Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem
sich deshalb so schnell ins Verderben gebracht hatten. Jetzt litten sie ewige Höllenqualen. Er konnte verstehen, dass sie sich gekränkt gefühlt hatten, denn die Aneignung von Strandgut war ihr uraltes Recht als Küstenbewohner gewesen. Es musste ihnen deshalb schwerfallen, mit anzusehen, wie ausländische Mönche ihnen jetzt diese Einkommensquelle nahmen. Außerdem waren sie betrunken gewesen. Mochte Arn auch nicht viel über den Rausch wissen, so glaubte er doch zu verstehen, dass ein Betrunkener seine Verantwortung nicht richtig zu erkennen vermochte.
Arn konnte jedoch nicht begreifen, weshalb Bruder Guilbert so gehandelt hatte. Die Männer, die angegriffen hatten, waren doch Fischer gewesen, die nichts von den Waffen wussten, die sie in den Händen hielten. Bruder Guilbert hätte sie ihnen ohne Weiteres abnehmen und sie anschließend in die Flucht schlagen können. Wahre Nächstenliebe musste doch wohl bedeuten, dass man versuchte, die Dummheiten seines Nächsten nach Möglichkeit zu verhüten.
Arn hatte davor zurückgeschreckt, die Frage mit Bruder Guilbert selbst zu diskutieren. Er besprach das Problem jedoch mit Pater Henri, indem er bekannte, immer noch für die Seelen der hingerichteten Räuber zu beten. Pater Henri hatte nichts dagegen einzuwenden, denn darin lag nichts Verwerfliches, wie er erklärte.
»Besorgniserregender finde ich hingegen«, fuhr er fort, »dass du dir offenbar nicht klargemacht hast, warum Bruder Guilbert unmöglich zu Gewalt greifen konnte. Der Ordensbruder, der einen anderen Menschen tötet, ist verloren. Du sollst nicht töten - das ist ein Gebot, bei dem es keine Kompromisse gibt.«
Arn wandte ein, die Heilige Schrift sei trotzdem voller Gebote, die einfach unerfüllbar seien. Als Pater Henri fragend die Augenbrauen hob, präzisierte er:
»Wenn ich zum Beispiel daran denke, dass es Bruder Guy le Breton bisher nicht gelungen ist, die Dänen dazu zu bringen, Muscheln zu essen. Draußen im Fjord ist die Muschelzucht schnell in Gang gekommen, nachdem Bruder Guy in die Vitae Schola gekommen ist. Bisher hat es aber nur dazu geführt, dass die Brüder selbst Muscheln schlemmen, die mal auf diese, mal auf jene merkwürdige Weise zubereitet werden. Die Dänen, die an den Ufern des Limfjord wohnen, handeln nach der biblischen Vorschrift:
›Was aber weder Flossen noch Schuppen hat, sollt ihr nicht essen; denn es ist euch unrein.‹«
Pater Henri entgegnete: »Allerdings besteht ein großer Unterschied zwischen kleineren Verboten dieser Art und ernst gemeinten. In der Heiligen Schrift gibt es sogar Gebote, die geradezu lächerlich sind - dass man etwa nicht die Haare auf eine bestimmte Weise schneiden darf, wenn man einen Verstorbenen betrauert. Solche Dinge sind unerfüllbar und manchmal unchristlich streng.
Wichtig aber ist, wie man die Heilige Schrift zu verstehen lernt. Die Richtschnur dabei ist natürlich der Herr Jesus, er hat uns durch sein Vorbild gezeigt, wie wir den Text zu verstehen haben. Kurz, zu töten gehört zu dem, was am allerstrengsten verboten ist.«
Doch Arn ließ nicht locker. Er betonte jetzt mit der Logik der Argumentation, wie sie ihm Pater Henri höchstpersönlich eingetrichtert hatte, dass ein Brief genauso töten konnte wie ein Schwert.
»Da du an König Valdemar geschrieben hast, Pater Henri, hast du die Räuber töten lassen, denn diese Konsequenz war im selben Augenblick unausweichlich, in dem der König den Brief von der Vitae Schola erhielt.
Man kann nämlich auch durch Unterlassung töten, wenn man keine Gewalt anwendet. Wenn Bruder Guilbert zwei oder drei der Räuber zu Boden geschlagen hätte, hätte er doch nur eine vergleichsweise kleine Sünde begangen?«
Es erstaunte Arn jetzt, dass Pater Henri ihn nicht unterbrach und zurechtwies, sondern die Hand stattdessen kreisförmig bewegte zum Zeichen, dass er mit seiner Darlegung fortfahren solle.
»Wenn Bruder Guilbert also eine kleine Sünde begangen hätte, für die er ohne Schwierigkeit hätte büßen können,
wenn er also ein paar Räuber verprügelt und somit die anderen in die Flucht gejagt hätte, dann hätte das ein gutes Ergebnis zur Folge haben können. Die Räuber wären von ihrem Diebstahl abgehalten worden, und man hätte sie nicht gehenkt. Ihre Kinder wären nicht vaterlos geworden und ihre Frauen keine Witwen. Wenn man bei dieser Gleichung jetzt das Für und Wider abwägt, könnte man doch zu der Ansicht kommen, dass Bruder Guilbert durch Anwendung von Gewalt gute Absichten
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