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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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und zwar schnell. Mit dem Patriotismus spielt man nicht.«
    »Epaminondas hat mit ihm gespielt, und sogar gut«, mümmelte Murau.
    »Stimmt«, gab der Baron zu. »Ich, du, Adalberto, Viana, alle haben wir geglaubt, man brauchte ihn nicht ernst zu nehmen. In Wirklichkeit hat Epaminondas bewiesen, daß er ein gefährlicher Gegner ist.«
    »Die ganze Intrige gegen uns ist billig, grotesk, absolut vulgär«, sagte Gumucio.
    »Aber bis jetzt hat sie gute Ergebnisse gebracht.« Der Baron warf einen Blick nach draußen: ja, die Pferde standen bereit. Er ließ seine Freunde wissen, er werde unverzüglich aufbrechen, da er sein Ziel, den dickköpfigsten Fazendeiro des ganzen Bundesstaates Bahia zu überzeugen, erreicht habe. Er werde nachsehen, ob Estela und Sebastiana reisefertig wären. Da erinnerte ihn José Bernardo Murau, daß ein Mann aus Queimadas seit zwei Stunden auf ihn warte. Der Baron hatte ihn völlig vergessen. »Richtig, richtig«, murmelte er. Und befahl, ihn hereinzubringen.Einen Augenblick später stand Rufino in der Tür. Sie sahen ihn den Strohhut abnehmen, sich vor dem Hausherrn und Gumucio verbeugen, auf den Baron zugehen und sich über seine Hand bücken, um sie zu küssen.
    »Es freut mich, dich zu sehen, Patensohn«, sagte dieser und klopfte ihm liebevoll auf die Schulter. »Wie schön, daß du uns besuchen kommst. Wie geht es Jurema? Warum hast du sie nicht mitgebracht? Estela hätte sich gefreut, sie zu sehen.«
    Er bemerkte, daß der Spurenleser den Kopf gesenkt hielt und seinen Hut zerdrückte, und plötzlich sah er ihm an, daß er tief beschämt war. Das brachte ihn auf den Grund für den Besuch seines ehemaligen Landarbeiters.
    »Ist deiner Frau etwas passiert?« fragte er. »Ist Jurema krank?«
    »Löse mich von meinem Versprechen, ich bitte dich, Pate«, sagte Rufino in einem Atemzug. Gumucio und Murau, die zuerst nicht hingehört hatten, interessierten sich nun für das Gespräch. In der plötzlich rätselhaft und dicht gewordenen Stille brauchte der Baron eine Weile, bis er begriff, worum ihn sein Arbeiter vermutlich bat.
    »Jurema«, sagte er, blinzelte, trat zurück, kramte in seinem Gedächtnis. »Hat sie dir etwas angetan? Sie hat dich doch nicht verlassen, Rufino? Willst du sagen, daß sie es getan hat, daß sie mit einem anderen fort ist?«
    Der strähnige, schmutzige Haarschopf vor ihm nickte fast unmerklich. Nun begriff der Baron, warum Rufino die Augen vor ihm verbarg und welche Anstrengung ihn das Sprechen kosten mußte und wie er litt. Er tat ihm leid.
    »Wozu, Rufino«, sagte er mit einer Geste des Bedauerns. »Was hast du davon? Statt einmal, machst du dich doppelt unglücklich. Wenn sie fortgegangen ist, ist sie in gewisser Weise gestorben, sie hat sich selbst getötet. Vergiß Jurema. Vergiß eine Zeitlang auch Queimadas. Du wirst eine andere Frau finden, die dir treu ist. Komm zu uns nach Calumbí.«
    Gumucio und José Bernardo Murau warteten neugierig auf die Antwort Rufinos. Der eine hatte sich ein Glas Obstsaft eingegossen und hielt es an die Lippen, ohne zu trinken.
    »Löse mich von meinem Versprechen, ich bitte dich, Pate«, sagte der Spurenleser endlich, ohne aufzuschauen.Ein verständnisinniges, zustimmendes Lächeln erschien auf dem Gesicht Adalberto de Gumucios, der das Gespräch zwischen dem Baron und seinem ehemaligen Arbeiter aufmerksam verfolgte. José Bernardo Murau hingegen gähnte. Der Baron sagte sich, daß alle Vernunftgründe nichts ausrichten würden, daß er sich dem Unvermeidlichen fügen und ja oder nein sagen mußte, statt sich der Illusion hinzugeben, er könnte Rufino umstimmen. Dennoch versuchte er, Zeit zu gewinnen. »Wer hat sie dir genommen?« murmelte er. »Mit wem ist sie fort?« Rufino wartete eine Sekunde, ehe er sprach.
    »Ein Ausländer, der nach Queimadas kam«, sagte er. Wieder legte er eine Pause ein und fügte dann mit berechneter Langsamkeit hinzu: »Man hat ihn zu mir geschickt. Er wollte nach Canudos und den Jagunços Waffen bringen.«
    Das Glas fiel Adalberto de Gumucio aus der Hand und zersprang zu seinen Füßen, aber weder das Geräusch noch die Spritzer, noch der Scherbenregen lenkte die drei Männer ab, die den Spurenleser mit weit aufgerissenen Augen verblüfft ansahen. Dieser stand bewegungslos, mit hängendem Kopf, schweigend, man hätte meinen können, er habe keine Ahnung, welche Wirkung er hervorrief. Der Baron erholte sich als erster.
    »Ein Ausländer wollte Waffen nach Canudos bringen?« Seine Stimme klang verzerrt

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