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Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem

Titel: Der Kreuzritter - Aufbruch - Vägen till Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
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beurteilen konnte, Arn vollkommen fremd, denn er hegte nur Bewunderung für diejenigen Brüder, die mehr konnten als er selbst, und war grenzenlos dankbar dafür, dass er von ihnen lernen durfte. Und Gleichgültigkeit - wie fremd musste dieser Begriff einem Knaben erscheinen, der ständig vor Eifer erbebte, möglichst schnell zur nächsten Arbeit des Tages oder zu den Lesestunden überzugehen!

    Blieb möglicherweise die Unzucht, obwohl Arn eine etwas übertriebene Vorstellung von der Sündhaftigkeit kleiner Jungen bei der Selbstbefleckung zu haben schien, aber dabei eine ebenso übertriebene Immunität gegen diesbezügliche Ermahnungen. Pater Henri erinnerte sich mit einiger Ironie, wie Arn in einer seiner reuevollen Stunden den Stimmbruch, »die Strafe Gottes«, mit entsetzlichen Sünden in Verbindung gebracht hatte. Welche in seinem Fall dann recht monoton gewesen wären. Pater Henri fiel auch wieder ein, wie der Knabe gebeten hatte, gegen viel Buße seine Stimme behalten zu dürfen. Zugleich bat er, der Herr möge ihm den Juckreiz ersparen, der es so schwer machte, von der Sünde abzulassen.
    Darauf hatte Pater Henri zu seinem eigenen Erstaunen über das Problem gescherzt, indem er versicherte, es gebe gewiss eine einfache Methode, sowohl die helle Stimme sicherzustellen als auch diesen Juckreiz loszuwerden, aber dieses Heilmittel sei wohl eher nicht zu empfehlen.
    Arn hatte nicht verstanden, worauf er anspielte, und damit saß Pater Henri in der Klemme. Er versuchte zu erklären, dass man Knaben im Kloster aus vielen Gründen nicht kastrierte, auch wenn sie bezaubernd sangen, und dass der Stimmbruch schließlich und endlich keine Sünde sei, sondern zu Gottes natürlicher Ordnung gehörte.
    Pater Henri war jedoch immer noch davon überzeugt, dass Gott mit dem jungen Arn tatsächlich etwas Bestimmtes vorhatte. Und dass es seine, Pater Henris, Schuldigkeit war, bis zu dem Zeitpunkt, an dem Gott seine Absicht zu erkennen gab, Arn auf die künftige Berufung vorzubereiten. Pater Henri hatte sich bemüht, sein Bestes zu geben, doch jetzt zeigte sich, dass dieses Beste dennoch
nicht genügte. Früher oder später musste Arn lernen, wie Gottes weniger schöne Welt in Wahrheit aussah, diese Welt da draußen extra muros . Sonst würde er auch als erwachsener Mann noch so unschuldig bleiben wie ein Kind und später möglicherweise zu einem unvernünftigen Mann werden. Und das konnte nicht Gottes Wille sein.

    Als die Herbststürme gegen die Küste Jütlands brandeten, war Erntezeit. Wracks zu ernten war zwar etwas, was die Menschen in den Fischerdörfern an der langen sandigen Küste als ihr uraltes Recht betrachteten, doch König Valdemar hatte ihnen allen inzwischen verboten, Strandgut an sich zu nehmen, nur den Mönchen von VitskYl nicht. Der König war zu dem Schluss gekommen, dass er mit dieser Entscheidung mehrere Vögel mit einem Pfeil abschoss. Strandgut zu ernten, war keine ungefährliche Angelegenheit, weil derjenige, der einen guten Fund gemacht hatte, oft erlebte, dass ein anderer, der nur wenig später gekommen war, der Ansicht war, dass man teilen sollte. Oder es führte dazu, dass Bauern und Fischer einander gegenseitig totschlugen und der Reichtum, den die Götter des Meeres den Menschen schenkten, dann verlorenging.
    Doch nun, da die Mönche diese Wrackernte als Privileg mit königlichem Siegel erhalten hatten, sollten die Dinge in eine bessere Ordnung gebracht werden. Die Mönche schienen weit besser als alle anderen zu wissen, was geerntet wurde, und achteten darauf, dass alles richtig genutzt wurde. Daher sollten die Mönche die Gaben des Meeres bergen, in einen guten Zustand versetzen und anschließend weiterverkaufen. Somit konnte es durchaus
den Anschein haben, als wäre das Dekret des Königs eine gute Neuerung.
    Doch nicht alle Menschen an der Küste fanden es richtig, einfach die Sitten und Gebräuche aufzugeben, die man seit alters her pflegte. Manche sagten, die Mönche machten sich wie ein Schwarm ägyptischer Heuschrecken über jedes Wrack her, das sie fanden. Sie trugen alles, was sie fanden, zu ihrer Vitae Schola; zertrümmerte Schiffsplanken wurden zu Brenn- oder Bauholz, ganze Masten oder Beplankungen verwendeten sie beim Bau eigener Boote, Wolle ging in die eigenen Spinnereien, Saatgut auf die Felder. Roggen und Weizen wurden verkauft, Felle und Leder wurden in den Lederwerkstätten verarbeitet, das Stabeisen in den Schmieden, die Takelage auf den Baugerüsten, Schmuck und Kostbarkeiten

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