Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
sähen deswegen auf einer Lanzenspitze möglicherweise weniger lustig aus.
Gegen solche leichtsinnigen Überlegungen hatte Siegfried strenge Einwände. Nicht der Bart der Templer sei der Grund, sondern die Tatsache, dass die Templer zu Recht die gefürchtetsten Feinde der Sarazenen seien.
Arn wechselte sofort das Thema, bestand aber darauf, dass sie ohne Eskorte ritten.
Sie brauchten etwa eine Stunde, um gemächlich zum Zeltlager des Stammes Banu Anaza nördlich von Gaza zu reiten. Als sie in Sichtweite kamen, warfen sich etwa zwanzig Mann in den Sattel und ritten im Galopp auf sie zu. Sie schrien und hatten Lanzen und Schwerter zum Angriff erhoben.
Siegfried wurde bleich, zog aber sein Schwert, da er gesehen hatte, dass Arn dasselbe getan hatte.
»Kannst du im Galopp reiten, zumindest ein kurzes Stück?«, fragte Arn mit einer belustigten Miene, die Siegfried in Anbetracht der Tatsache, dass sie sich einer Übermacht der Sarazenen gegenübersahen, unpassend vorkam. Er nickte verbissen.
»Folge mir, Bruder, aber greif um Gottes willen keinen von ihnen an!«, befahl Arn und gab seinem Pferd die Sporen, direkt auf das Beduinenlager zu, als würde er zum Gegenangriff übergehen. Nach kurzem Zögern ritt Siegfried hinter ihm her. Drohend schwang er wie Arn sein Schwert über dem Kopf.
Als sie die Beduinenkrieger trafen, schlossen sich diese ihnen zu beiden Seiten an, sodass es den Anschein hatte, als würden Templer und Verteidiger das Lager jetzt gemeinsam angreifen. Sie ritten zum größten Zelt, wo sie ein älterer Mann mit einem langen grauen Bart und schwarzer Kleidung erwartete. Arn kam direkt neben ihm zum Stehen, sprang vom Pferd und grüßte alle mit seinem Schwert. Er flüsterte Siegfried zu, es ihm gleichzutun. Die Beduinenreiter schritten um sie beide in einem großen Kreis herum und erwiderten den Gruß mit ihren Waffen.
Anschließend steckte Arn sein Schwert wieder in die Scheide, Siegfried machte es ihm nach, und die Beduinenreiter verschwanden im Lager.
Arn begrüßte den Alten und stellte seinen Bruder vor. Sie wurden dazu aufgefordert, ins Zelt zu treten, wo ihnen, noch ehe sie sich auf den farbigen Kissen und Teppichen niedergelassen hatten, kaltes Wasser gereicht wurde.
Siegfried verstand kein Wort der folgenden Unterhaltung zwischen Arn und dem alten Mann, den er für den Häuptling der Beduinen hielt. Er meinte jedoch zu sehen, dass die beiden großen Respekt voreinander hatten. Sie wiederholten ständig die Worte des anderen, als müsse jede Höflichkeitsfloskel genau abgewogen werden, ehe sie fortfahren konnten. Bald erregte sich der Alte jedoch und wurde wütend. Arn schien ihn fast demütig besänftigen
zu müssen, ehe er sich wieder beruhigte. Etwas später wurde der Alte nachdenklich, seufzte und raufte sich den Bart.
Plötzlich erhob sich Arn und begann, Abschied zu nehmen, was auf freundlichen, aber beharrlichen Widerspruch stieß. Siegfried erhob sich ebenfalls, um Arn zu unterstützen, und die freundlichen Proteste verstummten. Zum Abschied gaben sie dem Alten beide Hände und verbeugten sich, was Siegfried nur widerstrebend tat. Auf fremdem Territorium hielt er es jedoch für das Klügste, dasselbe zu tun wie sein Bruder Arn.
Beim Davonreiten wiederholte sich dieselbe Zeremonie wie bei ihrer Ankunft: Die Beduinenkrieger begleiteten sie ein Stück mit gezogenen Waffen, warfen sich dann aber plötzlich alle gemeinsam herum und kehrten im Galopp in ihr Zeltlager zurück.
Arn und Siegfried ritten daraufhin nur noch im Schritttempo, und Arn erzählte, worum es gegangen war.
Zum einen konnten sie nicht unangemeldet mit einer ganzen Schwadron in einem Beduinenlager erscheinen, weil das feige und feindselig wirkte. Wer dagegen ohne Eskorte in ein Lager ritt, war mutig und hatte ehrliche Absichten. Deswegen war man ihnen so kriegerisch, aber trotzdem freundschaftlich begegnet.
Diese Beduinen gehörten zwar zu Gaza, zumindest aus der Sicht der Christen und der Buchhalter des Templerordens, aber in der Welt der Beduinen war es undenkbar, als Sklave zu dienen. Es hieß sogar, dass die Beduinen starben, sobald man sie ihrer Freiheit beraubte. Sie als Sklaven von Gaza zu betrachten wäre also eine beinahe kindische Vorstellung. Sollte bei den Beduinen ein solcher Verdacht aufkommen, dann würden sie mit ihrem Lager einfach in der Wüste verschwinden. In der sarazenischen
Welt galten die Beduinen als Sinnbild des Unbezwingbaren und ewig Freien.
Es ging um die Sicherheit beider Seiten
Weitere Kostenlose Bücher