbar und besorgt, der mir einen großen Krug Bier hinhielt. Es war ein Sprung darin.
    Vorsichtig befühlte ich meinen Kopf. Ich fand eine Beule von der Größe eines Hühnereies auf meinem Hinterhaupt, und hinter meinen Augen stachen Schmerzen wie von einem glühenden Schürhaken. Doch offenbar hatten meine Freunde mich immerhin nach Akkon zurückgebracht. Mein Körper war schweißnass, und mir war eiskalt. Ich nahm den Humpen und leerte ihn in einem Zug. Dann zog ich die rauhen Decken fester um mich und versuchte, mein Zittern zu unterdrücken.
    »Wo ist Nur?«, fragte ich meinen ängstlich dreinblickenden Knappen.
    »Ach, Herr«, sagte er. »Ach, Herr, ich w-w-weiß es nicht. Ich habe sie seit drei Ta-Ta-Tagen nicht gesehen, seit Ihr Euch mit Robin auf den Weg gemacht habt. Im Qua-Qua-Quartier der Frauen ist sie nicht. Elise hat sie auch nicht gesehen. Wir glauben, sie könnte vielleicht weggelaufen sein, nach Ha-Ha-Hause in ihr Dorf.«
    »Ich liege seit drei Tagen hier? Und so lange ist Nur schon verschwunden?« Mir schwirrte der Kopf von dieser Neuigkeit. Ich konnte nicht glauben, dass sie mich verlassen würde, ohne ein Wort zu sagen. Eine schreckliche Furcht kroch in meine Gedanken.
    »Ja, Herr. Ihr habt fü-fürchterlich geflucht, über Blut und Sünde und Go-Gottes Gericht. Ihr habt schreckliche Dinge gesagt, Herr, ü-über den Grafen.«
    Selbst durch das Fieber und die verdammten Kopfschmerzen fühlte ich die Panik wie eine Flut in mir aufsteigen, und meine Seele füllte sich mit grausiger Angst um Nur. Mein Grauen hatte einen Namen: Sir Richard Malbête. Ich rang mit der Angst, die Bestie könnte Nur in ihre widerlichen Klauen bekommen haben, und ich kam nicht dagegen an.
    »Wo sind die anderen alle?«, fragte ich, denn mir war aufgefallen, dass der Schlafsaal fast leer war. Es waren nicht einmal dienende Johanniter-Brüder da.
    »Alle wo-wo-wollen die

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