Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
direkt mit Cecilia Rosa unterhalten durfte. Alles sollte mit Oeconomus Jöns als Vermittler besprochen werden. Das führte zu ärgerlichen Schwierigkeiten, da Cecilia Rosa alles viel schneller begriff als der unwillige Jöns.
Laut Bruder Lucien, der die Buchführung auch nicht besser beherrschte als die anderen Mönche in Varnhem, war der Zustand der Geschäfte Gudhems schlechter als der eines Rattennestes. Das hatte nichts mit den Einnahmen an sich zu tun, sondern es herrschte ein Ungleichgewicht zwischen Einnahmen, Forderungen und bereits gelieferten
Gütern, die noch nicht zum Verkauf standen. Oeconomus Jöns wusste nicht, wie groß der Silberbestand war. Er pflegte ihn zu schätzen: Mehr als zehn Handvoll reichten erfahrungsgemäß eine Weile, ehe neues Silber eingenommen werden musste. Hatten sie jedoch nur noch fünf Handvoll, dann mussten sie zusehen, dass die Kasse wieder gefüllt wurde.
Es zeigte sich auch, dass gewisse Pachtzahlungen aus dem einfachen Grund nicht eingegangen waren, weil man vergessen hatte, sie einzufordern. Cecilia Rosa war in allem ebenso gelehrig wie Oeconomus Jöns stur und beschränkt. Dieser fand, dass das, was bisher getaugt habe, auch in Zukunft taugen könne. Geld ließ sich nicht mit Zahlen und Büchern herbeizaubern, sondern musste im Schweiß des Angesichts verdient werden.
Darüber konnte Bruder Lucien nur den Kopf schütteln. Er sagte, dass sich mit einer ordentlichen Buchführung die Einkünfte Gudhems verdoppeln ließen. Es sei eine Sünde, Gottes Reich auf Erden so schlecht zu verwalten, wie das in Gudhem der Fall sei. Das leuchtete Mutter Rikissa ein, obwohl sie nicht wusste, was sie dagegen unternehmen sollte.
In diesem Frühjahr waren Bruder Lucien und Schwester Leonore so oft zusammen gewesen, dass Schwester Leonore die Folgen bald nicht mehr verbergen konnte. Sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis man ihrem Verbrechen auf die Spur kommen würde. Daher weinte sie, ängstigte sich und war auch durch Bruder Luciens Besuche kaum zu trösten.
Cecilia Rosa und Ulvhilde hatten Schwester Leonores Zustand ebenfalls nicht übersehen können. Sie betrachteten die Nonne schließlich mit anderen Augen, da sie ihr Geheimnis kannten oder sogar an ihrer Sünde teilhatten.
Der zügige Verkauf all dessen, was sie im Winter genäht hatten, führte dazu, dass die drei im Vestiarium mehr Zeit für sich hatten. Cecilia Rosa versuchte, wie ein Mann zu denken und nicht zu jammern. Zumindest versuchte sie so zu räsonieren, wie ihre Freundin Cecilia Blanka das ihrer Meinung nach getan hätte.
Weinen hatte keinen Sinn, denn das führte zu nichts. Wenn sie jetzt nichts unternahmen, würden sie später noch mehr Grund haben, Tränen zu vergießen.
Dass Schwester Leonore schwanger war, würden bald alle wissen. Sie würde exkommuniziert und vor die Tür gesetzt werden. Da auch ein Mann an der Sünde beteiligt sein musste, würde Bruder Lucien ebenfalls nicht ungeschoren davonkommen. Da war es schon besser, wenn die beiden flüchteten, ehe sie vertrieben und exkommuniziert würden. Die Frage war nur, wie das geschehen sollte. Eines war klar: Eine entsprungene Nonne würde bald eingefangen werden und zwar erst recht, wenn sie mit einem Mönch zusammen unterwegs war, meinte Cecilia Rosa.
Sie beleuchteten das Problem von allen Seiten. Dann sprach Schwester Leonore mit Bruder Lucien über die Sache. Dieser erzählte von Städten im Südlichen Frankenreich, wo Leuten wie ihnen Asyl gewährt wurde, die Gott in allem ergeben waren außer in der Frage der weltlichen Liebe. Aber ohne Geld und in Ordenstracht ins Südliche Frankenreich zu wandern würde nicht leicht werden.
Die Kleider waren noch das kleinste Problem, denn weltliche Kleidung konnten die drei im Vestiarium selbst herstellen. Mit dem Silber für die Reise sah es schon ganz anders aus. Cecilia Rosa erwähnte, dass in den Kassen von Gudhem eine solche Unordnung herrschte, dass das Fehlen
von einigen Handvoll Silber nicht weiter auffallen würde.
Aber ein Kloster zu bestehlen war eine Sünde, die noch schwerer wog als die, der sich Schwester Leonore schuldig gemacht hatte. Doch diese bat verzweifelt, dass niemand für sie zum Dieb werden solle. Lieber würde sie sich ohne eine einzige Münze in der Tasche auf den Weg machen. Ein solcher Diebstahl sei eine echte Sünde - im Unterschied zu ihrer Liebe und der Frucht, die diese Liebe getragen habe. Wenn sie erst einmal im Südlichen Frankenreich seien, dann wäre diese
Weitere Kostenlose Bücher