Der Kreuzfahrer
mich an – tanzender Feuerschein spiegelte sich in seinen Augen – und wartete darauf, dass ich etwas sagte. Ich fragte mich, ob er wusste, dass Robin in York seine Tochter im Stich gelassen hatte, und ob das etwas an seiner guten Meinung von diesem »großen Mann« ändern würde. Vielleicht hatte er im Gegensatz zu mir nicht gesehen, wie Robin diese schreckliche Wahl getroffen hatte. Wahrscheinlich nicht, vermutete ich. Doch irgendetwas hielt mich davon ab, ihm die Wahrheit über Ruths Tod zu erzählen. Stattdessen sagte ich langsam und deutlich: »Ich habe keine Ahnung, wer Robin zu töten versucht.«
Ich log. Ich war mir beinahe sicher, wer der Schuldige war. Nur wusste ich nicht, weshalb er meinen Herrn ermorden wollte. Und ein Teil von mir fragte sich, ob ich ihn eigentlich noch daran hindern sollte.
Kapitel 18
S aladin hatte sein Schlachtfeld gut gewählt: Die weite, sanft ansteigende Wiese mit ihrem kurzen Gras war wie von Gott eigens für Reiterkrieger geschaffen. Natürlich wählte er die höhergelegene Seite im Osten, die am weitesten vom Meer entfernt war. Als wir von Norden her aus einem Waldstück auf die weite Ebene von Arsuf kamen, sah ich die gesamte Streitmacht der Sarazenen gegen uns aufgestellt – einen breiten, leicht verschwommenen Streifen in Braun und Weiß, fast eine Meile breit. Es war schwer, sich nicht von ihrer schieren Anzahl einschüchtern zu lassen. Reihe auf Reihe türkischer Reiterkrieger erwarteten uns auf ihren kleinen, drahtigen Pferden. Grüne und schwarze Banner flatterten über ihren Köpfen, viele tausend Helme glänzten in der klaren Luft, die Bögen steckten griffbereit an den Sätteln, während ihre Pferde mit gesenkten Köpfen Gras rupften. Die Mitte der feindlichen Linie bildeten die riesigen Pferde der Berber, deren Reiter die Köpfe mit weißen Tüchern gegen die Hitze schützten. Ihre langen, scharfen Lanzen schimmerten in der Morgensonne. Hier und da sah ich Abteilungen von Fußsoldaten mit großen Schwertern und kleinen, runden Schilden. Diese merkwürdigen, halbnackten, dunkelhäutigen Männer kamen aus dem tiefsten Süden von Ägypten, hatte man mir erklärt – muskelbepackte, brutal wirkende Kerle mit Haut von der Farbe alter Eichenbalken und leuchtend weißen Zähnen. Es hieß, sie könnten mit einem einzigen Satz über ein Pferd hinwegspringen, fühlten keinen Schmerz und tränken das Blut ihrer Feinde aus Schalen, die aus menschlichen Schädeln gefertigt waren.
Unsere Späher hatten uns die Sarazenenarmee gemeldet, ehe wir aus dem Wald vorrückten, und Richard hatte der gesamten Streitmacht klare Befehle erteilt. Wir sollten nah beieinanderbleiben, alle Divisionen im engen Verband, die Reihen so dicht, dass man keinen Apfel zwischen den Männern hindurchwerfen könnte, und darauf warten, dass sie uns attackierten. Wir sollten eisern stehen bleiben und nicht eher angreifen, bis der König das Signal dazu gab. Diesen Befehl wiederholte er mehrmals. Wir sollten ihrem Ansturm standhalten, bis der richtige Zeitpunkt gekommen war, um dann auf das Zeichen des Königs hin zum Angriff überzugehen: zwei Trompetenstöße von der ersten Division, zwei von der zweiten und zwei von der dritten. Robin hatte zusätzliche Pfeile an unsere Bogenschützen ausgegeben, beinahe der letzte Rest des Vorrats, den wir aus England mitgebracht hatten. Dann vergewisserte er sich, dass alle die Befehle des Königs genau verstanden hatten.
Als wir an jenem frühen Septembermorgen aus dem Wald ritten, führte der König mit seinen Dienstmannen und zweihundert weißgekleideten Rittern des Templerordens die Vorhut an. Nach ihnen kamen die Krieger aus dem großen Angevinischen Reich und aus Aquitanien, dann die Normannen und wir Engländer. Ich blickte zu dem großen rot-grünen Drachenbanner von Wessex auf, das der König persönlich im Morgengrauen dem Schutz von Robins Mannen anvertraut hatte. Es war seltsam, zwischen all diesem normannischen Gepränge ein sächsisches Symbol zu sehen, doch unsere Männer waren stolz auf die Auszeichnung, zu seinen Hütern bestimmt zu werden. Sie marschierten umso aufrechter, da wir nun das Banner trugen, unter dem unser Volk seit König Alfreds Zeiten so tapfer gekämpft hatte.
Uns folgten die Flamen unter James of Avesnes, den seine Männer als großen Helden verehrten, und dann die französischen Ritter. Seit dem katastrophalen ersten Tag unseres Feldzugs hatten sie etwas von ihrem alten Schneid zurückgewonnen, und sie wirkten ausgesprochen
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