Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
des Moulins nickte schweigend. Weitere Fragen erübrigten sich.
Am folgenden Tag fanden sich die Gäste erneut im Rittersaal ein, um den Letzten Willen von König Balduin IV. zu hören.
Alle erhoben sich, als der König in einem Kasten in den Saal getragen wurde, der gerade groß genug für ein Kind war. Der König hatte inzwischen beide Beine und Arme verloren und war außerdem vollkommen blind.
Der Kasten wurde auf den viel zu großen Thron gestellt, den man in den Saal geschafft hatte, und die Krone davor hingelegt.
Der König begann mit schwacher Stimme zu sprechen. Vermutlich wollte er beweisen, dass er dazu noch in der Lage und außerdem im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war. Aber bald kam einer der Schreiber des Hofes herbei und las laut vor, was der König mitzuteilen hatte und was bereits niedergeschrieben und besiegelt war.
Thronfolger sollte auch fernerhin Schwester Sibyllas siebenjähriger Sohn Balduin sein. Zum Regenten über das Heilige Land wurde bis zur Mündigkeit des Kindes im Alter von zehn Jahren Graf Raimund von Tripolis bestimmt.
Es wurde gesondert verfügt, dass Guy de Lusignan unter keinen Umständen Regent oder Thronfolger werden durfte.
Graf Raimund erhielt als geringen Dank für die Dienste, die er dem Heiligen Land nun schon zum zweiten Mal als Regent erwies, die Stadt Beirut.
Der Knabe und Thronfolger Balduin sollte bis zur Mündigkeit vom Onkel des Königs, Joscelyn de Courtenay, erzogen und betreut werden.
Falls der Knabe und Thronfolger starb, ehe er das Alter von zehn Jahren erreicht hatte, sollten der Heilige Vater in Rom, der deutsch-römische Kaiser und die Könige von
Frankreich und England gemeinsam einen neuen Thronfolger bestimmen. Solange sollte Raimund von Tripolis weiter als Regent im Heiligen Land wirken.
Der König verlangte nun von allen, Männern wie Frauen, vorzutreten und vor Gott einen Eid darauf abzulegen, sich diesem Letzten Willen des Königs zu fügen.
Einige im Saal konnten diesen Eid leichten Herzens ablegen: Graf Raimund selbst, sein guter Freund Prinz Bohemund von Antiochia, Roger des Moulins, der den Eid im Namen aller Johanniter schwor, und Arn de Gothia, der stellvertretend für alle Templer sprach.
Der Patriarch Heraclius, die Königsmutter, Agnes de Courtenay, ihr Geliebter Amalrik de Lusignan und der Onkel des Königs, Joscelyn de Courtenay, taten sich mit dem Eid schwerer. Doch schließlich schworen alle vor Gott, den Letzten Willen König Balduins IV. zu befolgen. Zum letzten Mal wurde der Kasten mit dem König, in dem die Lebensflamme beinahe erloschen war, fortgetragen. Die meisten vermuteten, und das führte bei manchen Anwesenden zu Trauer und Tränen, dass sie ihren tapferen, kleinen König erst wieder bei seiner Beisetzung in der Grabeskirche sehen würden.
Während die Gäste unter zunehmendem Gemurmel den großen Saal der Templer verließen, kam Graf Raimund mit großen Schritten auf Arn zu und drückte ihm zum allgemeinen Erstaunen herzlich die Hände. Er bat um Gastfreundschaft für eine weitere Nacht für sich und die Seinen, aber auch für einige andere, die er noch verständigen wolle. Arn willigte sofort ein und meinte, Graf Raimunds Freunde seien auch seine.
So kam es, dass in der folgenden Nacht zwei ganz unterschiedliche Gruppen die veränderte Lage berieten. Im königlichen Palast war die Stimmung gedrückt. Agnes de
Courtenay war anfänglich so außer sich gewesen, dass man mit ihr nicht hatte sprechen können. Der Patriarch Heraclius stapfte durch die Säle und brüllte wie ein Stier - aus Wut und, wie er behauptete, aus göttlicher Verzweiflung.
Bedeutend besser war die Stimmung in den abgelegenen Räumen, die dem Meister von Jerusalem gehörten. Raimund hatte nicht irgendwelche Freunde eingeladen. Es handelte sich um den Großmeister der Johanniter, Roger des Moulins, Prinz Bohemund von Antiochia und die Brüder d’Ibelin. Ohne dass Graf Raimund darum hätte bitten müssen, sorgte Arn dafür, dass den jetzt durch Eid Verbündeten ausreichend Wein gebracht wurde.
Alle waren sich einig, dass das der Wendepunkt war. Eine außergewöhnliche Gelegenheit, das Heilige Land zu retten und Agnes de Courtenay, Heraclius, und ihren verbrecherischen Freund Rainald de Châtillon in die Schranken zu weisen. Letzterer saß zusammen mit Agnes de Courtenays Bruder, dem unfähigen militärischen Befehlshaber Joscelyn, zähneknirschend im königlichen Palast.
Graf Raimund zufolge konnte schon in Kürze eine große Menge
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