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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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fragte: »John, was tun wir wirklich hier?«
    »Wir befolgen Befehle, wie es sich für treue Soldaten gehört«, antwortete er und führte den Wetzstein weiter in rhythmischen Strichen sanft an den gerundeten Klingen seiner Waffe entlang.
    »Im Ernst, John, bitte sag es mir. Was tun wir hier? Was haben wir vor?«
    »Du siehst nicht gut aus, Junge. Fehlt dir etwas?«
    »Mir geht es gut«, log ich. »Sag mir, was uns erwartet.«
    Er seufzte. »Bei Gottes käsigen Eiern, spiel dich nicht so hochheilig auf, Alan. Wir tun das, was wir in der guten alten Zeit im Sherwood immer getan haben. Wir werden einen Tross reicher Kaufleute anhalten und sie ausrauben. Siehst du die Kundschafter da oben?«
    Ich schaute hinüber zu der Anhöhe östlich von uns. Dort konnte ich zwei menschliche Gestalten ausmachen, die direkt hinter der Kuppe flach auf der sandfarbenen Erde lagen. »Ich sehe sie«, bestätigte ich.
    »Sie halten Ausschau nach der Karawane«, erklärte John. »Wenn sie kommt, gehen wir hier hinauf, spicken sie mit Pfeilen, stürmen auf der anderen Seite den Hügel hinunter und töten jeden, der uns Widerstand leistet. Kurz gesagt, wir überfallen sie aus dem Hinterhalt. Wir rauben sie aus und erteilen ihnen eine Lektion.« Er sah mich mit seinem alten, unbekümmerten, kampfeslustigen Grinsen an. »Das ist Robins Vorhaben, und wir als seine Getreuen werden seine Befehle ausführen. Manche Leute würden vielleicht von einem Raubüberfall sprechen, oder von Wegelagerei. Ich nenne das ein einträgliches Tagwerk! Jedenfalls, Alan, darfst du niemandem ein Sterbenswörtchen davon sagen. Niemals. Hast du verstanden?«
    Ich starrte ihn an. Ich kannte die Regeln von Robins Bande. Schweigen war eine der wichtigsten. Ich war drauf und dran, etwas über die christlichen Gebote, Richtig und Falsch, Gut und Böse zu sagen, doch plötzlich drehte sich die Welt um mich. Meine Lider flatterten, ich hatte das Gefühl, zu fallen und zu fallen, und alles wurde schwarz.
    Als ich zu mir kam, fand ich mich wie ein Kleinkind in meinen Umhang gewickelt unter einer ausladenden Zeder. Offensichtlich war mein Fieber wieder aufgeflammt, und ich war zu schwach, um mich zu rühren. Ich übergab mich einmal heftig und fühlte mich danach noch schlechter. Dann schlief ich wieder ein. Als ich aufwachte, stand die Sonne tief über dem Meer im Westen. Im Süden konnte ich mit Mühe eine feine Staubwolke ausmachen.
    Die Männer bekamen irgendein Signal. So leise wie möglich bespannten die Schützen ihre Bögen, die Übrigen bestiegen ihre Pferde, und alle nahmen ihre Positionen auf dieser Seite der Hügelkuppe ein. Robin hatte darauf bestanden, dass jeder sein schwarzes Seidentuch vor dem Gesicht trug. Ich hatte etwa zwei Stunden in der Nachmittagshitze geschlafen, und obwohl man in meinem Zustand nicht von mir erwartete, dass ich in den Kampf zog, wollte ich ihn zumindest sehen. Also rappelte ich mich unsicher hoch und kletterte mit bleischweren Beinen langsam die Flanke hinauf bis kurz hinter den Hügelkamm. Mir war schwindelig, mein Magen rebellierte, doch ich schaffte es und warf mich auf den heißen, sandigen Fels.
    Ich drückte mich unmittelbar hinter dem Hügelkamm flach auf den Boden und konnte durch einen Schleier aus Staub und Hitze die Karawane kommen sehen. Es waren ungefähr vierzig Tiere, die sich in ihrem eigenartig schwankenden Gang langsam fortbewegten. Jedes war beladen mit zwei großen Bündeln, die zu beiden Seiten der Höcker festgebunden waren. Der Reiter saß davor, fast auf dem Hals des Tieres, und trieb es mit einem langen Stab voran. Die Kamele waren aneinandergebunden, eins hinter dem anderen, und neben diesem langen Zug von Lasttieren ritt eine einzelne Reihe Bewaffneter. Es waren vielleicht zwanzig Mann auf Schlachtrössern, mächtigen, gut ausgebildeten Pferden. Die Männer waren schwer bewaffnet mit Lanze und Schild – und trugen, wie ich mit Schrecken feststellte, weiße Waffenröcke mit einem roten Kreuz darauf. Es war eine Abteilung Tempelritter. Wir würden gegen unsere Freunde und Verbündeten in den Kampf ziehen, gegen die armen Ritter Christi, deren edle Pflicht es war, Reisende und Kaufleute auf den gefährlichen Straßen des Heiligen Landes zu beschützen.
    Mir wurde entsetzlich übel und schwindelig, und das lag nicht nur am Fieber. Ich stand auf der falschen Seite. Diese Reiter waren heilige Ritter, die im Namen Gottes die Schwachen beschützten. Meine Freunde und Mitstreiter waren Diebe, die unschuldige Menschen

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