Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
»Wenn Könige ihre Macht von Gott erhalten, dann müssen sie auch von Gott zurechtgewiesen werden können. Sonst hätten wir wohl recht rasch die Hölle auf Erden.«
»Lasst uns jetzt zusammen für den Erfolg unserer gemeinsamen Sache beten, Herzog Birgerus, und lasst uns auch Gott dafür danken, dass er uns beide zusammengeführt hat. Denn wir werden mit unseren Verhandlungen nicht viel Mühe haben«, sagte der Kardinal, ließ sich auf die Knie sinken und forderte Birger mit der Hand auf, es ihm gleichzutun.
Birger gehorchte nach kurzem Zögern, obwohl er lieber das Gespräch fortgesetzt hätte, als Gott um etwas zu bitten, was in seinen eigenen Verantwortungsbereich fiel. Mit diesem Kardinal würde er sich leicht verständigen können, solange ihnen nur die Anwesenheit einfältiger Kleriker erspart blieb. Wenn die Männer der Kirche doch nur alle so scharfsinnig wären wie Vilhelmus Sabinensis, dann sähe die Welt ganz anders aus, dachte Birger, ehe er etwas heuchlerisch die Hände faltete und die Augen schloss.
Birgers positive Erwartungen, die Verhandlungen mit dem Kardinal betreffend, wurden bereits in der ersten Woche voll und ganz erfüllt. Was genau der Kardinal zu den Vertretern des Klerus während der langen Sitzungen in der Klosterkirche sagte, konnte er nur ahnen, doch ganz sicher bediente er sich einer ganz anderen Sprache als jener, die er Birger gegenüber benutzt hatte.
Sie trafen sich täglich für ein summarum der Angelegenheiten des Tages, und zwar abwechselnd im Kapitelsaal des Klosters, in dem sie vorsichtig nur feierliche Phrasen
austauschten, und in Birgers Handelshaus am anderen Ende der Stadt, in dem sie sich unumwunden auf eine Art unterhielten, die Birger bei einem Mann der Kirche nie für möglich gehalten hätte.
Kardinal Vilhelm besaß eine Liste der Dinge, die er durchzusetzen gedachte, und war mit wenigen und geringfügigen Ausnahmen bei den Gottesmännern des Landes auf harten Widerstand gestoßen. Der Kardinal wollte das Zölibat einführen, Kinderscharen auf jedem Pfarrhof sollte es nicht mehr geben. Bischöfe sollten nur noch von der Kirche ernannt werden dürfen. Dafür musste jedoch in jedem Stift ein Domkapitel eingerichtet werden. Der Besitz der Geistlichen sollte nach ihrem Tod der Kirche und nicht ihren Erben zufallen. Jedes Bischofsstift sollte sich innerhalb eines Jahres die Dekretalien zulegen, die Gesetzessammlung der Kirche.
Allein der letzte Punkt stieß auf Zustimmung, in allen anderen Fragen begegnete ihm sturer und hartnäckiger Widerstand. In Augenblicken der Resignation verspürte er den Drang, die gesamte verlorene schwedische Kirche zu exkommunizieren, das Land zu verlassen und nie mehr dorthin zurückzukehren.
Er fand es nachvollziehbar, dass die Priester die Neuordnung des Zölibats ablehnten, da sie sich dann von ihren Familien trennen müssten, was für viele ein großes Opfer bedeutet hätte. Aber dass sie ebenso stur den Vorschlag ablehnten, dass die Bischöfe von der Kirche und nicht wie bislang vom König ernannt werden sollten, fand er vollkommen unbegreiflich. Dafür hatte Birger jedoch eine einfache Erklärung. Er bat den Kardinal übertrieben freundlich, fast spöttisch darum, sich in Erinnerung zu rufen, dass alle ehrwürdigen Bischöfe, denen er bislang zu seinem vielleicht nicht ganz ungetrübten Vergnügen begegnet
war, vom König ernannt worden seien. Es sei doch wohl naheliegend, dass sie dieses System für das Beste hielten? Insbesondere, da vielen von ihnen diese Würde nie zuteilgeworden wäre, wenn das Gesetz der Kirche gegolten hätte.
So einfach war das also. Sie hatten bloß ihre eigenen Interessen im Blick, und das stimmte nur zu gut mit Birgers düsterer Sicht der Kleriker überein, die Kardinal Vilhelm vollkommen fremd war.
Für Vilhelm von Sabina stellte sich die Frage, in welchem Ausmaß er seine Macht geltend machen sollte. Ein Zuviel würde zu einem Aufstand führen, und Rom würde die gesamte schwedische Kirche verlieren. Ein Zuwenig würde das Fortbestehen der nordischen Barbarei ermöglichen. Inwiefern konnte die weltliche Macht dazu beitragen, die Kirche aus dieser Zwickmühle zu befreien?
Dies war eine Aufgabe ganz nach Birgers Geschmack. Erst bat er den Kardinal, ihm die Conditio sine qua non zu nennen, die grundlegende Bedingung, an der festgehalten werden müsse, selbst wenn alles andere misslänge.
Diese bestehe, erfuhr er, im Zölibat, was Birger enttäuschte, denn er hatte gehofft, dass dem Kardinal das
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