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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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konnte.
    Er tat es unter dem Essen und dachte nicht einmal daran, daß dieselben Leute, die ihm zuhörten, noch vor wenigen Jahren – als seine und Pajeús Banden sich gegenseitig vernichteten – alles darum gegeben hätten, ihn so, ihnen ausgeliefert, vor sich zu haben, um ihn den schlimmsten Foltern unterwerfen und danach töten zu können. Zum Glück lagen diese wilden Jahre hinter ihm.
    Unbewegt hörte sich Pajeú die Sache mit dem neuen Heer an, das Pater Joaquim angekündigt hatte. Er stellte keine Frage. Wußte Pajeú, wie viele Mann stark ein Regiment war? Nein, er wußte es nicht und die anderen ebensowenig. Da sprach João Abade die Bitte aus, derentwegen er gekommen war: Pajeú solle nach Süden ziehen, um die Truppe auszuspionieren und sie in kleine Geplänkel zu verwickeln. Seine Bande hatte jahrelang in dieser Gegend operiert und kannte sie besser als sonst jemand. War er nicht der geeignete Mann, die Marschroute der Truppen zu überwachen, Spurensucher und Lastträger in sie einzuschleusen und sie in Hinterhalte zu locken, damit Belo Monte Zeit hatte, sich vorzubereiten?
    Pajeú nickte, noch immer, ohne den Mund aufzumachen. Beim Anblick seiner gelbgrauen Haut, der langen Narbe quer überm Gesicht und der gedrungenen Gestalt fragte sich João Abade, wie alt er sein mochte, ob er nicht ein alter Mann war, dem man die Jahre nicht ansah.
    »Es ist gut«, hörte er ihn sagen. »Ich schicke dir jeden Tag Botschaften. Wie viele von denen kann ich mitnehmen?«
    »So viele du willst«, sagte João Abade. »Es sind deine Männer.«
    »Waren es«, knurrte Pajeú und blickte aus seinen tiefliegenden, listigen Augen, in denen ein warmes Licht glänzte, auf die um ihn stehenden Männer. »Jetzt gehören sie dem guten Jesus.«
    »Ihm gehören wir alle«, sagte João Abade. Und, plötzlich drängend: »Antônio Vilanova soll dir Munition und Sprengkugeln geben, ehe du gehst. Wir haben jetzt Lunten. Kann Taramela hierbleiben?«
    Der Angesprochene trat einen Schritt vor: ein winziges Männlein mit leicht geschlitzten Augen, Narben, Falten, breiten Schultern, das früher Pajeús Stellvertreter gewesen war.
    »Ich will mit dir nach Monte Santo«, sagte er mit beißender Stimme. »Ich habe immer auf dich aufgepaßt. Ich bin dein guter Stern.«
    »Paß du jetzt auf Canudos auf, das ist mehr wert als ich«, antwortete Pajeú schroff.
    »Ja, sei unser guter Stern«, sagte João Abade. »Ich schicke dir noch mehr Leute, damit du dich nicht einsam fühlst. Gelobt sei der gute Jesus.«
    »In Ewigkeit Amen«, antworteten die Männer.
    João Abade hatte ihnen den Rücken gekehrt und lief, um abzukürzen, querfeldein dem Ausläufer des Cambaio zu, wo João Grande sein mußte. Im Laufen dachte er an seine Frau. Er hatte sie nicht gesehen, seit beschlossen worden war, an allen Straßen Schlupflöcher und Schützengräben auszuheben, was zur Folge hatte, daß er Tag und Nacht hin und her lief in einem Umkreis, dessen Zentrum zugleich der Mittelpunkt der Welt war: Canudos. João Abade hatte Catarina kennengelernt, als er noch zu der kleinen, wie ein Fluß an- und abschwellenden Schar von Männern und Frauen gehörte, die mit dem Ratgeber in die Dörfer zogen und sich am Abend nach anstrengenden Tagemärschen um ihn niederließen, um mit ihm zu beten und seinen Rat zu hören. Unter ihnen war ein Geschöpf gewesen, so dünn, daß es wie ein Geist aussah, in ein weites weißes Kleid wie in ein Schweißtuch gehüllt. Viele Male, während der Gebete und in den Ruhepausen begegnete der ehemalige Cangaceiro den starr auf ihn gerichteten Augen dieser Frau. Sie waren ihm unbehaglich, manchmal erschreckten sie ihn. Es waren von Schmerz verwüstete Augen und sie schienen ihm Strafen anzudrohen, die nicht von dieser Welt waren. Eines Nachts, als die Pilger schon um das Feuer schliefen, kroch João Abade hin zu dieser Frau, deren Augen er im Schein der Flammen auf sich gerichtet sah. »Ich will wissen, warum Sie mich immer ansehen«, flüsterte er. Sie mußte sich überwinden, als ob Schwäche oder Abscheu sie am Sprechen hinderten. »Ichwar in Custodia in jener Nacht, als Sie kamen, um sich zu rächen«, sagte sie fast unhörbar. »Der erste Mann, den Sie getötet haben, der, der den Schrei ausstieß, war mein Vater. Ich habe gesehen, wie Sie ihm das Messer in den Leib stießen.« João Abade schwieg. Er hörte das Feuer knistern, das Surren der Insekten, den Atem der Frau, er versuchte, sich diese Augen an jenem langvergangenen Morgen ins

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