Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
besonders weil beide wussten, was sie vom anderen zu halten hatten. Arnoldo do Torroja wurde von seinen Gegnern am Hof von Jerusalem der Feigheit bezichtigt, da er mehrfach offen zugegeben hatte, dass er Verhandlungen und eine Einigung mit Saladin für besser hielt als ewigen Krieg.
Heraclius zählte sich zur mutigen und prinzipientreuen Seite, zu der auch Agnes de Courtenay, ihr Bruder Graf Joscelyn de Courtenay und in gewissem Maße auch der von der Krone verjagte Guy de Lusignan und seine ehrgeizige Frau Sibylla gehörten.
Wie misstrauisch Arnoldo do Torroja auch in Gesellschaft eines Giftmörders gewesen sein mochte, er wurde trotzdem vergiftet. Man begrub ihn in Rom.
Zu diesem Zeitpunkt ahnten nur drei Männer auf der Welt, was vorgefallen war. Der erste war der neue Papst Lucius III., der sicher von dienstbaren Händen die nötigen Unterlagen aus den päpstlichen Archiven erhalten hatte. Der zweite war der Meister von Jerusalem, Arn de Gothia, der in Ermangelung eines Großmeisters eine Zeit lang höchster Befehlshaber des Templerordens wurde, der dritte war Pater Louis.
Heraclius hatte jetzt nicht nur den Giftmord an einem Erzbischof auf dem Gewissen, sondern auch den Tod eines Großmeisters von Gottes heiliger Armee.
Aber sowohl schlechte als auch gute Nachrichten waren zu dieser Zeit lange unterwegs, besonders im Herbst, wenn die Schifffahrt auf ein Minimum reduziert wurde. Arn erhielt die Nachricht vom Mord an seinem Großmeister direkt von Pater Louis, nachdem dieser die furchtbare Neuigkeit von einem seiner Zisterzienser aus Rom erfahren hatte.
Beide waren am Boden zerstört. Arn meinte in seiner Verzweiflung erst noch lautstark, dass der Giftmörder endlich exkommuniziert werden müsse. Aber Pater Louis wies betrübt darauf hin, dass das mittlerweile eher noch schwieriger sei. Wenn Heraclius jetzt von Lucius III. für den ersten Giftmord exkommuniziert würde, der inzwischen als erwiesen galt, würde der frühere Papst Alexander III. als fehlbar dastehen. Es war daher nicht wahrscheinlich, dass der neue Papst diesen Weg beschreiten würde.
Wie viele Giftmorde dafür denn noch erforderlich seien, wollte Arn verzweifelt wissen, ohne jedoch eine Antwort zu erhalten.
Solle ein Mörder, ein Hurenbock, ein Betrüger und der Mann, der das Heilige Land ins Unglück stürze, mit jedem Verbrechen, das er begehe, umso größeren Schutz genießen?
Auch auf diese Frage erhielt er keine Antwort. In der folgenden Zeit beteten die beiden Männer viel zusammen, da sie ein bedrückendes Geheimnis teilten.
Es gab für sie beide allerdings genug Arbeit, um die Trauer zu vergessen. Pater Louis war es mit Arns Hilfe gelungen, Zutritt bei Hofe zu erlangen. Er trat dort immer sehr bescheiden auf, hatte seine Ohren jedoch überall.
Arn fiel als Ranghöchstem der Templer die doppelte Aufgabe zu, sich um die Belange Jerusalems und die Geschäfte des Ordens zu kümmern. Letztere bestanden zwar hauptsächlich darin, Dokumente zu unterzeichnen und zu siegeln, aber auch das war sehr zeitraubend und anstrengend.
Zu Beginn des folgenden Winters rief König Balduin IV. den gesamten Höchsten Rat von Outremer zusammen, um seinen Letzten Willen kundzutun. Das bedeutete, dass alle Burgherren aus dem Heiligen Land, der Grafschaft Tripolis und dem Fürstentum Antiochia sowie der einzige christliche Herrscher im Ostjordanland, Rainald de Châtillon, nach Jerusalem reisen mussten. Es dauerte eine Zeit, sie zu versammeln, und währenddessen kam sich Arn wie ein Herbergswirt vor. Der Templerorden verfügte über die meisten Gästezimmer und die größten Säle in Jerusalem. Deswegen endete beispielsweise jede Krönung mit einem Festmahl bei den Templern. Der königliche Palast wäre dafür zu klein gewesen.
Am Tag, bevor der König seinen Letzten Willen kundtun wollte, veranstaltete Arn, wie es Sitte war, ein großes
Festmahl im Rittersaal der Templer, der genauso hoch lag wie seine eigenen Gemächer. Zum Rittersaal führte eine breite Treppe direkt von der Westmauer hinauf, damit die Weltlichen die Ordensbrüder nicht störten. Wie klug diese Einrichtung war, wurde Arn klar, als er die lärmende und teilweise bereits volltrunkene Gästeschar auf der Treppe gewahrte.
Der Rittersaal war mit den Fahnen und in den Farben der Templer geschmückt. In der Mitte, über dem Platz des Königs, hingen die Fahnen, die am Mont Gisard erobert worden waren. Im Übrigen war die Einrichtung karg; die Wände waren weiß und die Tische
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