Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
Pergament wäre für uns alle drei gefährlich, wenn es in falsche Hände geriete«, erwiderte er schließlich. »Ein heiliger Eid bindet uns genauso sicher an unsere Abmachung, kann aber nie in unrechte Hände gelangen.«
»Und auch nicht in die rechten Hände!«, erwiderte Ingrid Ylva. »Auf Euer Wort gebe ich nicht viel, Erzbischof. Das sage ich Euch aber nur, weil wir drei hier allein sitzen. Wären Eure Männer noch hier, hätte ich auf diese Aufrichtigkeit natürlich verzichtet. Daher verlangen Ulvhilde und ich jetzt, dass dieser Vertrag niedergeschrieben und besiegelt wird.«
»Und was habt Ihr für einen Nutzen von einem schriftlichen Vertrag? Das verstehe ich nicht«, sagte der Erzbischof
unschlüssig. »Ihr verratet Eure Folkunger-Verwandten, Ihr hintergeht Eure eigenen Söhne und ihre Verwandten unter den Erikern. Solche geschriebenen Worte wären für Euch ebenso gefährlich wie für mich, warum sollen wir uns also dieser Gefahr aussetzen?«
»Weil sich niemand auf Euer Wort und nicht einmal auf Euren Eid verlässt«, antwortete Ulvhilde. »Wir sind durchaus Eurer Meinung, dass diese geschriebenen Worte nie jemand anderem als uns oder Eurem Kanzler zur Kenntnis gelangen dürfen, denn er muss schreiben, da Ihr des Schreibens, wie wir uns haben sagen lassen, nicht mächtig seid. Aber wenn jetzt alles so verläuft, wie Ihr es geplant habt, wird Johan Sverkersson König, allerdings ein schwacher König, den viele in ihrer Hand haben, nicht zuletzt Ihr selbst. Ihr haltet Euer Wort, und unsere Söhne erhalten das, worauf wir uns geeinigt haben. Wer den schriftlichen Vertrag besitzt, kann ihn dann verbrennen lassen, und niemandem ist ein Schaden entstanden.«
»Aber wenn es aus Gründen, die nur Gott kennen kann, anders ausgeht als vereinbart?«, fragte Valerius mit listiger Miene.
»Dann habt Ihr nicht nur uns beide betrogen«, fuhr Ulvhilde fort. »Dann habt Ihr einen königlichen Rat ohne die Macht der Folkunger, vielleicht sitzen dort dann nur Kleriker und Sverker, die keinen Einfluss besitzen und ebenfalls nach Eurer Pfeife tanzen müssen. Unsere Verwandten unter den Folkungern würden sicher einen Vorwand suchen, Euch mit Lanze und Schwert zu verfolgen. Dann zeigen wir ihnen Eure Versprechungen und Euer Siegel. Gegen wen werden sie dann wohl ihren Zorn und ihre Lanzenspitzen richten? Gegen zwei Witwen, die aus Unverstand ihre Söhne begünstigen wollten, oder gegen
einen Erzbischof, der sein Wort gebrochen hat? Jetzt versteht Ihr vielleicht besser, warum wir es schriftlich brauchen.«
Ihre Worte waren hart, aber ihre Stimme klang hell und sanft. Valerius stellte zu seinem Erstaunen fest, wie sich gute Laune statt Raserei und Jähzorn in ihm ausbreitete. Er hatte nie eine sonderlich hohe Meinung von Frauenzimmern gehabt. Er hatte auch nicht geglaubt, dass er einmal gezwungen sein würde, mit ihnen zu verhandeln, als besäße das, was sie zu sagen hatten, wirklich Gewicht. Das, was jetzt geschehen war, glich wirklich einem göttlichen Wunder.
Gott hatte diesen Spatzenhirnen seinen Geist eingehaucht, und beide sprachen mit so viel Verstand, dass Männer ihre Worte nicht besser hätten wählen können. Damit wollte Gott zeigen, dass er seinem sündhaften und geringen Diener vergeben hatte, dass er in das Herz seines Dieners geschaut und dort gesehen hatte, welche edlen Motive hinter bestimmten Taten steckten, die in den Augen törichter Menschen nur schwer zu vergeben waren. Gott hatte seinem unbedeutenden Erzbischof Valerius sein lächelndes Antlitz gezeigt und ihm so zu verstehen gegeben, dass die Vergebung seiner Sünden nahe bevorstand. Valerius konnte damit rechnen, nach seinem irdischen Tode bald zu seiner Rechten zu sitzen. Diese göttliche Botschaft war nicht misszuverstehen, und er musste sie bis ins Kleinste befolgen.
»Ich segne Euch beide für Eure Klugheit und Nachdenklichkeit«, sagte er fast zu Tränen gerührt. »Ich segne Euch und vergebe Euch Eure Sünden. Wir wollen sofort alles tun, was Ihr wünscht! Aber anschließend können wir doch wohl noch in Freundschaft speisen wie bei einem ganz normalen Besuch eines Erzbischofs?«
Zum ersten Mal schienen die beiden Witwen etwas aus der Fassung zu geraten. Sie tauschten einen kurzen, fragenden Blick. Dann ergriff Ingrid Ylva das Wort:
»Auf Euren Segen gebe ich nicht viel, wie Ihr wisst«, begann sie in einem Ton, der nach einer Mischung aus Hohn und Unsicherheit klang. »Aber wir setzen jetzt den Vertrag wie vereinbart auf. Dann reiten
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