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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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erhob auch ich meinen Schild und duckte mich dahinter.
    Die Wurfspeere waren viel schwerer als die wenigen Pfeile, welche die türkischen Reiter auf uns hatten abschießen können. Sie prallten mit solcher Wucht auf die starken Rundschilde, dass unsere Spießträger ein paar Schritte rückwärtstaumelten und eine Lücke in der Linie entstand, bis jeder Mann das Gleichgewicht wiedergefunden hatte und an seinen Platz im Wall zurückgekehrt war. Ein Schild, in dem ein solcher Speer stecken blieb, wurde unhandlich und ließ sich nicht mehr präzise führen. Ich sah, wie ein Spießträger von einem Speer direkt ins Gesicht getroffen wurde und tot zu Boden fiel. Zugleich fing sein rechter Nachbar zwei Speere mit dem Schild ab, doch da er links keinen Halt mehr hatte, brachte der doppelte Einschlag ihn aus dem Gleichgewicht. Er wurde nach hinten geschleudert und hinterließ eine zwei Mann breite Lücke im Schildwall – auf die ein mutiger Berber sogleich sein Pferd zuspringen ließ. Er stach mit der Lanze nach einem Bogenschützen, der gerade noch ausweichen konnte, und stieß ein schrilles, herausforderndes Geheul aus – es klang, als kreischte ein Kind aus voller Kehle ein schnelles »La-la-la-la-la«. Dann hatte er die Linie unserer Kavallerie vor sich und griff sie an.
    Sir James de Brus reagierte als Erster. Er trat seinem Pferd die Fersen in die Seiten, und es sprengte ein paar Sätze auf den Berber zu. Mit dem Schild wehrte er den tödlichen Lanzenstoß seines Gegners ab, stieß dann selbst zu und rammte dem Berberreiter seine Lanze von schräg unten ins Kinn bis hinauf in den Schädel. Der Mann kippte nach hinten, Blut schoss aus dem klaffenden Loch in seinem Hals, und Sir James zog die blutige Lanzenspitze aus dem schlaff hin- und herbaumelnden Kopf des Mannes, stieß den Toten aus dem Sattel und trieb sein Pferd bis zum Schildwall voran, um die Lücke mit dessen breiter Brust zu füllen. Überall in der Linie taten sich unter dem tödlichen Beschuss Löcher auf, doch Little John schien überall zugleich zu sein. Seine Größe und die langen Arme erlaubten ihm, seine gewaltige, zweischneidige Streitaxt mit vernichtender Wirkung gegen berittene Gegner einzusetzen. Er stieß und zerrte Spießträger zurück in die Linie, befahl ihnen brüllend, die Linie zu schließen, und wo immer ein Berber den Wall zu durchbrechen drohte, zerschmetterte er dessen Lanze mit seiner Axt. Er fällte sämtliche Pferde und Reiter, die in seine Reichweite kamen, wie ein wahnsinniger Förster und schwang die mächtige Waffe, als wiege sie nicht mehr als ein Küchenbeil. Unsere Bogenschützen waren unterdessen nicht untätig geblieben. Sie wussten, dass ihr Leben davon abhing, die Berber nicht durch den Schildwall dringen zu lassen. Die weiß gewandeten Lanzenreiter ritten inzwischen dicht gedrängt davor auf und ab, suchten nach einer Lücke im Wall und schleuderten ihre Wurfspeere mit furchtbarer Zielsicherheit. Die Bogenschützen wichen Speeren und Lanzenstößen aus, hielten aber dennoch einen steten Strom zischender Pfeile aufrecht. Oft schossen sie aus nicht mehr als einem Dutzend Schritt Entfernung, so dass ihre Pfeile die Körper der Berber glatt durchstießen und manchmal sogar noch einen Mann oder ein Tier dahinter trafen. Pfeile und Speere schwirrten durch die Luft, und der Reiter unmittelbar hinter mir stieß plötzlich einen lauten Schrei aus und kippte im Sattel nach hinten, einen Wurfspeer in der Schulter. Ich wandte mich um und sah, dass es Will Scarlet war. Sein Gesicht war kalkweiß, der Blick starr, Blut strömte über seinen Kettenpanzer, und er glitt wortlos aus dem Sattel. Ich biss die Zähne zusammen und wandte mich wieder dem Feind zu. Wir hatten strengen Befehl, nicht aus der Linie auszuscheren – auch nicht, um verwundeten Kameraden zu helfen. Ein Speer pfiff über meinen Kopf hinweg, und ich duckte mich tiefer hinter meinen schützenden Schild und wagte kaum mehr, über den Rand zu spähen …
    Und plötzlich war es vorbei. Die überlebenden Berber ritten davon und hinterließen wahre Haufen von stinkenden Leichen und zuckenden Verwundeten. Wir hatten ihren Angriff mit knapper Not überstanden, und Ghost und ich hatten uns während dieses verzweifelten Kampfes keinen Schritt von der Stelle gerührt.
    Die überlebenden Bogenschützen zogen ihre Schwerter und schoben sich zwischen den Schilden hindurch, um den verwundeten Berbern und Türken die Kehlen aufzuschlitzen und die Toten zu plündern. Ich blickte

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