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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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ermorden und berauben wollten. Mein Blick verschwamm, mir wurde schwarz vor Augen, und ich musste einen Moment lang den Kopf zwischen den Armen bergen, um wieder zu mir zu kommen.
    Als ich aufblickte, war die Karawane nur noch fünfzig Schritt entfernt. Sollte ich sie warnen? Die Templer ritten in eine Falle. Aber was war mit meiner Treue gegenüber Robin und meinen Freunden? Ehe ich einen Entschluss fassen konnte, wurde mir die Entscheidung abgenommen. Weit links von mir hörte ich Robin schreien: »Auf!«, und zwanzig Bogenschützen erschienen wie aus dem Boden geschossen auf dem Hügelkamm. Sie zogen Pfeile aus ihren Köchern an der Hüfte und legten sie ein. »Halten …«, befahl Robin. »Zielt auf die Reiter, wir wollen nur die Reiter … Und Schuss!«
    Ein Geräusch wie von einem vorbeiziehenden Vogelschwarm war zu hören, und schon fuhr die erste Salve in die Reihe der Tempelritter wie eine Sturmböe in trockenes Schilf. Die Eschenschäfte klapperten auf Schilden und Rüstungen, ein paar stählerne Pfeilspitzen durchschlugen Kettenpanzer und drangen tief in Rumpf oder Oberschenkel ein, in Eingeweide und Lungen. Schmerzensschreie erhoben sich, Blut spritzte, getroffene Pferde wieherten schrill und bäumten sich auf. Die Kamele gerieten in Panik und stürmten blindlings voran, auf uns zu.
    »Spannen … und Schuss!«, schrie Robin, und wieder prasselten die grauen Schäfte auf die weißen Waffenröcke der Reiter unter uns herab. Ein halbes Dutzend Sättel waren nun leer, doch diese Ritter gehörten zu den besten Kämpfern der Christenheit. Jemand brüllte Kommandos, und rasch kehrte in dem Chaos aus buckelnden Pferden und fluchenden, blutbespritzten Männern wieder eine gewisse Ordnung ein. Die Ritter formierten sich zu einer Linie und stellten sich den Bogenschützen entgegen, die als Silhouetten über dem Hügelkamm aufragten. Sie hoben die Schilde, legten die Lanzen ein und setzten sich in Bewegung – nur um von einer neuen, verheerenden Salve getroffen zu werden, die eine weitere Handvoll Sättel leerte. Nun hatten kaum noch zehn Templer ihre Tiere im Griff und donnerten in einer lückenhaften Linie auf unseren Bergrücken zu. Die Hufe der Schlachtrösser ließen die Erde beben. Doch die Bogenschützen hielten stand und schossen nun nach Belieben, aber schnell und mit tödlicher Genauigkeit. Ich sah, wie der führende Ritter nach hinten geschleudert wurde von einem Pfeil, der ihm bis zu den Federn in die Brust fuhr. Ein anderer Mann wurde wie von einer Lawine dem Boden entgegengewälzt und unter einer halben Tonne toten Fleisches begraben, nachdem sein Pferd von drei Pfeilen nacheinander in den Hals getroffen worden war. Einen dritten heftete ein Pfeil durch den Oberschenkel an seinen Sattel, und als sein Pferd sich umdrehte, sah ich, wie ihm ein weiterer Pfeil an der gleichen Stelle durch den anderen Oberschenkel fuhr. Und dann griff unsere eigene Kavallerie an.
    Sie kamen seitlich um die Hügelkuppe herum. Zwanzig harte Reiter, zwölf Fuß lange Lanzen im Anschlag, preschten gegen die Flanke der zerrissenen, ausgedünnten Linie der Tempelritter. Es war das klassische Kavallerie-Manöver, bekannt als
à la traverse.
Und es riss die Ritter auseinander. Die langen Lanzen durchschlugen Kettenhemden, die Spitzen bohrten sich in das Fleisch darunter. Die Templer starben, aufgespießt wie Hasenbraten oder niedergemäht von den wirbelnden Schwertern unserer Reiter, die kehrtmachten und in einem zweiten Angriff auf die bereits verletzten Ritter eindroschen. Ein blutbespritzter Templer ohne Lanze, nur noch das Schwert in der Hand, war den todbringenden Lanzen unserer Reiter ausgewichen und hielt weiter auf die Reihe der Bogenschützen auf dem Bergrücken zu. Er kam auf zwanzig Fuß an sie heran, ehe eine Handvoll Pfeile ihn zugleich in Brust und Bauch trafen und ihn, den trotzigen Schlachtruf auf den Lippen, aus dieser sündigen Welt rissen.
    Mit Tränen in den Augen und einem Kloß der Scham in der Kehle sah ich zu, wie diese tapferen Männer starben. Ich schaffte es, auf die Füße zu kommen – ich weiß selbst nicht, warum ich aufstand, denn ich konnte gar nichts tun. Dennoch schleppte ich mich zu meinem Herrn hinüber. Aus der Nähe hörte ich, wie er unseren Reitern befahl, die Karawane zu verfolgen und zum Stehen zu bringen, ehe die Kamele panisch ins Meer galoppierten. Und dann beschimpfte ich Robin, ich schrie »Mörder, Mörder!«, und Tränen strömten mir über die Wangen. »Ihr habt sie

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