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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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wiedergutzumachen und obendrein Ralph Murdacs Stolz empfindlich zu verletzen.
    »Wie heißt du, Junge?«, fragte ich.
    »William, Herr«, antwortete er.
    »Und du gehörst hier zum Gesinde«, fuhr ich fort.
    »Ja, Herr. Ich arbeite in der Küche – aber an Festtagen darf ich manchmal in der großen Halle servieren.«
    »Willst du wirklich Robert of Locksley dienen?«, fragte ich.
    »Ja, Herr, und ich werde ihm ein sehr guter Diener sein. Ich werde ihm dienen, wie es ein solcher Mann verdient. Das schwöre ich bei Unserer Lieben Frau Maria, Mutter Gottes.«
    »Wenn du in Robins Dienst treten willst, musst du zuerst mir dienen. Bist du dazu bereit? Und später, in wenigen Monaten, erlaubt mein Herr dir vielleicht, sich seinem großen Kreuzzug ins Heilige Land anzuschließen. Dieses Privileg garantiert dir die Erlösung und die Vergebung all deiner Sünden. Würde dir das gefallen?«
    Der Junge nickte mit solchem Feuereifer, dass ich fürchtete, er könnte sich das Genick brechen.
    »Aber, William, hör gut zu, das ist sehr wichtig: Du darfst keiner Seele verraten, dass du meinem Herrn Locksley dienst, bis die Zeit gekommen ist, das Schloss zu verlassen und zu deinem Herrn zu ziehen. Kannst du das?«
    »Ja, Herr. Ich bin neu hier auf Nottingham und ganz allein auf der Welt. Ich habe keine Familie und keine Freunde, mit denen ich reden könnte.« Er schlug die Augen nieder. »Mein Vater wurde g-grausam ermordet, Herr, von Dieben, und meine Mutter ist bald danach vor Gram gestorben.« Er schniefte ein wenig; der arme Junge tat mir leid. Ich wusste, wie es war, niemanden zu haben.
    »Dennoch wirst du vielleicht darauf brennen, jemandem zu erzählen, dass du insgeheim dem berühmten Robin Hood dienst. Dieser Drang ist ganz natürlich. Aber denke daran, wenn du irgendjemandem von deiner neuen Anstellung erzählst, wirst du nie sein Diener werden. Hast du verstanden?«
    »Ja, Herr.«
    »Eine Sache noch: Betrachte dies als Prüfung deiner Treue zu Robin. Als Beweis dafür, dass du ihm wahrhaftig und treu ergeben bist.«
    »Sagt mir nur, was ich tun soll, Herr, und ich tue es. Alles.«
    »Es gibt da einen sehr kostbaren Edelstein, der rechtmäßig Robins Gemahlin Marie-Anne gehört. Aber Sir Ralph Murdac hat ihn gestohlen. Er trägt diesen Edelstein Tag für Tag um den Hals – hast du ihn schon einmal gesehen? Es handelt sich um einen großen roten Rubin. Du sollst mir helfen, ihn seiner rechtmäßigen Eigentümerin zurückzubringen.«
    Beim Gedanken an einen so dreisten Raub zuckte er nicht einmal mit der Wimper, sondern erklärte sich sofort einverstanden, mit ebenso heftigem Nicken wie zuvor. Und da wusste ich, dass er gut zu Robins Männern passen würde. Also legte ich William einen Arm um die Schultern und erklärte ihm leise, was wir tun würden, und wie.
     
    Ich blieb noch zwei weitere Tage in Nottingham, aber nicht auf der Burg. Ich hätte es nicht ertragen, mich dort aufzuhalten, wo Prinz John mich kommen lassen könnte, um sich an musikalisch untermalter Demütigung zu ergötzen. Stattdessen kam ich bei meinem alten Freund Albert unter, einem Kumpan aus jenen Tagen, da ich als rotznasiger kleiner Dieb reichen Kaufleuten den Beutel vom Gürtel schnitt und das Gedränge auf dem Markt dazu nutzte, mich unerkannt davonzumachen. Albert war jetzt ein ehrlicher Mann, und verheiratet. Er wohnte in einer Kate mit nur einem Raum im armseligsten der alten Viertel von Nottingham. Dennoch fragte er gar nicht nach meinen Plänen. Er wusste, dass ich nichts Gutes im Schilde führte, doch er war bereit, mich in seinem Haus aufzunehmen, um der alten Freundschaft willen – und wegen des Silberpennys, den ich ihm in Aussicht stellte.
    Am Morgen des zweiten Tages suchte William mich bei Albert auf und berichtete mir, dass Sir Ralph Murdac in der Straße der Goldschmiede im nördlichen Teil der Stadt Ringe anschaute.
    »Aber er ist nicht allein, Herr«, setzte William mit besorgter Miene hinzu. »Er hat zwei Wachen bei sich.«
    »Um die mache ich mir keine Gedanken«, entgegnete ich wahrheitsgemäß. »Trägt er den Rubin?«
    »Ja, Herr, an der goldenen Kette, wie immer.«
    Ich grinste. »Dann wollen wir zu ihm gehen!«
    William und ich schoben uns recht unsanft durch das Gedränge auf dem Marktplatz und fanden uns bald am Ende der Goldschmiede-Gasse wieder. Damit Murdac und seine Männer uns nicht erkannten, hatte William sich das Gesicht mit Matsch beschmiert und trug die Kapuze tief über die Stirn gezogen. Ich war gekleidet

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