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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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Hol’s der Heiland, das wird allmählich verdammt langweilig.« Little Johns blasphemische Worte holten mich mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück. Und eigenartigerweise wirkten sie auch tröstlich. Ich hatte schon oft an der Seite dieser Männer gekämpft und gesiegt. Ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, dass irgendjemand Little John töten könnte, oder Robin. Ich blickte nach rechts und sah den Earl of Locksley auf seinem Pferd sitzen, so ungerührt, als ginge es zu einem Picknick. Er summte vor sich hin, wie so oft vor einer Schlacht. Sein Helm hing am Sattelknauf, ein leises Lächeln umspielte seine Lippen, er spielte gedankenverloren mit einer langen Adlerfeder und bewunderte hin und wieder den Glanz der Sonne auf dem lebendigen Braun. Er musste meinen Blick gespürt haben, denn plötzlich schaute er zu mir herüber und lächelte halb. Ich wandte mich rasch ab, denn es war mir peinlich, dass er mich dabei ertappt hatte, wie ich ihn angaffte.
Vergiss nicht: Das unschuldige Blut von Sir Richard at Lea klebt an seinen Händen,
ermahnte ich mich, furchtbar wütend auf mich selbst.
    Ein Bote kam die Linie entlanggeritten, ein Trouvère, den ich nicht besonders gut kannte. Er hielt immer wieder an und besprach sich mit den Kommandanten der einzelnen Divisionen, und bald drang die Nachricht bis zu uns: Wir würden weiterziehen. Es würde heute keine Schlacht geben. Mein feiges Herz machte einen kleinen Freudensprung. Ein Aufschub. Wenn die Sarazenen nicht kämpfen wollten, nun, dann würden wir eben einfach weiter gen Jaffa marschieren, keine fünfzehn Meilen mehr von uns entfernt. Während sich die Nachricht verbreitete, schien sich die ganze Kolonne zu erheben, sich zu recken und zu schütteln wie ein großer, langer Hund, ein Wolfshund vielleicht, der vor dem Feuer gedöst hat. Geschäftigkeit machte sich in den Reihen breit, Befehle wurden gebrüllt, abgesessene Reiter schwangen sich wieder in den Sattel, und Fußsoldaten, die sich hingesetzt hatten, standen auf und schulterten ihre Waffen. Die ganze Truppe machte sich bereit zum Abmarsch. Trompeten schmetterten, Pfiffe schrillten, Offiziere schrien ihre Männer an, und der ganze gewaltige Zug setzte sich schwerfällig in Bewegung. Schon wateten die ersten Abteilungen platschend durch den breiten, flachen Fluss, der die Ebene im Süden begrenzte. Es würde keine Schlacht geben, wir waren auf dem Weg nach Jaffa.
    In diesem Augenblick erklangen die feindlichen Trommeln, ein tiefer, wummernder Lärm, der den Brustkorb vibrieren und die Beine zittern ließ. Unirdische Hörner kreischten, Beckenschläge schrillten, Messinggongs wurden geschlagen. Ich hörte fernen Jubel, und eine Welle der Bewegung lief durch die feindlichen Linien. Einen Augenblick lang schien die ganze christliche Armee innezuhalten. Ich kam mir vor, als hätte ich lange mit einem Fremden in einem kleinen Raum gesessen, ohne dass einer von uns ein Wort sprach, und als ich gerade aufgestanden war, um diese verdrießliche Gesellschaft zu beenden, redete er mich plötzlich an. Sie erwischten uns auf dem völlig falschen Fuß. Während wir noch zauderten, donnerten ihre Trommeln, ihre Trompeten schmetterten, und eine gewaltige Masse türkischer Reiter an der rechten Flanke des Feindes, nun gegenüber den Johannitern unserer dritten Division, löste sich von der Linie und bewegte sich langsam auf uns zu. Wir waren nur etwa eine Viertelmeile weit vorangekommen, als der Angriff begann, doch niemand gab den Befehl zum Halten, also marschierten einige unserer Männer weiter, und andere blieben stehen. Plötzlich war die Katastrophe geschehen – in der gesamten Kolonne taten sich Lücken zwischen jenen auf, die weitergingen, und denen, die stehen geblieben waren, um sich dem Feind zu stellen. Männer fluchten und stolperten und prallten gegen ihren Vordermann oder wurden von hinten angerempelt. Die königlichen Boten, Herolde und Trouvères jagten die Kolonne entlang und brüllten uns zu, wir sollten anhalten und die Linie schließen. Drängende Trompetenstöße unterstrichen ihre Botschaft. Und auf dieses Chaos – eine auf dem Marsch auseinandergezogene Armee, die versuchte, es sich anders zu überlegen – donnerten tausend bestens ausgebildete türkische Reiter zu, die Bögen in Händen, heidnische Bosheit im Herzen.
    Die feindliche Reiterei hielt direkt auf unsere äußerste linke Flanke zu – den Tross, geschützt von den Johannitern. Wie ein flinker Schwarm Spatzen, doch mit dem

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