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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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jeder Rast ihre Verpflegung bekommen, die gleiche wie die Offiziere. Doch bestimmt werden sie heute keinen Bissen anrühren.
    Sie sind todmüde, die fünf, erschöpft vom Marschtempo der Kolonne. Das Gesäß tut ihnen weh, die Beine sind steif, die Haut brennt von der Sonne über dieser Sandwüste voller Kakteen und Favela-branca-Bäumen zwischen Queimadas und Monte Santo. Sie fragen sich, wie die Fußsoldaten das aushalten, die Mehrheit des Regiments. Aber viele halten es nicht aus: sie haben gesehen, wie sie umfallen wie Säcke und zu den Sanitätswagen abgeschleppt werden. Inzwischen wissen sie auch, daß diese Erschöpften scharf getadelt werden, sobald sie wieder zu sich kommen. Das ist der Krieg, denkt der kurzsichtige Journalist. Denn vor dieser Exekution haben sie nichts gesehen, was nach Krieg aussah. Deshalb verstehen sie nicht,weshalb der Chef des Siebten Regiments seine Männer so unerbittlich vorantreibt. Rennen sie hinter einer Fata Morgana her? Und all diese Gerüchte über die Gewalttaten der Jagunços im Landesinnern? Wo sind sie? Sie sind nur auf halbleere Dörfer gestoßen, auf eine armselige Menschheit, die sie gleichgültig vorbeiziehen sieht und Fragen immer nur ausweichend beantwortet. Die Kolonne wurde nicht angegriffen, Schüsse waren nicht zu hören gewesen. Stimmt es, daß die verschwundenen Kühe vom Feind gestohlen worden sind, wie Moreira César behauptet? Sympathischer wird er ihnen nicht, dieser kleine, intensive Mann, aber seine Bestimmtheit und daß er kaum ißt und schläft und die Energie, die ihn keinen Augenblick verläßt, beeindrucken sie. Nachts, wenn sie sich zu einem schlechten Schlaf in ihre Decken wickeln, sehen sie ihn noch die Reihen der Soldaten abschreiten, die Uniform bis oben zugeknöpft und ohne die Ärmel aufzukrempeln, ein paar Worte mit den Posten wechseln oder mit seinem Generalstab diskutieren. Und wenn frühmorgens die Trompeten blasen und sie schlaftrunken die Augen aufschlagen, ist er schon auf, gewaschen und rasiert, und stellt den Boten der Vorhut Fragen oder überprüft die Artilleriegeschütze, als hätte er sich überhaupt nicht hingelegt. Bis zu der Exekution vorhin war er der Krieg für sie. Er war der einzige, der ständig vom Krieg sprach, und mit solcher Überzeugung, daß er schließlich auch sie überzeugte und sie ihrerseits den Krieg von allen Seiten auf sich einstürmen sahen. Er hat ihnen eingeredet, daß viele von diesen unerschrockenen, hungrigen, den zwei Exekutierten zum Verwechseln ähnlichen Leuten, die aus ihren Häusern kommen, um sie vorbeiziehen zu sehen, Komplizen des Feindes sind, daß sich hinter diesen erloschenen Blicken rechnende, messende, kalkulierende, registrierende Intelligenzen verbergen und daß diese Informationen immer ihnen voraus nach Canudos gehen. Der kurzsichtige Journalist denkt an den alten Mann, der den Ratgeber hochleben ließ, ehe er starb, und denkt: Vielleicht stimmt es. Vielleicht sind sie alle der Feind.
    Im Unterschied zu anderen Ruhepausen hält diesmal keiner der Journalisten sein Nickerchen. Solidarisch in ihrer Betroffenheit, ihrer Beklemmung, sitzen sie vor dem Verpflegungszelt zusammen, rauchend, nachdenkend, und der Journalist des Jornal de Notícias kann die Augen nicht abwenden von den Leichen, die ausgestreckt vor dem Stamm liegen, an dem der Anschlag flattert, dem sie zuwidergehandelt haben. Eine Stunde später reiten sie wieder an der Spitze der Kolonne, unmittelbar hinter den Standarten und Oberst Moreira César, auf diesen Krieg zu, der jetzt für sie begonnen hat.
    Noch vor Monte Santo, an der Wegkreuzung, an der ein verwischter Wegweiser die Abzweigung nach Fazenda Calumbí anzeigt, erwartet sie eine weitere Überraschung. Sechs Stunden nach dem letzten Aufbruch ist die Kolonne hier angekommen. Von den fünf Korrespondenten wird nur die Vogelscheuche vom Jornal de Notícias aus nächster Nähe Zeuge des Vorfalls sein. Eine merkwürdige Beziehung hat sich zwischen ihm und dem Chef des Siebten Regiments herausgebildet, die als Freundschaft oder Sympathie zu bezeichnen falsch wäre. Eher handelt es sich um eine aus gegenseitiger Abstoßung und Anziehung der Gegensätze entstandene Neugier. Doch Tatsache ist: dieser Mann, der wie eine Karikatur seiner selbst aussieht – nicht nur wenn er das unmögliche Schreibbrett auf seine Knie oder sein Reittier legt, um darauf zu schreiben, und die Feder in dieses tragbare Tintenfaß taucht, das aussieht wie eines dieser Gefäße, in denen die

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